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Die Felsritzungen von Tanum

Eine der herausragenden Kulturstätten in Schweden sind die Felsritzungen von Tanum. In längst vergangenen Tagen konnten die Menschen noch nicht schreiben, verfügten über kein Papier und schon gar nicht über Kugelschreiber und «Fülli». Also wurden wichtige Dinge in den Felsen geritzt. Entsprechende Funde ermöglichen einiges über die Geschichte der Bronzezeit zu erfahren.

Südostschweiz
13.06.16 - 16:43 Uhr
Ereignisse

Um eines klar zu stellen: Ich bin weder Historiker noch Geschichtsprofessor und mich interessiert auch nicht, wann welcher Prinz welche Prinzessin geheiratet hat. Wenn schon, will ich wissen weshalb die schöne Maid ausgerechnet den fürchterlichen Prinz zum Mann nehmen musste. Also eher Schweizer Illustrierte statt Dissertationen. Die Historik überlasse ich gerne meinem schreibenden Kollegen Christian Ruch.

Immerhin, von den Felsritzungen in Tanum weiss ich, dass sie etwa 3000 Jahre alt sind und zur Bronzezeit gehören. In der Gegend von Tanum findet man über 10'000 Gravuren mit unterschiedlichen Motiven. Die Ritzungen geben Aufschluss über das religiöse und soziale Leben in dieser Zeit.

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Eine Vielzahl von Zeichnungen finden sich bei Vitlycke. Bild Andrea Ullius

1994 wurden sechs der vielen Fundstellen in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen. Alle diese Fundorte bestehen aus mindestens einer grossen Felsplatte und haben einen unverwechselbaren Charakter. Die Orte des Weltkulturerbes heissen: Vitlycke, Aspeberget, Litsleby, Fossum, Gerum und Kalleby.

Zentrum dieser ganzen Kulturschätze ist das Vitlycke Museum unweit von Tanumshede. Hier kann man sich über den geschichtlichen Hintergrund usw. informieren. Auch einen Einblick in das Leben der Wikinger bekommt man hier. Toll auch der Shop mit vielen ausserordentlichen Gegenständen, die man hier kaufen kann.

Am besten rüstet man sich mit einer Übersichtskarte aus und macht sich auf den Weg zu den einzelnen Fundstellen. Auf der ca. sechs Kilometer langen «Wanderung» kommt man an Felsritzungen, aber auch Grabstätten vorbei. Auf informativen Tafeln (auch in Deutsch) werden die Eigenheiten der Bilder und Funde erklärt.

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Grossartige Darstellungen von Symbolen und Gegenständen. Bild Andrea Ullius

Das grösste Bild ist bei Vitlykce zu finden. Es gehört auch auch zu den berühmtesten. Die Felsritzungen handeln von Liebe, Macht und Magie. Der ganze Felsen hier ist mit eigenartigen Figuren bedeckt. Unter anderem ist das bekannte „Brautpaar" abgebildet. Auch andere Szenen deuten auf den Zusammenhang von Felsritzungen und Fruchtbarkeitskult hin.

In einer Gemeinschaft ohne Schriftsprache ist das Bild natürlich von grosser Bedeutung. Die Zeichen können verschiedene Bedeutungen haben. Es scheint aber, dass es klare Regeln gab, was abgebildet werden durfte. Bestimmte Motive tauchen immer wieder auf: Schiff, Schalengruben, Tiere, Wagen, Pflüge, runde Scheiben und Scheibenkreuze. Interessant ist aber auch, dass z.B. Häuser, Arbeit, Kinder oder andere Alltagssituationen nie abgebildet wurden. Auch Frauen tauchen höchst selten auf.

Die Bezeichnung «Ritzungen» ist eigentlich Falsch. Die Figuren würden in den Fels mit einem Stein geklopft. Dieser war meist aus Quarzit oder Diabas.

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Werkzeug vor 3000 Jahren und heute. Was hätten die auch mit einem Zapfenzieher gemacht? Bild Andrea Ullius

Die Kameraden früher hatten nicht so tolle Werkzeuge zu Hand, wie ich. Kein Messer, keine Säge, kein Schraubenzieher. Wobei, was sollten sie mit einem Schraubenzieher ohne Schrauben. Aber so eine Pinzette wäre sicher praktisch gewesen. Sie haben ja viel mit Holz gearbeitet und sich bestimmt oft Spiessen eingefangen. Doch Schluss mit Scherzen.

Unsere Vorfahren hatten auch ohne Schrift und Zahlen ihren Möglichkeiten Dinge genau darzustellen. So kann man bei den «Schiffs-Ritzungen» anhand der «Besatzungesstriche» die jeweilige grösse des Schiffs erahnen. Sehr clever.

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Viele Darstellungen von Schiffen sind zu sehen. Die Striche sind Symbole für die Anzahl Menschen auf dem Schiff. Bild Andrea Ullius

Und damit kein Missverständnis aufkommt, die Felsritzungen waren nicht mit roter Farbe ausgemalt. Das wurde durch die Archäologen gemacht, damit die Symbole und Figuren für die Besucher besser ersichtlich sind. Einzelne Zeichnungen findet man aber auch ohne Farbe.

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Original sind die Ritzungen nicht eingefärbt. Bild Andrea Ullius

Alles in allem ist ein Besuch in Tanum sehr zu empfehlen. Nebst den Felsritzungen kann man auch noch einen nachgebauten «Bronzezeit-Hof» besichtigen mit alten Gebäuden und der entsprechenden «Einrichtung».

Auf meinem Weg weiter Richtung Karlstad habe ich noch einen Abstecher nach Högsbyn gemacht. Hier sind am See Råvarp im Naturreservat Tisselskogen weitere Zeichnungen zu finden. Diese sind über eine grössere Fläche verstreut und unterscheiden sich zum Teil deutlich von den Ritzungen in Tanum. Hier findet man auffallend viele "Füsse". Mutmasslich haben diese religiösen Hintergrund, sicher ist man sich hier jedoch nicht.

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In Högsbyn sind besonders viele Füsse abgebildet. Bild Andrea Ullius

Mehr Informationen bekommt ihr auf der Seite www.vitlyckemuseum.se.

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