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Vill du fika?

Bevor jemand jetzt auf dumme Gedanken kommt, es geht in diesem Artikel um Kaffee und Köstlichkeiten. Fika ist in Schweden ein Heiligtum. Fika steht grob gesagt für Kaffeetrinken, und das machen die Schweden gerne, mehrmals am Tag. Kein Wunder ist Schweden die Nummer zwei weltweit, wenn es um den Kaffeeverbrauch pro Kopf geht. Das Mekka von Fika ist Alingsås, und diesen Ort habe ich gestern besucht.

Südostschweiz
08.06.16 - 11:41 Uhr
Ereignisse

Von Andrea Ullius

Alingsås hat sich in den vergangenen Jahren zu einem richtigen Zentrum für Fika, oder eben Kaffeetrinken gemausert. Die 40'000 Einwohner umfassende Gemeinde ist stolz auf ihre 30 Kaffees. Drei davon gehören zu den Top-Adressen in Schweden und sind in der Gastrobibel White Guide gelistet. Vor einer Woche wurde in Stockholm das Nygrens Café als «Fika Spot of the Year» ausgezeichnet.

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Ein lauschiges Plätzchen, dieses Nygrens Café. Bild Nygrens Café.

Wärs mit einer Fikavandring?

Der Kult um Fika geht in Alingså soweit, dass die Toursmusorganisation eine «Fikavandring», also eine Kaffetrink-Tour ins Leben gerufen hat. Da pilgert man nun unter kundiger Führung von Kaffee zu Kaffee, degustiert von Allem und erfährt Spannendes zum Thema Fika.

Sandra Grönkvist vom Nygrens Café ist das Aushängeschild der ganzen Fika-Bewegung in Alingsås. Seit fünf Jahren betreibt Sie zusammen mit ihrem Vater und einer Kollegin das Lokal an der Drottninggatan 27, das an Charme kaum zu überbieten ist. Ich habe mich jedenfalls sofort in dieses Schmucke Ding verliebt. Das Team vom Nygrens Café macht alles selber, inklusive das Brot und verwendet nur hochwertige und frische Zutaten.

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Meine erste Stärkung am Tag: Cappuchino und Fralla. Foto: Andrea Ullius

Bei einem Kaffee und einem Fralla (Frühstückssandwich) erzählt mir Sandra Grönkvist mehr über die Tradition von Fika. Fika hat in Schweden einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Es ist eine soziale Insitution und schon über 100 Jahre alt. Sowohl am Arbeitsplatz als auch privat wird ein- oder mehrmals täglich Fika gemacht. Man verabredet sich mit Arbeitskollegen oder Freunden auf eine Schwatz. Bei uns macht man ja auch Pause und trinkt einen Kaffee, aber das Ritual ist nicht vergleichbar.

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Gemeinsam macht eine Fika einfach Spass. Bild Helena Wahlman

52 Minuten Kaffeepause

Leicht gestaunt habe ich, dass gemäss Sandra die «richtige» Fika um 11 Uhr statt findet. Ob das nicht etwas gar nah an der Mittagspause ist, wollte ich von ihr wissen. «Nein, das geht schon. Wir essen ja nur etwas Kleines. Abgesehen davon essen wir Schweden sehr gerne», sagt die charmante Schwedin und muss lachen. Am Nachmittag zwischen drei und vier ist dann die Nachmittags-Fika fällig.

Mit den Zeiten muss man es aber nicht so eng sehen. Wenn man Lust auf Fika hat, dann macht man Fika. Im Durchschnitt machen die Schweden 52 Minuten Fika pro Tag. Ein stattlicher Wert. Und selbst wenn sich die Arbeit auf dem Schreibtisch türmt, Fika wird nicht angetastet. In der Firma werden nämlich dann nicht nur private, sondern auch geschäftliche Sachen besprochen. Informativ oder konspirativ, je nach Sachlage.

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Einen Schwatz, Kaffee und etwas Süsses. So geht Fika. Bild Nygrens Café

Nicht in allen Regionen Schwedens geht man für Fika ins Kaffee. Teilweise kauft man auch in der Bäckerei die Naschsachen und nimmt sie mit nach hause. Dort wird das Geplauder mit der Familie oder den Nachbarn abgehalten.

Speziell ist die Sonntags-Fika. Da wird tüchtig gebacken. «Meine Mutter macht es noch richtig traditionell. Sie backt sieben verschiedene Sorten Kuchen und wir essen sie», sagt Sandra Grönkvist.

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Sieben Sorten Kuchen gehören traditionell zur Sonntags-Fika. Bild Susanne Walström/imagebank.sweden.se

Feiertage für Süssigkeiten

Im Unterschied zu uns, wir trinken oft einfach einen Kaffee, maximal ein Gipfeli, essen die Schweden immer eine Kleinigkeit wenn sie Fika machen. Sie nennen das dann «Fikabröd», wobei das nicht Brot sein muss sondern alle Arten von Gebäck, Kuchen, Süsswaren und Torten. Die Schweden haben in Bezug auf Süssigkeiten sowieso einen «Flick» ab. Es gibt sogar Feiertage für ihre Leckereien:

  • «Fettis Dagen». Der ist immer am Tag vor Aschermittwoch und es gibt traditionell Semlor.
  • «Wafflor Dagen» Das ist der Waffeltag am 25. März. Waffeleisen und der dazugehörige Teig und sämtliche andere leckere Zutaten werden sogar mit ins Büro geschleppt.
  • «Kanelbullens Dag» Am 4. Oktober ist der Tag der Zimtschnecken. Da gibt es dann kein Halten mehr.

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Semlor sind deftig aber lecker. Bild Lola Akinmade/imagebank.sweden.se

Und wer jetzt glaubt, dass alle Schweden verkappte Bäcker und Konditoren sind, der wird enttäuscht. Heutzutags, werden die Süssigkeiten im Laden oder im Kaffee gekauft und nur noch die ganz Angefressenen backen selber. Das ist dann wieder wie bei uns. So und jetzt mache ich Fika. Hej då! (so)

Über was soll Andrea morgen schreiben? Stimmt ab!

 

Kleine Fussnote

In den nächsten vier Wochen berichte ich für Euch aus Schweden, meiner zweiten Heimat. Dabei stehen natürlich meine Erlebnisse im Vordergrund. Ich möchte Euch aber auch Einiges über das Leben und die Gepflogenheiten in Schweden vermitteln. Ich freue mich, wenn ich Euch unterhalten und informieren kann. Wenn Ihr Fragen zu Schweden habt, dann versuche ich diese im Rahmen dieses Blogs zu beantworten. Schreibt also munter drauflos.

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