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Anfangs sind sich alle einig – doch dann spaltet der Tunnel

In Rapperswil‑Jona naht die Tunnelabstimmung vom 10. September. Bei einem Podium zeigte sich, dass bei der Debatte nicht nur der eigentliche Tunnel von Interesse ist.

Fabio
Wyss
15.08.23 - 14:50 Uhr
Mobilität
Angeregt: Im Joner «Kreuz» lauschen Fürsprecher und Gegner des Stadttunnels den Fragen des Moderators Martin Diener (links).
Angeregt: Im Joner «Kreuz» lauschen Fürsprecher und Gegner des Stadttunnels den Fragen des Moderators Martin Diener (links).
Bild Markus Timo Rüegg

Alle sind einer Meinung. Wer hätte das gedacht? Zumindest am Anfang war dies am Montagabend der Fall. Radio-Zürisee-Moderator Martin Diener fragte die rund 50 Anwesenden im Joner «Kreuz»: «Wer von euch hat sich in den letzten Jahren nie über den Verkehr in Rapperswil‑Jona geärgert? Erhebt die Hand!» Natürlich blieben alle Hände unten.

Der Auftakt in die Debatte zum Stadttunnel war lanciert. Es sei klar, es brauche eine Lösung, schlussfolgerte Diener. «Die Frage ist, welche.» Wieso die Tunnellösung nach dem Nein dazu 2011 jetzt überhaupt nochmals auftauchte, erklärte vorgängig Stadtrat Christian Leutenegger – vom Moderator «Chef de Tunnel» genannt.

Es gebe drei Szenarien: eines mit Tunnel und Begleitmassnahmen, um den hausgemachten Verkehr zu reduzieren; eines ohne Tunnel und dafür mit stärkeren anderen Massnahmen; oder keines der beiden Szenarien fände Mehrheiten, und der Stau bleibe wie bis anhin. «Ohne zu wissen, ob wir mit oder ohne Tunnel weiterfahren, wird die weitere Planung schwierig», so Bauchef Leutenegger.

Die Ferien sind vorbei, die Strassen wieder voll. Ein idealer Zeitpunkt, um über den Stadttunnel zu debattieren, über welchen Rapperswil-Jonas Stimmbevölkerung am 10. September abstimmen wird. Das dachte sich zumindest das Gewerbe Rapperswil-Jona, welches am Montagabend zusammen mit dem Arbeitgeberverband See und Gaster ein Podiumsgespräch organisierte. Und die Organisatoren behielten recht. Die rund 50 Besucherinnen und Besucher waren zwar verglichen mit den mehreren Hundert Gästen Ende April beim ersten Podium der Stadt wenig. Da aber nur in Gewerbekreisen Werbung gemacht worden war, liess sich der Aufmarsch eben doch sehen. (wyf)

Tunnel gerät in Hintergrund

Der Tunnel war aber gar nicht das einzige grosse Thema der Debatte. Ebenso sehr drehte sich diese um mögliche Lösungen des Verkehrsproblems bei einem allfälligen Nein. Massgeblichen Anteil daran hatte Marianne Fassbind, Co-Präsidentin des Komitees Stadttunnel-Ja: «Ich will jetzt wissen, welche konkreten Massnahmen ihr wollt», forderte ​​​​​​sie von der Gegnerseite. Als würde sie selbst das Podium moderieren, lenkte die ehemalige SRF-Moderatorin das Gespräch zum wiederholten Male.

Tunnelgegnerin Susann Helbling, SP-Kantonsrätin, die zuvor schon einen Grosskreisel oder eine Umfahrung via Güterstrasse thematisiert hatte, brachte auch noch Anreize für den ÖV ins Spiel. «Wieso nicht ein ÖV-Kombiticket für den Hockeymatch oder den Kinderzoo?»

«Ihr sprecht immer vom Binnenverkehr, nur der Tunnel befreit Rapperswil‑Jona vom Durchgangsverkehr», wurde sie von Fassbind gerügt. Worauf Helbling sie darauf hinwies, dass auch von ausserhalb der Stadt Leute an Hockeyspiele kämen.

«Ein Flickwerk von Träumereien ist das, was ihr vorschlägt. Der Tunnel ist die einzige Lösung», sagte Marianne Fassbind in Richtung Tunnelgegner. «Anstatt ein magisches Wundermittel – das es nicht gibt – braucht es einen Strauss an Massnahmen», entgegnete GLP-Politiker Silas Trachsel. Solche benötigt es laut ihm sowieso, bis in den nächsten 30 Jahren irgendwann vielleicht ein Tunnel stehen könnte.

Mehr Optionen auf Oberfläche

Es blieb nicht bei diesem Klein-Klein. Und Argumente für oder gegen den Tunnel wurden auch noch ausgetauscht. «Es gibt viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten, wenn dank dem Tunnel an der Oberfläche die Strasse vom Durchgangsverkehr entlastet wird», sagte Mitte-Präsident Ivo Reichenbach vom Pro-Komitee. Also Platz für Fuss- und Radwege oder separate Buslinien, welcher auf bestehenden Strassen fehle. Denn Land abgeben wolle bekanntlich niemand.

Silas Trachsel, Vize-Präsident der Grünliberalen, befürchtete dagegen, dass es trotz Tunnel Stau geben werde – namentlich vor den Portalen. «Vereinfacht gesagt, ist es eine Frage von Angebot und Nachfrage: «Es braucht gute Angebote für ÖV, Velo und Fussverkehr. Wenn wir aber ein zusätzliches Angebot für Autos machen, wird diese Nachfrage steigen.»

Kein Verständnis dafür zeigte Fassbind, da es sich bei der Abstimmung vom 10. September bloss um einen Grundsatzentscheid handle. Was bei einem Ja tatsächlich komme, sei noch unklar. «Wenn wir jetzt aber Nein sagen, verbauen wir uns diese Lösung.»

Sozialdemokratin Helbling hielt hingegen das Kosten-Nutzen-Verhältnis des Tunnels für schlecht. «Seit wann interessieren sich Linke für Kosten und Nutzen?», fragte ein Zuschauer – und löste Gelächter aus. «Seit wann interessieren sich Bürgerliche nicht dafür?», stellte Helbling die Gegenfrage.

So endete das Podium. Längst verflogen: die anfängliche Einigkeit bei der Einstiegsfrage.

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