Gefangen in den Sozialen Medien
Durchschnittlich 50- bis 80-mal am Tag greift der Mensch zum Smartphone. Auf keinen Fall will man eine Information oder ein tolles Erlebnis verpassen.
Durchschnittlich 50- bis 80-mal am Tag greift der Mensch zum Smartphone. Auf keinen Fall will man eine Information oder ein tolles Erlebnis verpassen.
Fast alle aktuellen sozialen Dienste und Netzwerke funktionieren nach dem Prinzip der digitalen Aufmerksamkeit und binden so an den Anbieter. Sogenannte «Nudges» sorgen dafür, dass man länger als geplant in den sozialen Medien bleibt.
Schaut man sich auf YouTube ein Video an, erscheint kurze Zeit später das nächste Video. Durch Algorithmen werden die vorgeschlagenen Videos auf die Interessen des Nutzenden zugeschnitten und regen zum Weiterschauen an. Bei Instagram folgt die nächste Story nahtlos an die vorangegangene. Ständig wird neuer Inhalt angezeigt. Dasselbe geschieht auch bei Netflix. Nach dem Ende einer Episode, natürlich im spannendsten Moment, wird die nächste Episode wenige Sekunden später gestartet. Es braucht keine besondere Aktivität, die Folge beginnt von alleine.
Belohnungszentrum wird aktiviert
Viele digitale Dienste sind so aufgebaut, dass sie durch das Erhalten von Bestätigung und Anerkennung das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren und somit zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin führen. Glücksgefühle stellen sich ein, wenn man «Likes» und positive Kommentare auf Postings erhält. Eine Studie der University of Chicago belegt, dass die Sogwirkung so stark sein kann wie die von Nikotin oder Alkohol. Wie beim Drogenkonsum muss auch bei der Nutzung von Social Media die Dosis kontinuierlich gesteigert werden, um den gleichen Belohnungseffekt zu erzielen.
Belastung nimmt zu
Online sein bedeutet nicht nur Spass und Unterhaltung. Immer mehr Menschen leiden unter ihrem hohen Konsum sozialer Medien. Fast drei Viertel der Jugendlichen verbringen mehr Zeit am Handy, als sie ursprünglich geplant hatten. Wenn die Konzentration wegen der ständigen digitalen Ablenkung schwerfällt oder die Müdigkeit nicht weichen will, weil man bis spät in die Nacht online war oder sein Lieblingsspiel gespielt hat, kann das gesundheitliche Folgen haben. Schlafprobleme und eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne können auftreten. Immer häufiger wird von digitaler Überforderung gesprochen, dem digitalen Sog, aus dem es kein Entrinnen gibt. Eine gesunde Balance in der Medien- und Techniknutzung muss gefunden werden.
23 Prozent wurden im Internet schon einmal sexuell belästigt
Eine aktuelle Studie belegt, dass Jugendliche im letzten Jahr durchschnittlich 224 Minuten täglich online waren. Dabei spielen vor allem Messenger und Social Media eine grosse Rolle. 94 Prozent der Jugendlichen nutzen regelmässig Whats-App. An zweiter Stelle steht Instagram mit 62 Prozent, gefolgt von TikTok mit 59 Prozent und Snapchat mit 49 Prozent. Bei den onlinebasierten Möglichkeiten, Serien, Shows und Filme zu schauen, sind vor allem Netflix und YouTube bei den Jugendlichen beliebt. 63 Prozent nutzen YouTube regelmässig, 50 Prozent Netflix.
Dramatisch ist die zunehmende Zahl der Jugendlichen, welche sexuelle Gewalt erleben. Jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge wurde schon einmal im Internet sexuell belästigt. 23 Prozent wurden im letzten Monat vor der Befragung ungewollt mit pornografischen Inhalten konfrontiert.
Was kann man gegen die Belastung tun?
Die Anwendung von Instrumenten zur Regulierung von Technologien und zur Steigerung des eigenen digitalen Wohlbefindens werden zunehmend wichtiger. Ein gesundes Gleichgewicht bei der Nutzung von Medien und Technologien ist für die langfristige Gesundheit von entscheidender Bedeutung. Einige Tipps, um das ständige «Nudges» zu unterbinden, sind das Deaktivieren von Push-Benachrichtigungen, das Stummschalten von Gruppenchats, das Installieren von Bildschirmzeit-Erinnerungen, das Deaktivieren von personalisierten Videovorschlägen oder Werbung oder der Autoplay-Funktion. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung dazu gibt es unter https://www.handysektor.de/artikel/video-nervige-nudges-am-smartphone-ausstellen.
Apps können helfen
Apps helfen, die Handynutzung im Blick zu behalten. Zum Beispiel «Bildschirmzeit» bei iPhone oder die Digitox-App für Android-Handys. Hier kann das Nutzungslimit eingestellt und die Nutzung der verschiedenen Apps aufgeschlüsselt werden. Alternativ gibt es in den Einstellungen unter «Digital Wellbeing & Jugendschutzeinstellungen» eine Übersicht über die Zugriffszeiten, die genutzten Apps und die Anzahl der Entsperrungen des Geräts.
Auf der Website www.medien-kindersicher.de, einem Angebot mehrerer Medienanstalten, werden die verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten Schritt für Schritt erklärt.
Präventionswoche «Sucht hat viele Facetten»
Die Suchtpräventionsgruppe der Gemeinde Davos organisiert vom 28. Oktober bis 6. November die Präventionswoche «Sucht hat viele Facetten». Die spannenden Anlässe reichen von Weiterbildungen für Lehrpersonen über Fachvorträge und Podiumsdiskussionen bis zu Theaterperformances, Kinoabenden und sogar einem persönlichen Experiment.
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