×

Welche Listenverbindung erhält wie viele Sitze? – Ein Rechnungsbeispiel

Listenverbindungen kommt bei den Nationalratswahlen Bedeutung zu. Immerhin bei jeder dritten Wahl seit 1971 führte eine Listenverbindung zu einem Sitzgewinn. Doch das Rechnungssystem hinter den Listenverbindungen ist für einen Laien nicht ganz einfach zu verstehen.

Patrick
Kuoni
24.05.19 - 21:34 Uhr
Politik
Bei Listenverbindungen den Durchblick zu behalten ist nicht ganz ohne.
Bei Listenverbindungen den Durchblick zu behalten ist nicht ganz ohne.
SYMBOL

Bei den Nationalratswahlen gibt es zweistufige Listenverbindungen. Zum einen gibt es die Listenverbindung, bei welcher die verbundenen Parteien bei der Vergabe der Sitze als eine einzige Liste betrachtet werden. Zum anderen gibt es die Unterlistenverbindungen. Diese sind nur innerhalb der gleichen Partei möglich. Beispielsweise Partei A und Junge Partei A.

Parteiliste 1.1
Die Hauptliste von Partei 1 mit den bekanntesten Politkerinnen und Politikern, die sich zur Wahl stellen.

Parteiliste 1.2
Die Listen der Partei 1, die Parteilisten 1.1 und 1.2, sind eine Unterlistenverbindung eingegangen.

Parteiliste 2
Die Partei 2 hat sich dazu entschlossen, mit Partei 1 eine Listenverbindung einzugehen.

Parteiliste 3
Die Partei 3 wird alleine auf Stimmenfang gehen und ist keine Listenverbindung eingegangen.

Die fünf verfügbaren Nationalratssitze werden nach einem komplexen Verfahren vergeben. Es ist dies das sogenannte Hagenbach-Bischoff-Verfahren. Hier ein Beispiel, wie dieses Rechnungsverfahren funktioniert.

Schritt 1
Alle bei der Wahl abgegebenen gültigen Stimmen für irgendeinen der Kandidaten werden durch die zu vergebenden Anzahl Sitze +1 geteilt.
Beispiel:
295 230 Stimmen : 6 (5 Sitze, die zu vergeben sind, + 1) = 49 205

Schritt 2
Das Ergebnis von Schritt 1 ist die Basis für die darauf folgende Sitzverteilung. Die Stimmen aller Listenverbindungen und nicht verbundenen Parteilisten werden nun durch dieses Ergebnis geteilt. Im Resultat stellt die ganze Zahl vor dem Komma die Zahl der Sitze dar, welche die jeweilige Listenverbindung oder Partei auf sicher hat.
Beispiel:
Die Listenverbindung A hat gesamthaft 73 789 Stimmen gemacht.
73 789 : 49 205 = 1,50 (1 Sitz)

Die Listenverbindung B hat gesamthaft 76 803 Stimmen erzielt.
76 803 : 49 205 = 1,56 (1 Sitz)

Die Listenverbindung C hat 60 387 Stimmen erreicht.
60 387 : 49 205= 1,23 (1 Sitz)

Die Listenverbindung D hat 49 117 Stimmen auf sich vereint.
49 117 : 49 205 = 0,998 (kein Sitz)

Die Listenverbindung E hat 35 134 Stimmen erzielt.
35 134 : 49 205 = 0,71 (kein Sitz)

Damit sind nach Schritt 2 drei von fünf Sitzen vergeben.

Schritt 3
Nachdem nach Schritt 2 noch zwei Sitze zu vergeben sind, kommt nun eine weitere Berechnung zum Zuge. Die Stimmenzahl der Parteien/Listenverbindungen wird nun durch die der jeweiligen Listenverbindung/Partei bereits zugeteilten Sitze +1 geteilt.
Die Listenverbindung/Partei mit dem höchsten Ergebnis gewinnt den nächsten Sitz.
Beispiel:
Listenverbindung A
73 789 : 2 = 36 894,5

Listenverbindung B
76 803 : 2 = 38 401,5

Listenverbindung C
60 387 : 2 = 30 193,5

Listenverbindung D
49 117 : 1 = 49 117

Listenverbindung E
35 134 : 1 = 35 134

Der vierte Sitz geht somit an die Listenverbindung D.

Schritt 4

Da noch ein fünfter Sitz zu vergeben ist, wird das Prozedere aus Schritt 3 wiederholt. Gewinner des fünften Sitzes ist die Listenverbindung B, die das höchste Ergebnis erzielt.
Danach gehen die Sitze jeweils an die Listen, die innerhalb der Listenverbindung am meisten Stimmen erzielt haben, und dort an die Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl. (kup)

Patrick Kuoni ist Redaktor und Produzent bei Südostschweiz Print/Online. Er berichtet über Geschehnisse aus dem Kanton Graubünden. Der Schwerpunkt seiner Berichterstattung liegt auf den Themenbereichen Politik, Wirtschaft und Tourismus. Wenn er nicht an einer Geschichte schreibt, ist er als einer der Tagesverantwortlichen für die Zeitung «Südostschweiz» tätig. Patrick Kuoni ist in Igis (heutige Gemeinde Landquart) aufgewachsen und seit April 2018 fester Teil der Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR
prolitteris