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Die Mischung macht's

Mungafett ist ein Wundermittel. Was alles dahinter steckt, erfahrt ihr hier.

Bündner Woche
30.09.23 - 11:00 Uhr
Leben & Freizeit

von Jasmin Klucker

Mungga. Tiere, die uns in der Bergwelt oft zum Schmunzeln bringen. Pummelig und fellig, können wir sie vielfach von sehr nah betrachten. Sie faszinieren mit ihrer speziellen Lebensweise. Sie halten einen Winterschlaf, ohne sich gross zu bewegen. Das gelingt ihnen nur wegen ihres grossen Fettanteils. Dieses Fett hat eine besondere Wirkung. Nicht nur für die Murmeltiere, sondern auch für uns Menschen. In der Drogerie Schneider in Thusis ist das Murmeltier sehr präsent, in einer Ecke stehen viele farbige Verpackungen mit Bildchen von Murmeltieren drauf. Manuel Schneider kommt hinter der Theke hervor und begrüsst mit einem starken Händedruck. Die Hände geschmeidig und sehr gepflegt. Liegt das womöglich am Murmeltierfett? Wie dieses in eine Salbe gelangt, zeigt einen Stock tiefer die Laborantin Madeleine Lörtscher. Sie steht vor drei vollen Reagenzgläsern, die alle mit einer anderen Substanz gefüllt sind. Eine sticht mit ihrem Geruch und der speziellen Farbe besonders hervor. Madeleine Lörtscher lächelt und sagt, das sei das Murmeltierfett. Nach einer Nase davon weiss man, wieso die Laborantin unter die Produkte noch ätherische Öle mischt. Das Munggafett an sich riecht nämlich sehr speziell.

Verschiedene Kortisonverbindungen

Wieso produziert man daraus überhaupt Salben? «Murmeltierfett ist sehr gut untersucht, man weiss nicht nur von früheren Erzählungen, dass es eine unglaublich gute Wirkung hat», antwortet Manuel Schneider. Man wisse inzwischen, dass es verschiedene Kortisonverbindungen im Murmeltierfett gäbe. Es gibt dazu eine Untersuchung der Universität München. So ist bewiesen, dass im Fett viele natürliche schmerz- und entzündungshemmende Stoffe enthalten sind. Die Stoffe sind nicht per Zufall im Fett. Denn sie dienen dem Tier, um es zu schützen während der vielen Monate im Winterschlaf. «Im Winterschlaf sind die Tiere sehr anfällig auf Infektionen und Erkrankungen. Die Stoffe im Fett geben ihnen Schutz, damit sie im Frühling wieder gesund aus dem Bau kommen können», erklärt der Drogist. Auch das Fett des Dachses wäre sehr hochwertig, das Fett fällt aber nicht in diesen Mengen an, weil der Dachs niemals in so grossen Mengen bejagt wird.

Jetzt muss es schnell gehen. Die bereits vorbereitete Salbengrundlage steht in einem Topf im Wasserbad. Mit einer Maschine wird das Munggafett unter die Salbe gemischt. Je nach Wirkung gibt Madeleine Lörtscher andere Öle dazu. Heute wird die wärmende Hot Salbe produziert. Jetzt übernimmt die Maschine die Arbeit. Manuel Schneider nutzt die Zeit, um zu erklären, wie das Fett überhaupt in die Drogerie kommt. «Wir beziehen unser Munggafett von einer Schweizer Firma, die es von der Hochjagd verarbeitet. Die Jägerinnen und Jäger haben strikte Vorlagen, die zu beachten sind. Das gewonnene Fett muss sofort gekühlt und vor Licht geschützt werden.»

Madeleine Lörtscher in ihrem Element.
Madeleine Lörtscher in ihrem Element.
Konsistenz wie Schlagsahne.
Konsistenz wie Schlagsahne.
Durch einen Trichter wird die Salbenmasse abgefüllt.
Durch einen Trichter wird die Salbenmasse abgefüllt.

Das Murmeltier wird schon seit Jahrhunderten bejagt. Die Population muss im Griff gehalten werden. Die natürlichen Feinde des Murmeltiers sind Greifvögel wie der Adler. Die Raubvögel leben in erster Linie von den Jungtieren. Das reicht aber noch längst nicht, um die Murmeltierpopulation im Gleichgewicht zu halten. «Das Fett, das wir beziehen, ist schlussendlich nicht mehr als ein Abfallprodukt», sagt Manuel Schneider. Gewisse Jägerinnen und Jäger brauchen das Fett für sich selbst, aber der Grossteil bleibt meistens übrig. Firmen wie die Drogerie Schneider nehmen den Jägerinnen und Jägern das Fett ab. Wegen der Murmeltiersalbe wird kein einziges Tier bejagt oder muss allein dafür sterben. Das ist ein sehr wichtiger Punkt und für Manuel Schneider ein wichtiges Anliegen. «Wir verarbeiten das, was übrig bleibt», sagt er.

Die Salbe ist unterdessen fertig und wird jetzt in Töpfe abgefüllt und mit Etiketten versehen. Ganz wichtig, betont Manuel Schneider, dass sie danach direkt gekühlt werden, nur so blieben die Salben lange haltbar. Er ist stolz, sagen zu können, dass alle seine Murmeltierprodukte ohne künstliche Zusatzstoffe hergestellt werden. 

15'000 und 20'000 Salben pro Jahr

Zwischen 15'000 und 20'000 Stück Salben produzieren Manuel Schneider und sein Team pro Jahr. «Wichtig dabei ist zu erwähnen, dass wir immer nur eine Salbenart pro Tag herstellen. Das liegt daran, dass wir die Maschinen reinigen und desinfizieren müssen nach so einer Produktion.» Dazu kommt, dass alle diese Salben am Abend fertig im Kühlschrank stehen müssen, um die beste Qualität zu erreichen. Mit einem Blick zu den verschiedenen Produkten sagt Manuel Schneider, dass bei den jungen Menschen momentan die Handcreme und das Massageöl beliebt seien. 1989 stellte die Drogerie Schneider zum ersten Mal einen Murmeltierbalsam her. Seither sind viele Produkte mit Munggafett dazugekommen, denn die Produkte erfreuen sich grosser Beliebtheit. Offenbar haben viele Menschen die Superkräfte der pummeligen Tiere erkannt.

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