×

Besuch in der Laaxer Freestyle Academy: Was hat die Bündner Skateszene mit dem Big Air zu tun?

In der Laaxer Freestyle Academy trifft Skatekultur auf alpinen Nervenkitzel. Wir waren im riesengrossen Zirkuszelt zu Besuch, in dem sich Jung und Alt zum Training treffen.

Bündner Woche
20.10.23 - 11:00 Uhr
Leben & Freizeit
Spektakulärer Aufbau: Julian Roth in der grossen Skate Bowl, für die es gehörig Mut braucht.
Spektakulärer Aufbau: Julian Roth in der grossen Skate Bowl, für die es gehörig Mut braucht.
Jasmin Klucker

von Jasmin Klucker

Der Betonboden von der Sonne angeleuchtet, die Rails auf dem Platz verteilt, grosse und kleine. Skateboards am Rande der Mauer angelehnt. Von ganz klein bis erwachsen, alle in ihrem Element. Erstaunlich, wie gut es die Kleinen schon beherrschen. Stolze Gesichter der Eltern, überall wo man hinschaut. Im Eingang der Freestyle Academy in Laax steht Julian Roth. Mit seinem sehr locker sitzenden weissen Shirt und seinen etwas verwaschenen Skaterhosen kann man sofort erkennen, was sein Lifestyle ist. Er arbeitet seit zwei Jahren in der Freestyle Academy als Skatelehrer, seine Leidenschaft hat ihn nach Laax geführt. Er streckt mir ein Board entgegen und sagt lachend «Los.»

Durch ein Drehkreuz gelangt man ins Innere der Freestyle Academy. Erstaunlicherweise ist es ein riesengrosses Zirkuszelt. Wir kennen es vom Zirkus Knie, die roten grossen Sterne und das bekannte Königsblau. Eine wirklich aussergewöhnliche Location, um Skaten zu lernen, oder um zu trainieren. Es ist alles vorhanden, was ein Skater, eine Skaterin braucht. Von der Micro Ramp zur Mini Ramp bis zu einer grossen Skate Bowl. Daneben grosse Trampoline, die sehr beliebt sind für Freeskier oder Snowboarderinnen, die ihre Tricks zuerst mal trocken üben wollen. Die Landung ist deutlich sanfter als auf dem Schnee. Trainieren hier auch Fahrerinnen und Fahrer, die am Big Air starten? «Ich weiss von Andri Ragettli, dass er manchmal hier trainiert. Sonst ist es eher der Nachwuchs, der im Moment noch das Laax Open und andere regionale Wettkämpfe bestreitet», sagt Julian Roth.

 

«Es braucht einfach eine Portion Mut.»
Skatelehrer Julian Roth

 

Oben stehend mit dem Blick auf die Bowl schaue ich dem 27-jährigen Skater zu, wie er mit einer Leichtigkeit Tricks macht, die bestimmt viele Stunden Übung gebraucht haben. Es sieht deutlich einfacher aus, als es ist. Muss man etwas Spezielles mitbringen, um Skaten zu lernen? «Eigentlich kann es jede und jeder lernen, es braucht einfach eine Portion Mut und ein bisschen Balance. Das sind sicher die wichtigsten Voraussetzungen. Es ist ein Sport, der für alle zugänglich ist. Man braucht nicht die teuersten Skateschuhe oder das beste Brett. Zum Anfangen reicht ein günstigeres Einsteigerboard.»

Das schöne Wetter und die Hitze locken uns aus dem Zelt, raus auf den Platz. Julian Roth zeigt, wie man auf einem Brett steht. Hinter ihm ertönen immer wieder Skatebretter, die am Boden ankommen oder an den Rails entlang sliden. Wir fangen nicht mit einem Skateboard an, sondern mit einem Surfskate. Das sei deutlich einfacher, um das Gefühl zu kriegen, wie man sich auf einem Board bewegen sollte. Nach ein, zwei Versuchen weiss ich, wie ich auf dem Brett stehen muss, sodass ich mich sicher fühle. «Was hat das Skaten für dich für eine Bedeutung?», frage ich Julian Roth. «Skaten ist für mich Freiheit verbunden. Es sagt mir niemand, wie ich skaten muss. Jeder und jede hat einen eigenen Style, und genau das macht es aus. Dass man seiner Kreativität freien Lauf lassen, sich von anderen inspirieren und von ihnen lernen kann. Das Ungezwungene untereinander und das Freisein, egal wo ich bin. Skaten kann ich fast überall.»

«Ich habe eine Vorbildfunktion»: Als Skatelehrer findet es Julian Roth wichtig, einen Helm zu tragen.
«Ich habe eine Vorbildfunktion»: Als Skatelehrer findet es Julian Roth wichtig, einen Helm zu tragen.
Bild Jasmin Klucker
Julian Roth bei einem Trick: Laut des Skatelehrers braucht es für solche Tricks eine gehörige Portion Mut und ein natürlich ein bisschen Balance.
Julian Roth bei einem Trick: Laut des Skatelehrers braucht es für solche Tricks eine gehörige Portion Mut und ein natürlich ein bisschen Balance.
Bild Jasmin Klucker

Das Ziel ist es, mehr mit den Armen und dem Körper mitzugehen. So kann man besser in die Kurven und muss dadurch auch nicht immer mit dem Fuss angeben. Es klappt noch nicht so wirklich, wie ich das möchte. Liegt das daran, dass ich eine Frau bin? Der Gedankengang war laut. Julian Roth lacht. «Nein, das liegt nicht am Geschlecht. Die Szene ist immer weniger männerlastig. Klar hat es immer noch deutlich mehr Männer, aber es gibt viele Girls-Skate-Gruppen, die sehr gut skaten. Ich sehe auch immer mehr Girls im Skatepark oder auf Social Media. Beweisen tun sie sich auch bei Olympia. Eine elfjährige Japanerin hat Gold gewonnen. Einfach unglaublich.»

Freestyle.ch vor Ort

Das warme Herbstwetter macht durstig. Wir machen eine kleine Pause vom Surfskaten und trinken einen grossen Schluck frisches Laaxer Brunnenwasser. Ein paar Fragen habe ich noch. Bald findet das Big Air in Chur statt. Wird Julian Roth hingehen? «Ja klar. Ich finde es eine coole Kombination von Freestyle und Musik. Man trifft immer viele Gleichgesinnte. Ein toller Start in die neue Saison. Es ist der Ort, an dem sich alle wiedertreffen nach einer langen Sommerpause.» Das Tolle daran sei, dass es für jede und jeden erreichbar ist. So würden auch Menschen kommen, die vielleicht einfach mal bisschen Freestyleluft schnuppern wollen. «Das Skaten kommt beim Big Air nicht zu kurz. Dadurch gibt alles in allem ein freestyle.ch vor Ort», freut sich der Skater.

Ein kurzer Blick abgewandt vom Gespräch in die wunderschöne Berglandschaft. Laax ist schon seit Längerem bekannt für die Freestyleszene. Viele Events und Trainings finden in dieser Region statt. Immer mehr Menschen kommen nach Graubünden mit dem Ziel, den Profis zu begegnen, die im Park oder der grössten Halfpipe der Welt ihre Tricks präsentieren. Bei schlechtem Wetter kann man bei der Freestyle Academy weiter trainieren, ob Jung oder Alt, hier sind alle willkommen. All das macht Graubünden zu einem attraktiven Gebiet für Freestyler, Snowboarderinnen und Skater. Alle können sich an einem Ort treffen, gemeinsam Spass haben und den «Hang lose Style» in die Berge tragen. Julian Roth und ich sind uns einig. Das Big Air ist auf jeden Fall am richtigen Ort bei uns in Graubünden.

Video Südostschweiz
Inhalt von buew logo
Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR