Im Feuerwehrausbildungszentrum Thusis: «Du hast meine Küche geschrottet!»
Primarschulkinder haben bei der Exkursion «Feuer und Wasser» nicht nur den Plausch, sondern lernen auch viel über Feuer- und Elementargefahren.
Primarschulkinder haben bei der Exkursion «Feuer und Wasser» nicht nur den Plausch, sondern lernen auch viel über Feuer- und Elementargefahren.

Von Andri Dürst
Man muss aufpassen, dass man keine nassen Füsse bekommt. Denn der grosse Asphaltplatz beim Feuerwehrausbildungszentrum Pantun in Thusis wird gerade geflutet. Junge Menschen in Gummistiefeln, Regenjacken und Feuerwehrhelmen versuchen, der Wassermassen Herr zu werden. Mit verschiedenen Holzbrettern, Blachen und Sandsäcken probieren sie, das Wasser von den Türen des angrenzenden Gebäudes wegzulenken. Das Ganze ist aber Gott sei Dank kein Ernstfall, sondern eine Übung.
Genauer gesagt Teil einer Exkursion, an der an diesem Tag Schulklassen aus dem Prättigau und aus Malans teilnehmen. Organisiert wird das Ganze von der Gebäudeversicherung Graubünden (GVG) im Sinne einer Präventionsmassnahme. Und dies mit Erfolg: In diesem Jahr findet das Angebot mit dem Titel «Feuer und Wasser» bereits zum achten Mal statt. «Als wir die Termine aufgeschaltet haben, waren sie sehr rasch ausgebucht», freut sich GVG-Direktor Marc Handlery.
So sind auch dieses Jahr etwa 2200 Bündner Schülerinnen und Schüler im Feuerwehrausbildungszentrum zu Gast. Und dies erst noch kostenlos: Die GVG trägt die Kosten für die Anreise sowie für die Instruktion und organisiert auch eine Verpflegung. Marc Handlery sieht das als eine sinnvolle Investition in die Verhinderung von Schadensfällen an. «Wir sind überzeugt, dass wir bei den Kindern und ihren Begleitpersonen nachhaltiges Wissen zum Schutz von Personen, Tieren, Sachen und der Umwelt verankern können. Es ist schon vorgekommen, dass Kinder ihre Eltern zu Hause auf die Gefahren von Feuer und Wasser hingewiesen haben, nachdem sie an dieser Exkursion teilgenommen haben», erklärt er dazu.

«Nun seid ihr die Feuerwehr»
Doch die Schülerinnen und Schüler werden nicht bloss mit trockenem Frontalunterricht erdrückt, sondern sie dürfen meist selber Hand anlegen und spielerisch etwas dazulernen. So beispielsweise am eingangs erwähnten Posten «Wasser». Das kühle Nass ist auch beim Arbeitsplatz «Feuerwehr» ein wichtiger Bestandteil. Aufgeteilt in zwei Gruppen, müssen die Kinder möglichst rasch Wasser aus grossen Tanks zu einem Eimer transportieren, um von dort aus mittels Wasserspritze kleine Attrappen-Häuschen zu löschen. Wer als erstes genug Wasser ins Häuschen gespritzt hat, gewinnt das Spiel. «Ihr seid nun die Feuerwehr», gibt der Instruktor das Kommando. Die beiden Teams legen nach dem Startzeichen sogleich los. Schnell zeigt sich, dass eine gute Teamarbeit gefragt ist – wie auch in der richtigen Feuerwehr. Wenn eines der Kinder am Exkursionstag auch noch für einen freiwilligen Dienst in der Blaulichtorganisation begeistert werden kann, wäre auch gleich noch ein weiteres Ziel erfüllt, findet der GVG-Direktor.

Die von ihm geleitete Institution, sie ist als öffentlich-rechtliche Anstalt organisiert, hat nicht nur zum Ziel, für entstandene Elementarschäden aufzukommen, sondern auch – wie bereits erwähnt – diese zu verhindern. Es erstaunt daher nicht, dass sich auch ein Posten der Exkursion dem Thema «Prävention» widmet. Dazu wurden in den Übungscontainern auf dem Pantun-Areal Alltagssituationen nachgestellt. Wo lauern dabei Gefahren? Dieser Frage gehen die Schülerinnen und Schüler nach. So ist zum Beispiel der Heizlüfter in der Werkstatt nicht ungefährlich. Auch ist es nicht ratsam, im Esszimmer den Brennsprit direkt neben dem angezündeten Fondue-Rechaud stehen zu lassen. Und dass eine Kerze ohne Unterlage ein Brandrisiko darstellt, sollte ebenfalls klar sein. «Dennoch ist es wichtig, dass wir die jungen Menschen für diese Alltagssituationen sensibilisieren», meint Marc Handlery.

Im Notfall 118 anrufen
Wenn es trotzdem Mal zu einem Brand kommen sollte, darf ungeniert die Feuerwehr angerufen werden. Wie lautet aber schon wieder deren Telefonnummer? Blitzschnell gehen die Hände der Kinder in die Höhe, als Instruktor Martin Bruderer diese Frage stellt. «Bei dieser Frage müsst ihr nicht aufschrecken, sondern einfach reinrufen – schliesslich pressiert es ja», sagt er mit seiner mitreissenden Art zu den Zuhörenden. Ist die Nummer 118 erst einmal gewählt, sollte man auch wissen, was man der Person in der Einsatzzentrale zu sagen hat.
Auch diese Fragen werden am Posten «Experimente» geklärt. Natürlich wird hier aber nicht nur Theorie gemacht, sondern auch Praktisches gezeigt. Anhand einer aufstellbaren Fensterscheibe zeigt der Instruktor, was passiert, wenn Hagel auf Glas trifft. Nichts, ist die einfache Antwort. Hat man hingegen den Rollladen geschlossen, so kann dieser von den eisigen Körnern beschädigt werden. Statt Hagel nimmt Martin Bruderer Kies, dass er mit ein wenig Wucht auf die Scheibe respektive den Rollladen wirft. Das Fazit: Zieht Hagel auf, sollte man Storen und Co. besser hochziehen.

So sollte man es nicht machen
Noch eindrücklicher ist das Küchen-Experiment. Auf einer abgesperrten Fläche im Freien brennt ein Topf mit Öl. Darüber ist ein kleines Becken mit Wasser befestigt. An ihm hängt eine lange Schnur, mit der das Becken gekippt werden kann. Der Instruktor drückt einer freiwilligen Schülerin das Ende der Schnur in die Hand. Auf das Kommando des Feuerwehrmanns zieht sie daran. Und wusch! Ein grosser Feuerball entsteht über dem Kochtopf. «Nun hast du meine Küche geschrottet», meint Martin Bruderer ironisch zum Mädchen. Was muss nun aber getan werden? «118 anrufen», dies ist mittlerweile allen Kindern klar. Nachdem die Alarmierung erfolgt ist, gilt es, Menschen und Tiere zu retten, respektive zu warnen. Wichtig dabei: Sich selber nie in Gefahr bringen. Bis die Feuerwehr eintrifft, kann man versuchen, selber aktiv zu werden. Jedoch gilt es, nur kleinste Brände selber löschen. Und dies natürlich nicht mit Wasser, wie man soeben gelernt hat. Stattdessen kommt eine Löschdecke zum Einsatz, wie sie eigentlich in jedem Haushalt vorhanden sein sollte. Und in der Tat – wendet man das «Tüchlein», wie es der Instruktor nannte, korrekt an, ist der Brand schnell erstickt.
Nicht nur die Kinder scheinen Gefallen an «Feuer und Wasser» gefunden zu haben. So zeigen sie sich in einer kurzen Umfrage zufrieden mit dem Anlass. Aber auch die Lehrpersonen finden die Exkursion eine gelungene Sache. Und schliesslich sind auch die Instruktoren glücklich, etwas zum gelungenen Event beitragen zu können. «Es macht wirklich Freude, solche Inhalte vermitteln zu können. Die Kinder nehmen auf jeden Fall etwas mit», findet Martin Bruderer. Und auch Marc Handlery ist froh um die Exkursionen. Denn wo setzt man in Sachen Prävention besser an als bei unseren jüngsten Mitmenschen?

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