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Die Bewahrerin des kulturellen Erbes

Die diesjährige Kulturpreisträgerin von St. Moritz heisst Corina Huber. Sie hat über Jahrzehnte die Dokumentationsbibliothek der Gemeinde aufgebaut. Mit diesem Preis zeichnet St. Moritz seit dem Jahr 2000 hervorragende kulturelle und wissenschaftliche Leistungen aus. 

Südostschweiz
24.11.16 - 15:00 Uhr
Kultur

von Marina U. Fuchs

Wer Corina Huber im Internet sucht, wird schnell fündig. Neben ihrer Telefonnummer steht da «Rentnerin». Das mag man so gar nicht glauben, wenn man der St. Moritzerin gegenübersitzt.  Zwar trat sie am 31. Dezember 2015 als Leiterin der St. Moritzer Dokumentationsbibliothek offiziell in den Ruhestand, aber auf das Altenteil wird sie sich dank ihrer engagierten und offenen Persönlichkeit – voller Neugier für das Leben, die Natur und die Menschen – vermutlich nie zurückziehen. 

Ein wechselvolles Leben

Huber wurde als zweitälteste von vier Töchtern von Marcella und Duri Maier in Samedan geboren und ist in St. Moritz aufgewachsen. Nach einer Lehre als Hochbauzeichnerin und Schreinerin begann sie begeistert zu arbeiten. Wegen Rückenproblemen musste sie aber bald die Schreinerei aufgeben, und es blieb nur das Zeichnen. Nicht das, was sie nachhaltig erfüllte. «Ich musste nun aus dem Tal heraus», erklärt sie im Gespräch. 

Sie arbeitete in verschiedenen Jobs, war mit ihrem Lebensgefährten und späteren Mann ein Jahr in Asien und erlebte mit dem Velo und beim Trekking den Kontinent. «Das war prägend», erinnert sich die Preisträgerin, «es führte zur Relativierung aller Ansprüche.» 

Zurück in der Heimat wurde geheiratet. Sohn und Tochter kamen im Engadin zur Welt. Ihr Mann teilte sich mit ihr die Erziehungsarbeit, und so kam das Angebot, im Segantini-Museum stundenweise zu arbeiten, für die junge Mutter genau richtig. «Ich hatte fünf tolle Jahre dort», erinnert sich Huber. Sie blieb danach zu Hause bei den Kindern, bis die Zeit reif war für ihre berufliche Lebensaufgabe schlechthin. 

Erfüllende Aufgabe

Ihre Schwester Tina Tesfay – heute Kuratorin des Milli-Weber-Hauses –hatte 1987 im Keller des Gemeindehauses begonnen, das zahlreiche dort gelagerte Material zu systematisieren und damit den Grundstein für die St. Moritzer Dokumentationsbibliothek gelegt. 

1993 wurde Huber angefragt, die Leitung zu übernehmen, noch bevor sie eine Ausbildung zur Gemeindebibliothekarin abgeschlossen hatte. «Ich hatte den besten und interessantesten Job im Engadin», erinnert sich die Geehrte, und sie hat für ihre Aufgabe gelebt. «Je mehr man wusste, desto interessanter wurde es», ergänzt sie. «Und wir wurden sehr gut getragen von der Gemeinde.»

Huber knüpfte ein grosses Beziehungsnetz und stand im Austausch mit der Nationalbibliothek in Bern, der Kantonsbibliothek in Chur oder dem Museum für Gestaltung in Zürich. «Später kamen viele kleinere Archive, die von uns lernen wollten», freut sich Huber. 1997 wurden die neuen Räume im alten Schulhaus bezogen. Spätestens ab dann wurde die Dokumentationsbibliothek zur zentralen Anlaufstelle für alle, die sich für die Geschichte des Weltkurorts interessieren. 

Ihr Team war für Huber immer sehr wichtig und sie betont, dass alles nur mit eben diesem Team erreicht wurde. «Herausforderungen treiben mich an, und ich habe mich immer bemüht, meine Sache gut zu machen», sagt sie. «Es war spannend, und es hat mir Freude gemacht, mit den Leuten zu arbeiten, etwas weiterzugeben und sogar als Kuratorin für die Design Gallery, die Galerie entlang der riesigen Rolltreppe vom See nach St. Moritz Dorf, zu arbeiten.»

Neue Herausforderungen

Nun widmet Huber sich der Betreuung ihrer Mutter, der weit über St. Moritz hinaus bekannten 95-jährigen Schriftstellerin und Politikerin Marcella Maier. Sie sei ihr immer grosses Vorbild gewesen, sagt die Tochter. Aber es sei neben der starken Persönlichkeit der Mutter auch nicht einfach gewesen, sich einen eigenen Platz zu schaffen. 

Neben den Tätigkeiten für die Familie arbeitet Huber heute in der Creative Box in Pontresina. Zudem moderiert sie bei der Veranstaltungsreihe «Das Engadin leben», ist Gast bei Diskussionen, kocht gerne, fährt Ski und läuft neu auch Schneeschuh. Überhaupt ist sie gerne in der Natur und schöpft dort Kraft. Auch wenn sie in ihrem Leben nicht von Schicksalsschlägen verschont worden sei, bekennt sie: «Ich bin sehr glücklich im Hier und Jetzt und damit wie es ist.»

Die siebte Preisträgerin

Vor Corina Huber wurden ihre Mutter Marcella Maier, die Malerin Ursina Vinzens, die Musiker Werner Steidle, Jürg H. Frei und Anny Roth-Dalbert sowie Philipp Walther – dieser für seinen Einsatz für die romanische Kultur – ausgezeichnet. Die Verleihung des siebten St. Moritzer Kulturpreises an Corina Huber findet am Sonntag, 25. November, um 17 Uhr im Rahmen eines Apéros  im Forum Paracelsus statt. Das Werner Steidle Trio umrahmt den Anlass musikalisch.

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