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Wie einer sein Leben mit Kunst füllt

Martin Hürlimann ist ein Sammler, wie ihn sich ein Galerist nur wünschen kann. Jetzt brachte er einige seiner Lieblinge zurück für eine ganz besondere Ausstellung. Luciano Fasciati hat sie gestaltet.

Ruth
Spitzenpfeil
05.05.19 - 04:30 Uhr
Kultur

Shoppen als liebste Freizeitbeschäftigung – das kennt man eher so von weiblichen Teenagern. Doch der 63-jährige Martin Hürlimann gibt gerne zu, dass auch er dieser Leidenschaft schon lange verfallen ist. Wann immer er vom Schreibtisch seiner Einrichtungsfirma Abitare an der Churer Reichsgasse wegkommt, hält er Ausschau nach den Objekten seiner Begierde. Es sind allerdings nicht Schuhe oder Klamotten, die er dann nach Hause schleppt, sondern Kunst. Exzellente Kunst, vorwiegend aus «regionalem Anbau», könnte man sagen.

Zurück in die Galerie

Hürlimann gehört – zusammen mit seiner Frau Jacqueline Thalmann – zu einer Spezies, die sonst kaum im Rampenlicht steht, gleichwohl aber unverzichtbar ist im System der bildenden Kunst. Er ist Sammler. Das sind diejenigen Leute, die unauffällig dafür sorgen, dass etwa in einer Galerie nach der Vernissage ein kleiner roter Punkt auf dem einen oder anderen Bild klebt. Für diejenigen, die sich auskennen, heisst das: Da hat schon jemand zugeschlagen. Galerist und Künstler sind froh, Werk und Liebhaber haben zueinander gefunden.

«Einige der Werke, die Hürlimann besitzt, müssten eigentlich im Museum hängen.» - Luciano Fasciati, Galerist

Weil Hürlimann auf diese Weise auch bei ihm schon sehr oft aktiv geworden ist, wollte Luciano Fasciati nun den Spiess für einmal umdrehen. Der Churer Galerist, dessen «Verkaufsfläche» nur wenige Schritte vom Privathaus Hürlimanns entfernt liegt, schlug ihm vor, doch einmal auszustellen, was er über die Jahre so alles erworben hat. Die Kunstwerke sollten also dahin zurückkehren, wo sie der Sammler entdeckt hatte, in die Galerie.

Nun kauft Hürlimann nicht allein bei Fasciati, obwohl dieser zufrieden gesteht: «Er ist ein guter Kunde.» Das vornehmliche Interesse für die Stilrichtung der zeitgenössischen Konkreten Kunst treibt ihn ebenso in andere Galerien der Schweiz, gelegentlich auch ins Ausland. Was bei Fasciati im Erdgeschoss des ehemaligen Hotels «Marsöl» nun einen Monat lang zu sehen ist, stellt einen faszinierenden Querschnitt aus mehr als 40 Jahren Sammlertätigkeit dar.

Nichts zu verkaufen

«Ich dachte eigentlich immer, ich hätte nur eine relativ kleine Zahl von Lieblingen. Doch jetzt bin ich überrascht, wie viele Künstler es doch sind», sagt Hürlimann, nachdem ihm Fasciati kurz vor der gestrigen Vernissage die Liste der von ihm für die Schau ausgewählten Werke präsentierte. Die Bilder, welche sonst im «Roten Haus» an der Süsswinkelgasse 15, wo er zwei Stockwerke bewohnt, im Abi-tare-Laden sowie in den Domizilen in Zürich und Klosters hängen, hat er nie gezählt. Aber zu jedem hat er eine Geschichte zu erzählen. Denn die Beziehung mit den Künstlern ist für ihn beim Kauf entscheidend. «Mich verbindet die Person mit dem Werk; bestimmt nicht die Aussicht auf eine Wertsteigerung», sagt Hürlimann. Deswegen ist die Ausstellung aus Sicht der Galerie eigentlich ein uneigennütziger Service; denn verkaufen kann Fasciati diesmal nichts.

Der Galerist hat mit seiner Auswahl aber trotzdem bewiesen, wie viel er von seinem Geschäft versteht. Fasciati zeigt auf, wie persönlicher Geschmack und hohe Qualität hier zur Deckung kommen. «Einige der Werke, die Hürlimann besitzt, müssten eigentlich im Museum hängen», urteilt der Kenner. Man spürt, dass es ihm Spass gemacht hat, all die grossen Namen der Bündner und Schweizer Kunstszene so zusammen zu präsentieren – angefangen von Not Vital über Jules Spinatsch, Gaudenz Signorell, Corsin Fontana bis hin zu Patrick Rohner, von dem hier mit «Wasserzeichnung Nr. 144» das jüngste und eindrücklichste Werk hängt. Auch darauf wäre wohl so manches Museum scharf gewesen.

Werke aus der Sammlung Hürlimann Thalmann. Ausstellung bis 1. Juni. Galerie Luciano Fasciati, Chur, sowie im öffentlichen Raum an der Süsswinkelgasse 15 und der Reichsgasse 7 in Chur.

Gespräch zwischen den beiden Sammlern Thomas Spielmann und Martin Hürlimann am Mittwoch, 15. Mai, um 19 Uhr. Führung mit Martin Hürlimann am Mittwoch, 22. Mai, um 19 Uhr. Weitere Infos: www.luciano-fasciati.ch

Ruth Spitzenpfeil ist Kulturredaktorin der «Südostschweiz» und betreut mit einem kleinen Pensum auch regionale Themen, die sich nicht selten um historische Bauten drehen. Die Wahl-St.-Moritzerin entschloss sich nach einer langen Karriere in der Zürcher Medienwelt 2017, ihr Tätigkeitsfeld ganz nach Graubünden zu verlegen. Mehr Infos

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