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Menuett trifft auf Urban Contemporary

Das neuste Projekt von «Chur tanzt» schickt Mitwirkende und Publikum auf eine Zeitreise, in der 
das Genie Mozart «Street Credibility» zeigen muss. Premiere ist am Wochenende im Theater Chur.

Carsten
Michels
29.04.19 - 09:00 Uhr
Kultur
Dario Theiler und Federica Normanno (vorne, v. l.) teilen sich die Churer Bühne mit Tanzamateuren.
Dario Theiler und Federica Normanno (vorne, v. l.) teilen sich die Churer Bühne mit Tanzamateuren.
PETER DE JONG

Wer A sagt, der sagt bekanntlich auch B. Und wer eine Produktion «Balleethoven!» tauft, der darf eine andere auch «MozARTanzt» nennen. Das müssen sich zumindest die Macher und Macherinnen von «Chur tanzt» gedacht haben, als sie einen Titel für ihr neustes Tanztheaterprojekt suchten. Die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) steht tatsächlich im Mittelpunkt der Produktion – und der Wiener Komponist als Person ebenso. Ihn stellen die jungen Profitänzer Dario Theiler und Jenoe Marranchelli dar. Den weiblichen Gegenpart in den Hauptrollen übernehmen die Urban-Contemporary-Tänzerin Federica Normanno und die Sopranistin Lisa Tatin.

Die drei Aufführungen am kommenden Wochenende im The-ater Chur werden vom Orchester Le phénix und dem Zürcher Pianisten André Desponds begleitet. Die musikalische Leitung hat Clau Scherrer. Wie in der Choreografie – wo klassischer und zeitgenössischer Tanz verschmelzen – gibt es auch auf der musikalischen Ebene ungewöhnliche Allianzen. Mozart trifft Gimma, könnte man sagen. Denn der Bündner Rapper und Autor Gian-Marco Schmid steuert Texte zum Bühnengeschehen bei – und die Tanzcompagnie darf zeitweise rappen.

Bündner «Eigengewächse»

«MozARTanzt» ist bereits das fünfte abendfüllende Ballett, das der Berner Choreograf Oliver Dähler in der Bündner Hauptstadt realisiert. Für ihn sei «Chur tanzt» schweizweit einzigartig, sagt er. «Ich kenne kein anderes Projekt dieser Art, wo eine solche Produktion mit Laien und professionellen Tänzern gemeinsam erarbeitet werden kann.» Das Ganze sei ein wichtiger Beitrag an die Tanztheatervermittlung und die Publikumsbildung in der Region. Diesmal sind 20 Schülerinnen und Schüler aus diversen hiesigen Tanzschulen beteiligt. Aber auch das Solistentrio stammt aus der regionalen Szene. Theiler, Normanno und Marranchelli haben schon als Jugendliche bei «Chur tanzt» mitgewirkt und standen unter anderem in Dählers «Grand Hotel Vaslav» im Jahr 2009 zusammen auf der Bühne.

Der heute 23-jährige Theiler, der Tanzunterricht erst bei Ursula Luginbühl in Landquart und dann bei Irina Cannabona in Chur erhielt, studierte zeitgenössischen Tanz an der Zürcher Hochschule der Künste. Sein Weg und der von Federica Normanno hatte sich – ausser bei «Grand Hotel Vaslav» – überdies in der Hip-Hop-Förderklasse Frysis der Churer Tanzschule Stellwerk gekreuzt. Normanno machte eine Ausbildung als Bewegungspädagogin und studierte in Zürich an der Höheren Fachschule für Zeitgenössischen und Urbanen Bühnentanz. Ebenfalls dort wird Jenoe Marranchelli, der Dritte im Solisten-Bunde, voraussichtlich im Sommer seine Ausbildung abschliessen.

Wie Theiler und Normanno hat sich der 23-jährige Thusner Marranchelli für die Laufbahn eines Profitänzers entschieden. Ein Berufsweg, der Talent und Selbstbewusstsein voraussetzt und obendrein eine gehörige Portion Optimismus verlangt. Unlängst hatte das Ballett am Theater St. Gallen sieben Stellen zu besetzen – über 700 Bewerber traten an. Die Konkurrenz unter Tänzern ist riesig.

Für Wiener Bälle komponiert

Mit dem Churer Mozart-Projekt erfüllt sich für Choreograf Dähler ein lang gehegter Wunsch. Die Musik des Wiener Klassikers begleite ihn schon seit Langem, verrät er. Und er habe immer gefunden, dass sie sich besonders gut vertanzen lasse. Mit Auszügen aus Sinfonien, Opern, Serenaden sowie den Klavierkonzerten Nr. 21 und 23 will Dähler den Beweis erbringen.
Die Verbindung Mozarts zum Tanz ist wenig bekannt, aber historisch belegt. Salzburg und Wien waren einst tanzfreudige Städte – und Mozart ein begeisterter Tänzer. Für die Wiener Redoutenbälle schrieb er etliche Tanzmusiken.

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