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«Das Polenmuseum im Schloss ist ein kleines Rütli für uns»

Bei einer Konferenz zu 150 Jahren Freiheitssäule in Rapperswil-Jona betonten Vertreter des polnischen Staates die Bedeutung des Polenmuseums als Erinnerungsort. Die Polen wollen weiter für das Museum kämpfen.

Pascal
Büsser
22.06.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Glaubt noch immer an einen «Kompromiss»: Der polnische Botschafter Jakub Kumoch will sich weiter für das Polenmuseum im Schloss Rapperswil einsetzen. Bilder Markus Timo Rüegg
Glaubt noch immer an einen «Kompromiss»: Der polnische Botschafter Jakub Kumoch will sich weiter für das Polenmuseum im Schloss Rapperswil einsetzen. Bilder Markus Timo Rüegg

Noch ist das Polenmuseum nicht verloren. Diesen Eindruck hatte, wer die Reden von Vertretern des polnischen Staates gestern im Schloss Rapperswil hörte. Die Worte kamen von höchster Stelle. Der Hintergrund: Zum 100-Jahr-Jubiläum der polnischen Unabhängigkeit und zum 150-Jahr-Jubiläum der polnischen Freiheitssäule in Rapperswil-Jona hatte das Polenmuseum zusammen mit dem Institut für Nationales Gedenken (IPN) zu einer zweitägigen wissenschaftlichen Konferenz geladen. Sie steht unter dem Patronat des polnischen Staatspräsidenten Andrzej Duda. Dieser liess durch eine Sprecherin eine Grussbotschaft vortragen. Duda hatte das Museum 2016 persönlich besucht. Wie viele seiner Vorgänger.

Hohe Vertreter Polens vor Ort

Anwesend war gestern der Präsident des Instituts für Nationales Gedenken, Jaroslaw Szarek. Er eröffnete den Reigen an Beschwörungen der Bedeutung von Freiheitssäule und Polenmuseum im Schloss Rapperswil: «Dieser Platz ist nicht nur ein Krümel, er ist etwas Grösseres in unserer Geschichte.» Bedeutende Polen hätten hier über den polnischen Freiheitskampf nachgedacht und Pläne dafür geschmiedet. Nach 123 Jahren Fremdherrschaft erlangte Polen 1918 die Unabhängigkeit.

Noch dezidierter sprach dies Maria Koc, Vize-Präsidentin des polnischen Parlaments, aus: «Das Schloss wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts zum pulsierenden Zentrum des Polentums. Der Erhalt der Kultur wurde zu einer zentralen Aufgabe der Patrioten.» Sie sei persönlich zum ersten Mal in Rapperswil und «sehr gerührt», so die Vertreterin der nationalkonservativen Pis-Partei. «Der Begriff Rapperswil erzeugte immer besondere Gefühle und war immer ein Symbol für die Freiheit.»

Das Polenmuseum sei auch ein schweizerisches Museum, so der Botschafter Polens.

Keine Zweifel an seiner Haltung liess Jakub Kumoch offen, seit 2016 polnischer Botschafter in Bern. «Die polnische Präsenz im Schloss Rapperswil ist keine Episode. Sie ist ein Teil der Geschichte beider Länder.» Das Polenmuseum sei auch ein schweizerisches Museum. Es dokumentiere, wie die Schweiz als Migrations- und Gastgeberland entstanden sei. Neben den polnischen Freiheitskämpfern des 19. Jahrhunderts fanden auch während des 2. Weltkriegs gut 12 000 polnische Internierte Zuflucht in der Schweiz. Es sei darum wichtig, die polnische Präsenz im Schloss zu erhalten.

«Unsere Diplomatie wird alles machen, um diesen Platz zu bewahren, der für uns in der Schweiz der wichtigste ist.» Man sei sich bewusst, wem das Schloss gehöre – der Ortsgemeinde. Man sei sich aber auch der Bedeutung der Denkmäler bewusst. «Ich kann Ihnen als Vertreter des polnischen Staates versichern, dass wir eine Lösung finden – ohne Konflikte.» Wie er das genau anstellen will, liess Kumoch auf Nachfrage offen. Er wartete aber noch mit einer Analogie auf: «Das Museum im Schloss ist für uns Polen ein kleines Rütli.»

Stadt: Kein eigenes Polenmuseum

Stadtpräsident Martin Stöckling blieb dem Anlass bewusst fern, um keine falschen Erwartungen zu schüren, wie er sagt. In die geplante Dauerausstellung nach dem Umbau des Schlosses – voraussichtlich ab 2022 – werde die Präsenz der Polen Eingang finden. «Die Geschichte des Schlosses lässt sich ohne Polen nicht erzählen.»

Stöckling: «Es würde die Gespräche vereinfachen, wenn die Polen Tatsachen akzeptierten.»

Die Federführung liege aber bei der Stadt und der Ortsgemeinde. Die Bevölkerung habe sich in einer Vernehmlassung und bei der Kredit-Abstimmung zum Projektwettbewerb für den Schlossumbau, der aktuell läuft, klar gegen ein eigenständiges Polenmuseum geäussert: «Es würde die Gespräche vereinfachen, wenn die Vertreter des Museums und Polens diese Realität akzeptierten», so Stöckling.

Matthias Mächler, Präsident der Ortsgemeinde, der gestern verhindert war, bestätigt Stöcklings Aussage, dass 2015 zwischen Stadtbehörden, Bund und der damaligen polnischen Vertretung schriftlich das Ende des eigenständigen Polenmuseums festgehalten worden sei. «Die neue polnische Regierung sieht das offenbar anders», konstatiert Mächler.

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