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Nicht nur die Liebe, auch der Glaube geht durch den Magen

Beim Abendessen mit Freunden über Gott und die Welt diskutieren: Das ist die Vision eines neuen Projekts der Katholischen Landeskirche Graubünden, das junge Erwachsene ansprechen soll.

Corinne
Raguth Tscharner
05.04.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Eva-Maria Faber, Claude Bachmann und Ladina Seglias wollen den Glauben wieder schmackhaft machen.

Eine Packung Spaghetti, ein Glas selbst gemachtes Bärlauchpesto und eine kleine Flasche Sirup: Was wie eine Einkaufsliste für das nächste Abendessen klingt, bildet die Basis des Pastatalk-Sets des Projekts Jugend@Kirche. Die Katholische Landeskirche Graubünden hat dieses Projekt ins Leben gerufen, um Jugendliche und junge Erwachsene im Kanton zu motivieren, über Lebens- und Glaubensfragen nachzudenken und zu diskutieren.

Mit den kostenlosen Pastatalk-Sets soll dies im Rahmen eines Abendessens unter Freunden geschehen. Das Set beinhaltet nicht nur die materiellen Zutaten für das Essen, sondern auch die geistigen Zutaten. Auf zehn Tischsets sind Fragen zum Leben, zum Glauben und zur Kirche festgehalten. «Wir haben die Fragen bewusst nicht engstirnig zum Thema Kirche ausgewählt, sondern wollten sie breit halten», sagt der Jugendarbeiter der Katholischen Landeskirche Graubünden Claude Bachmann.

Provozierende Thesen

So lautet eine der Fragen: «Was gibt dir im Leben Halt?» Eine Frage, die laut Bachmann wie die neun anderen zu einer tiefgründigen Diskussion anregen soll. «Es soll autonom diskutiert werden. Ohne Anleitung und ohne, dass jemand von der Kirche dabei ist», so der Jugendarbeiter.

Zu Gesprächen anregen sollen zudem zehn Getränkeuntersätze, auf denen je eine These festgehalten ist. «Diese sollen auch ein wenig provozieren», meint Bachmann und führt als Beispiel die Frage nach der Möglichkeit einer weiblichen Päpstin auf. «Das wirft direkt viele weitere Fragen auf: die Rolle der Frau in der Kirche oder das Priestertum für Frauen», so Bachmann weiter.

Der Papst lädt zur Diskussion

Das Projekt Jugend@Kirche wurde mit Blick auf die nächste Bischofssynode gestartet. Bei der Synode treffen sich im kommenden Oktober Bischöfe aus aller Welt in Rom und diskutieren über das Thema «Jugendliche, der Glaube und die Berufungsentscheidung».

Vor diesem Hintergrund sei die Idee zum Pastatalk-Set entstanden, so Bachmann. «Der Prozess fängt nämlich vor Ort an, wo die Jugendlichen wirklich zu Hause sind. Und zwar, indem die Jugendlichen über den eigenen Lebensalltag nachdenken.»

Eine Stimme bekommen

In den Pastatalk-Sets liegt auch eine Antwortkarte bei, wo Diskussionspunkte, Anliegen und weiterführende Fragen festgehalten und zurückgeschickt werden können. «Dadurch haben die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen die Möglichkeit, an einem weltweiten Prozess teilzunehmen», sagt Bachman. Der Jugendarbeiter sammelt die Anliegen, auf die dann in einer zentralen «Talksession» am 20. Oktober in Chur eingegangen werden soll. An dieser Session sollen nicht nur Jugendliche, sondern auch Vertreter der Kirche teilnehmen, um den Jugendlichen vor allem zuzuhören.

Mit den Pastatalk-Sets hoffe man, bei den Jugendlichen Impulse zu setzen, sagt Bachmann. Aber auch umgekehrt: «Wir wollen mit dem Projekt den Jugendlichen eine Stimme geben, die innerhalb der Kirche auch gehört wird.» So sei es auch ein Ziel, die Anliegen der Jugendlichen künftig in die tägliche Arbeit der Kirche in Graubünden einfliessen zu lassen. Das passiere nämlich noch viel zu wenig.

«Für mich liegt das Problem darin, dass die Katholische Kirche auf gewissen Sachen beharrt und den Dialog mit den jungen Menschen nicht sucht», sagt Bachmann. Schlussendlich gehe es darum, was die Kirche lernen könne. Auch von der Jugend.

Dazu seien die Pastatalk-Sets ein erster Schritt. 50 Sets stehen bei Jugend@Kirche bereit, um verschickt zu werden. Bestellt werden kann das Set auf deren Homepage. Die Kosten trägt die Katholische Landeskirche Graubünden.

Corinne Raguth Tscharner ist stellvertretende Chefredaktorin Online und Zeitung und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Zuvor erlernte sie das journalistische Handwerk als Volontärin in vier verschiedenen Redaktionen (Print, Online, Radio, TV) und war als Online-Redaktorin tätig. Mehr Infos

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