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Ein Landhaus soll es sein

Als der Weinhändler Daniel Hatz von Albertini 1905 für sich und seine junge Frau ein Heim im Grünen bauen will, hat er ganz klare Vorstellungen. Seine Erben halten sich bis heute daran.

Ruth
Spitzenpfeil
09.02.18 - 16:57 Uhr
Kultur

Eigentlich passt es ja nicht in eure Serie, das Haus meines Grossvaters», sagt Pierre Daniel Hatz. Die heisst ja bekanntlich «Ich bau mir ein Schloss» und genau das sei nicht sein Traum gewesen. Der jetzige Bewohner des stattlichen Anwesens an der Lürlibadstrasse blättert in einem grossen Notizbuch, in dem sein Vorfahre alles festgehalten hat, was ihm während gut 50 Jahren im Zusammenhang mit seinem Haus wichtig war. «Wir wollten keine Villa, sondern ein gemütliches Landhaus», steht da in akkurater Schönschrift.

Ein früher Grüner

Daniel Robert Hatz war so etwas wie ein früher «Grüner», erzählt sein Enkel. Er beschä igte sich zeitlebens mit Pflanzen und Tieren, war skeptisch gegenüber moderner Technik. Schon in dritter Generation betrieb er in der Churer Poststrasse einen gut gehenden Weinhandel, doch als er sich mit einer Elisabeth von Albertini verheiratete, hielt ihn nichts mehr in der düsteren Altstadt. 1905 begann er, Land zu kaufen und zwar dort, wohin sich die Stadt gerade mit Villen wohlhabender Bürger in die nordöstlich gelegenen Weinberge ausdehnte.

Bevor er 1910 das grosszügige Neun-Zimmer-Haus baute, legte er schon den Garten an und notierte in seinem Buch fein säuberlich, was er wo pflanzte und wie es gedieh. Vieles davon lebt heute noch, etwa die prächtigen Buchsbaumkugeln. Der Name Bondahaus geht vermutlich auf den Weinberg Bonda zurück, von dem Teile heute noch zum Haus gehören.

Die Sehnsucht nach dem heilen Landleben bestimmte auch den Baustil. Das Haus ist eines des herausragenden Beispiele des Bündner Heimatstils. Damit verabschiedete man sich von Historismus und Jugendstil, besann sich auf lokale Bautraditionen, setzte diese aber mit freiem, grossem Gestus um. So fallen etwa beim Bondahaus die unterschiedlichen Fenstergrössen auf, die der Fassade einen ganz eigenen Rhythmus geben. In vielem nimmt der Heimatstil das Bauen der Moderne voraus. Das von Hatz beau ragte St. Moritzer Büro Koch und Seiler gilt denn auch als Vertreter der sogenannten Reformarchitektur.

Traum jedes Denkmalschützers

Heute ist die Villa, die keine sein will, der Traum jedes Denkmalschützers. Denn von den Böden über die Fenster bis hinauf zum Dach ist alles noch original. Kurz vor seinem Tod 1963 warnte Grossvater Hatz die Nachkommen, sie sollten bloss nie umbauen. Daran hielten sie sich – abgesehen von Küche und Bad. Sowohl Sohn als auch Enkel zogen in das Haus erst nach ihrer Pensionierung. Dazwischen war es jeweils für kurze Zeit vermietet. Pierre Daniel Hatz und seine Frau Margrit Hatz-Casparis leben erst seit zwei Jahren hier. Er selbst ist in Arbon aufgewachsen, war Architekt und hatte jahrelang in St. Gallen ein Amt inne, das ihn für das Bondahaus geradezu prädestiniert: Er war der kantonale Denkmalpfleger.

Ruth Spitzenpfeil ist Kulturredaktorin der «Südostschweiz» und betreut mit einem kleinen Pensum auch regionale Themen, die sich nicht selten um historische Bauten drehen. Die Wahl-St.-Moritzerin entschloss sich nach einer langen Karriere in der Zürcher Medienwelt 2017, ihr Tätigkeitsfeld ganz nach Graubünden zu verlegen. Mehr Infos

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