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Auf einen Schlag(er) sind alle Experten

28.09.17 - 06:22 Uhr
Kultur
Kommentar
Die Unterhaltungsmaschinerie Schlager läuft auf Hochtouren.
Die Unterhaltungsmaschinerie Schlager läuft auf Hochtouren.
YANIK BÜRKLI

Die einen lieben den Schlager, die anderen würden ihn am liebsten mit dem Zug nach Nirgendwo schicken. Dazwischen gibt es nichts. Es sei denn, die Churer Schlagerparade ruft. Denn wer lässt sich schon die Chance auf Fasnacht im September entgehen? Eben. Das erklärt auch die überzogenen Kostüme, die gerne an der Parade getragen werden. Viele wissen es schlicht nicht besser. Bald singt Batman vom knallroten Gummiboot.

Sich vor der Parade ein wenig mit dem deutschen Schlager zu befassen, würde manchem Besucher gut tun. Oder könnt Ihr zum Beispiel folgende Fragen beantworten?

Der Schlager ist per Definition ein Hit. Ein leicht eingängiges Gesangsstück der Popmusik mit oft deutschsprachigen, simplen, manchmal auch sentimentalen Texten. Zu Letzteren zählt Christian Anders' «Es fährt ein Zug nach Nirgendwo». Der Song handelt vom Betrügen, davon, dass er es mit seiner grossen Liebe verspielt hat – und leidet. Vor diesem Hintergrund ist es höchst irritierend, wenn Jahr für Jahr spätabends nach der Schlagerparade von «Schlagerbegeisterten» dieses Lied angestimmt wird – frohlockend.

Überhaupt herrscht in der Schlagerszene nicht nur eitel Sonnenschein. Dem steilen Aufstieg der Künstler folgte oft der tiefe Fall. Viele Stars wie Roy Black und Rex Gildo trieb der Ruhm in den Tod. Andere wiederum lebten über ihren Verhältnissen. Matthias Reim («Ich bin ein Suchtmensch») häufte sich trotz seines 90er-Mega-Hits «Verdammt ich lieb' dich, ich lieb' dich nicht» einen Schuldenberg von 13 Millionen Euro an. Er konnte den Schuldensumpf immerhin trockenlegen.

Der Schlager schrieb und schreibt viele Geschichten. Er ist trotz einfach gestrickter Hits viel zu komplex, als dass er für einen einmaligen Karneval herhalten muss. Die Schlagerparade ist eine echte Churer Errungenschaft. Sie verdient ihre Besucher. Und die sollen ihren Spass haben, die Freude am Leben und Schlager geniessen. Aber nicht, ohne den Schlager und ihre Stars auch zu würdigen. Und zwar mit Interesse – und mehr als nur einen Tag lang.

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Als 47er Jahrgänger stört es mich, weil wir so wie ca. 70 % der Mitlaufenden, gar nie angezogen waren. So gehe ich lieber an Fasnacht an den Umzug, da kann man sich Kostümieren wie man will und liegt nicht daneben.

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