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Ihr dürft mich «Hotel des Jahres» nennen

Ich habe einen Preis gewonnen, juhui! Gault Millau hat mich zum besten Schweizer Hotel 2018 ernennt. Mit diesem Titel wurden schon das Zürcher Nobelhotel «Dolder Grand» und das schicke «Park Hotel Vitznau» in Luzern gekürt. Tja, und jetzt bin ich, das Hotel Kulm aus St.Moritz, an der Reihe. Na, wer möchte mich nun näher kennenlernen?

28.08.17 - 12:25 Uhr
Leben & Freizeit

Ha, wer (ausser mir selbst) hätte gedacht, dass ich, ehemals kleine Pension in St. Moritz, einmal dermassen fest im Glanz erstrahle und den Titel «Hotel des Jahres 2018» trage? Kaum zu glauben, aber wie viele anderer Weltstars habe auch ich anfänglich noch kleine Brötchen gebacken. An dieser Stelle gebührt meinem Gründer Johannes Badrutt und seiner Frau Maria ein herzliches Dankeschön. Ohne sie wäre ich heute nicht das, was ich bin, nämlich das tollste Hotel des Jahres (*hehehe*).

Papa Johannes hatte im Jahr 1856 etwas in mir gesehen… Und das, meine Freunde, war POTENZIAL! Jawohl. Ich schäme mich nicht, wenn ich Euch sage: Damals war ich ein Nichts. Eine kleine Pension namens «Faller», gerade mal 12 Zimmer gross und läppische 200 Franken wert. Papa Johannes hat trotzdem an mich geglaubt, mich gekauft und mich wenige Jahre später mit neuen Zinnen und Türmen ausgestattet. Hach, seit da sehe ich aus wie ein kleiner Palast. Das behaupte nicht ich, das sagen die Leute, wenn sie an mir vorbei laufen, ich schwör!

So hat mein Gründer Johannes Badrutt ausgesehen. Nice to know: Er ist als Hotelpionier in die Geschichte eingegangen.
So hat mein Gründer Johannes Badrutt ausgesehen. Nice to know: Er ist als Hotelpionier in die Geschichte eingegangen.
KULM HOTEL ST.MORITZ

Papa Johannes war allgemein ein gewiefter Kerl. Im Jahr 1864 schloss er eine Wette ab, die es in sich hatte. Das war so: Unsere britischen Stammgäste ergriffen immer gleich die Flucht, sobald der Sommer vorüber war. Wahrscheinlich hatten sie Angst, dass sie frieren könnten. Frieren, was ist das, fragen wir eingefleischten Bündner uns da, oder? Ich meine, im Winter zittern wir doch nur vor Wut, weil es nicht noch kälter ist! Haha gell? Gell?! Sorry, den habe ich von einem Hotelgast aufgeschnappt, aber Ihr merkt, ich schweife ab.

Also da war diese Wette: Johannes Badrutt sagte seinen britischen Stammgästen, sie sollen mal den Winter bei uns verbringen, und wenn es ihnen nicht gefalle, dann erstatte er ihnen die gesamten Aufenthaltskosten zurück. Ein verrückter Hund, dieser Papa Johannes. Die Gäste reisten zu Weihnachten an und blieben bis Ostern. Hui, Ihr hättet sie sehen sollen, das wäre ein Bild fürs Familienalbum gewesen: Braun gebrannte, glückliche und gesunde Pfundskerle wurden sie während des Winters bei uns in St. Moritz. Seither bin ich das ganze Jahr hindurch beliebt (Jackpot!).

Mit seiner historischen Wette legte Johannes Badrutt den Grundstein für den Wintertourismus.
Mit seiner historischen Wette legte Johannes Badrutt den Grundstein für den Wintertourismus.
KULM HOTEL ST.MORITZ

Danach ging es richtig rund. Im Jahr 1878 verpasste mir der Architekt Nicolas Hartmann einen neuen Westflügel. Dazu gab es vom Papa spendiert hübsche neue Toiletten, hydraulische Aufzüge, Heizungen, Ventilatoren – einfach alles, was ein kleines Hotelherz höher schlagen lässt. Für Weihnachten setzte Papa Johannes noch einen drauf. Gemeinsam mit seinem Sohn besuchte er die Weltausstellung in Paris, wo die ersten Lampen ausgestellt wurden. Nach seiner Rückkehr liess er sofort ein Wasserkraftwerk bauen. Und pünktlich zu Weihnachten erstrahlte ich zum ersten Mal in elektrischem Licht. Das erste elektrische Licht in der Schweiz, überlegg! Was für ein Fest, was für ein Geschenk, ich werde das nie vergessen.

Ich will ja nicht angeben, aber eigentlich war ich allgemein sehr trendy unterwegs: 1889 wurde das erste öffentliche Telefonnetzwerk der Schweiz mit 24 lokalen Verbindungen bei mir installiert, man soll ja schliesslich mit der Zeit gehen. Ausserdem, aber das sieht man mir wahrscheinlich an, war ich schon lange vor dem jugendlichen Fitnesswahn und Körperkult ziemlich sportlich.

1880 wurde der St. Moritzer Curling Club auf meinem Gelände gegründet. 1891 folgte der Bau des Olympia Bob Run. Ihr wisst schon, die einzige erhaltene Natureisbahn auf der ganzen Welt! Hier werden Weltcuprennen ausgetragen und finden Olympische Spiele statt. Spätestens seit damals kommen mich wohlhabende Gäste aus der ganzen Welt besuchen. Sie lassen sich in einem meiner inzwischen 172 Zimmern ins federweiche Bett fallen, entspannen sich im Wellnessbereich direkt am See und trotzdem mitten in den Bergen (wenn Ihr versteht, was ich meine), oder sie verköstigen sich in einem meiner 7 verschiedenen Restaurants. Ups, jetzt habe ich doch noch ein bisschen angegeben.

Aber hey, ich mein ... sogar im Ausland wird über mich berichtet:

Die Auszeichnung wird in St. Moritz gefeiert.
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