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Kinderbuchautorin Monika Liechti: «Unbequeme Gefühle brauchen Mut»

Monika Liechti zog von Hongkong nach Graubünden und legt ein Kinderbuch vor, das Mut macht für anstehende Herausforderungen.

Bündner Woche
21.02.24 - 04:30 Uhr
Graubünden
Nicht aufgeben: Davon und von Mut und Neugier handelt das Buch von Monika Liechti.
Nicht aufgeben: Davon und von Mut und Neugier handelt das Buch von Monika Liechti.
Bilder zVg

von Urs Heinz Aerni

Frau Liechti, Ihr erstes Kinderbuch liegt nun in den Buchhandlungen. Es ist in Hongkong entstanden, wo Sie lebten und nun wohnen Sie in Maladers. Wie das?

Monika Liechti: Die zweite Hälfte unserer Zeit in Hongkong lebten wir auf der grössten Insel der Millionenstadt, wo sich frei lebende Wasserbüffel und Kühe am Strand gute Nacht sagen. Die unmittelbare Nähe zur Natur gefiel uns. Der Schritt zurück in die Schweiz nach fast zehn Jahren in Asien war ein grosser. Wir suchten einen Ort, welcher zu kreativem Schaffen einlädt und der über der Nebelgrenze und in der Nähe einer Stadt liegt. Das alles fanden wir in Maladers.

Im Buch, das Sie zusammen mit Alison Stephen, einer Illustratorin aus Kalifornien, gestaltet haben, geht es um ein Mädchen und den Mut, die Neugier und den Willen, nicht aufzugeben. Wie dringend sehen Sie diese Themen für unsere Kinder und Jugendliche heute?

Sie sind essenziell. Die heutigen Kinder und Jugendlichen wachsen in einer Zeit auf, in der Veränderung und die damit einhergehenden Unsicherheiten die einzigen Konstanten sind. Die Ergebnisse, welche Unicef nach der Corona-Pandemie in ihrer Studie zur psychischen Gesundheit unserer Jugend im November 2021 veröffentlichte, sind alarmierend. Besonders der Aspekt, dass fast ein Drittel der Befragten mit niemandem über ihre Probleme spricht. Zu viele sind damit überfordert, Suizidgedanken kommen gehäuft vor.

Und bei uns, im lauschigen Graubünden?

Es geht in eine ähnliche Richtung, das deutet die im letzten Jahr veröffentlichte Befragung zu Gesundheit und Verhalten der Churer Jugend. Es gilt unter anderem, Schutzfaktoren zu stärken.

Haben Sie ein Beispiel?

Einer davon ist, einen hilfreichen Umgang mit Emotionen zu erlernen. Es braucht Mut, neugierig zu sein und unbequemen Gefühlen nachzuspüren, sie zu benennen, sie verstehen zu lernen, sie wertzuschätzen als Teil von mir. Zu entdecken, dass ich mich entscheiden kann, wie ich auf meine Emotionen antworten will. Wir Erwachsenen sind gefragt, Ansprechpartnerinnen und -partner zu sein, bei denen sich die Kinder und Jugendlichen sicher, gesehen, ernst genommen und unterstützt fühlen. Die schwierigen Momente, welche wir mit ihnen aushalten, stärkt sie. Sie helfen Kindern und Jugendlichen, im Leben dranzubleiben und Neues zu wagen.

Die Geschichte wird in klarer Sprache und in poetischen Bildern erzählt. Auch eine Liebeserklärung an das schöne Buch?

Ja, definitiv. Sprachliche Klarheit ermöglicht es, das Wesentliche der Geschichte einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen. Die poetischen Bilder regen die Fantasie an und widerspiegeln tiefere, oft unausgesprochene Emotionen und Gedanken. In einer Welt, die zunehmend von digitalen Medien dominiert wird, ist es unser Ziel, die Schönheit und Beständigkeit des gedruckten Buches zu feiern – ein Medium, das nicht nur Informationen, sondern auch eine sinnliche Erfahrung und eine tiefe, persönliche Verbindung bietet.

Monika Liechti lebt mit ihrer Familie in Maladers.
Monika Liechti lebt mit ihrer Familie in Maladers.
Bild zVg

Gerade haben wieder PISA-Studien gezeigt, wie es um die Lese- und Schreibkompetenz der Jugendlichen bestellt ist. Wie sehen Sie die Entwicklung der Digitalisierung und ihren Einfluss auf unser Sprachgefühl?

Die Digitalisierung beeinflusst das Sprachgefühl deutlich. Einerseits führt sie zu verändertem Leseverhalten, da wir vermehrt digitale und oft kürzere Texte konsumieren. Andererseits fördern soziale Medien eine informellere und verkürzte Sprachnutzung. Dies kann zu einer grösseren sprachlichen Flexibilität und Kreativität beitragen, gleichzeitig kann die Fähigkeit schwinden, komplexe Sachverhalte auszudrücken und zu verstehen. Digitale Geräte bieten oft Korrekturhilfen wie Autokorrektur und Rechtschreibprüfung.

Was für viele Userinnen und User eine Erleichterung ist …

Diese Tools können einerseits hilfreich sein, andererseits aber auch dazu führen, dass Jugendliche weniger Übung im eigenständigen Schreiben und Korrigieren bekommen. Die Digitalisierung ermöglicht jedoch auch einen einfacheren Zugang zu Informationen und Lernressourcen, was die Sprachkompetenz positiv beeinflussen kann. Bildungssysteme stehen vor der Herausforderung, Strategien zu entwickeln, die sowohl digitale als auch grundlegende Lese- und Schreibfähigkeiten fördern.

Sie möchten mit dem Buch auch das Selbstwertgefühl und die Offenheit zu anderen Kulturen sowie Freundschaften fördern. Woher rühren die Verunsicherungen der jungen Menschen in solchen Bereichen?

Die Faktoren sind vielfältig. Sie reichen von den Einflüssen der sozialen Medien, die oft zu unrealistischen Vergleichen führen, über die Herausforderungen einer globalisierten, kulturell vielfältigen Welt bis hin zu schnellen Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur. Auch die digitale Kommunikation, die zunehmend persönliche Interaktionen ersetzt, sowie Bildungssysteme, die nicht immer soziale und emotionale Kompetenzen fördern, tragen dazu bei.

Wo sehen Sie die Herausforderungen?

Wir sind gefordert, jungen Menschen die notwendigen Werkzeuge und Perspektiven zu bieten, um sich in dieser komplexen Welt zurechtzufinden und ihre eigene Identität zu schätzen.

Zum Schluss nochmals zu Ihrer Person: Sie leben und wirken nun hier in Graubünden. Wie würden Sie Ihren Lebensraum einem Menschen in Hongkong beschreiben?

Wie auf den Kalenderbildern, einfach besser, weil da auch Menschen sind, welche mein Leben reich machen.

Das Buch: «Das geheimnisvolle Leuchten» von Monika Liechti (Text) und Alison Stephen (Illustration), 55 Seiten, ISBN 978-3-033-10179-1

Monika Liechti, Jahrgang 1975, lebt mit ihrer Familie in Maladers. «Das geheimnisvolle Leuchten» (Originaltitel: «The Mysterious Glow») ist ihre erste Kindergeschichte. Sie entstand in Hongkong, wo Monika Liechti mit ihrer Familie neun Jahre lang zu Hause war.
Ihre persönliche Lebensreise, die vielfältige Berufserfahrung als Pflegefachfrau (Schweiz und Kamerun) sowie Studien im Bereich Interkulturelle Kommunikation und Management, habe ihr ein tiefes Verständnis für die menschliche Erfahrung und die Bewältigung von Herausforderungen gegeben. Als Klassenassistentin, Referentin und Dozentin möchte sie von ihrem reichen Lebensschatz weitergeben und freut sich, dabei selber zu wachsen.

Weitere Informationen: www.monikaliechti.ch

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