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Innovation im Namen

Während die einen am vergangenen Samstag durch die Davoser Natur rannten oder sich im Sägemehl wälzten, nahmen andere den Tag der offenen Tür im Innovation Center Davos (ICD) zum Anlass, die Angebote da besser kennenzulernen.

Barbara
Gassler
04.08.23 - 06:51 Uhr
Ereignisse
Im ICD anzutreffen: Melani Tamborini, Dominik Knaus, Philipp Wilhelm, Diana Martinelli, Barbara Haller-Rupf, Valérie Favre Accola, Rolf Pfister und Markus Windolf.
Im ICD anzutreffen: Melani Tamborini, Dominik Knaus, Philipp Wilhelm, Diana Martinelli, Barbara Haller-Rupf, Valérie Favre Accola, Rolf Pfister und Markus Windolf.
bg

«Es war naheliegend, in Räumlichkeiten, in denen schon immer geforscht wurde, wieder einen Ort der Innovation anzusiedeln», erklärte Landammann Philipp Wilhelm bei der Begrüssung. Dieses Mal sprach er allerdings in seiner Funktion als Vizestiftungsratspräsident des Schweizerischen Forschungsinstituts für Hoch­gebirgsklima und Medizin Davos (SFI) deren bekannteste «Kinder» das Physi­kalisch-Meteorologisches Observatorium Davos und Weltstrahlungszentrum (PMOD/WRC) sowie das Schweizerisches Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF) sind. Nun kommt also noch das ICD dazu. Dieses bietet in der Villa Fontana sowie den Räumlichkeiten an der Oberen Strasse 22 viele Ecken und Winkel, in denen sich junge, aufstrebende Unternehmen und Institute ansiedeln und sich in einer wissenschaftsfreund­lichen Umgebung austauschen können. «Mit dem ICD wollen wir den Forschungsplatz Davos halten, stärken und weiterentwickeln», sagte Wilhelm denn auch. Möglich sei das allerdings nur dank der tatkräftigen Unterstützung durch die ­Region Prättigau/Davos, fügte er dazu. Valérie Favre Accola, Leiterin Regionalentwicklung, wird im Herbst denn auch ein Büro im ICD beziehen.

ETH Studio Davos

Sie begibt sich damit in unmittelbare ­Nähe des ETH Studios Davos, einem von nur vieren weltweit. Die anderen befinden sich in New York, in Kalifornien und in der indischen «Silicon City» Bangalore. Sie bieten Studierenden an der ETH die Möglichkeit, mit den lokalen Instituten an besonderen Projekten zu arbeiten, oder umgekehrt formuliert: Die Institute können bei von ihnen definierten Problemstellungen im Talentpool der ETH nach den besten Köpfen fischen.

Lab 42

Mit solchen arbeitet bereits das Lab 42, das jüngste der in Davos ansässigen Institute. Es forscht zur Entwicklung einer künstlichen Intelligenz, die diesen Namen tatsächlich verdient – im Gegensatz zu den aktuell verfügbaren Datenkraken. Unter anderem arbeitet es auch an einem «SwissGPT». Mit den hier herrschenden deutlich strengeren Datenschutzvorschriften als in den USA hoffe man, auch Unternehmen zu erreichen, die sich den bisherigen «Generative Pretrained Transformern» (GPT) verweigerten, sagte Forschungsleiter Rolf Pfister.

FHGR-Reallabor Davos

Für den Austausch zwischen Chur und der Peripherie sollen wiederum die Reallabore der Fachhochschule Graubünden (FHGR) dienen, von denen es je eines im Bergell, in San Bernardino, der Surselva und jetzt eben auch in Davos gibt. Es gehe dabei um Fragestellungen, die einen wissenschaftlichen Ansatz benötigten, aber zusammen mit Gesellschaft und Politik einer gesamtheitlichen Lösung bedürften, erklärte Co-Leiter Dominik Knaus. «Speziell wollen wir die Digitalisierung nutzen, um zu nachhaltigen ­Lösungen zu kommen – auch in ökonomischer Hinsicht.» Ein Beispiel sei das von der Region unterstützte Programm «Digitalkick». Der Lehrgang soll es Unternehmen oder Verein ermöglichen, im ­digitalen Marketing Fuss zu fassen und dessen Möglichkeiten zu nutzen. «Wir wollen von der lokalen Bevölkerung lernen», ergänzte Co-Leiterin Melanie ­Tamborini. «Das ist für beide Seiten sehr vorteilhaft.» Dabei soll der Zugang zum FHGR-Reallabor sehr niederschwellig sein. Daher steht im ICD ein Briefkasten, in den Wunschkarten mit Problem­stellungen geworfen werden können.

Bios Medical AG

Nach fast 20 Jahren im AO-Forschungslabor machte sich Markus Windolf vor einem halben Jahr mit der Bios Medical AG selbstständig und ist seither im ICD ansässig. Teilweise zumindest, denn zwei der drei Betriebsgründer arbeiten ganz anderswo. Ihr gemeinsames Ziel ist es, einen Sensor zu entwickeln, der bei Hüftoperationen nach einem Bruch als Teil des ohnehin verwendeten Implantats eingesetzt wird. «Bewegung ist extrem wichtig, man kann es sogar als Wunderdroge bezeichnen», erklärte Windolf den Gedanken dahinter. In einer älter werdenden Gesellschaft würden sich solche Brüche multiplizieren und im Anschluss daran sei es für die Betroffenen genau so wie für das Gesundheitswesen enorm wichtig, die Mobilität so rasch als möglich wieder zurückzugewinnen. «Daten zeigen, dass in bis zu 15 Prozent der Fälle das vorherige Mobilitätsniveau nicht mehr erreicht und damit das Gesundheitssystem belastet wird.» Ihre Sensoren würden eine punktgenaue Betreuung auf physischer wie psychischer Ebene ­ermöglichen. «Der Sensor, der das ermöglichen soll, soll aus Davos kommen», stellt sich Windolf vor. Noch liegen allerdings ungefähr drei Jahre Entwicklungszeit vor den Jungunternehmern, bevor sie mit einem Produkt an die Öffentlichkeit treten können, das sich zu einem neuen Standard entwickeln soll.

Di Mind

Ein weiterer Zuzug zum ICD ist Di Mind von Diana und Reto Martinelli. Das in Feusisberg ansässige Unternehmen für persönliche und betriebliche Gesundheitsförderung will in Davos vor allem ihr Programm der Herz-Raten-Variabilität (HRV) weiter vorantreiben. Lange sei HRV nicht ernst genommen worden, ­erzählte Reto Martinelli am Samstag. In Davos seien sie hingegen auf offene ­Ohren gestossen und hätten erfahren, das die Methode im Spitzensport schon lange zur Planung von Training und Ruhezeiten eingesetzt werde. Denn Mithilfe von HRV könne der persönliche Lebensstil visualisiert werden, sagte Martinelli und erzählte von überraschenden Resultaten. «In einem Fall stellten wir fest, dass eine Person ausgerechnet beim Yoga am meisten gestresst war.» Er habe schon immer gewusst, dass Yoga nichts für ihn sei, habe der Kunde die Erkenntnis kommentiert, erzählte Martinelli.

Sitzung in den neuen Räumlichkeiten der Academia Raetica.
Sitzung in den neuen Räumlichkeiten der Academia Raetica.
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Academia Raetica

Vor gut einem Monat zügelte auch die Dachorganisation für die Forschung in Graubünden, Academia Raetica, ins ICD. «Unsere Aufgabe ist es, dass Graubünden nicht nur als Ort von Bergen und Natur, sondern auch als einer von Forschung und Innovation wahrgenommen wird», sagte deren Geschäftsführerin Barbara Haller-Rupf und verwies auf die nächsten anstehenden Veranstaltungen der Academia Raetica: «Am 24. August führen wir zusammen mit der Naturforschenden Gesellschaft Davos ein Wissenschafts­café zum Thema ‹Davoser Wasser› durch.»

Der Ruheraum im «Co-Working-Space».
Der Ruheraum im «Co-Working-Space».
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Co-Working-Space

Auch wenn das ICD mit all diesen Angeboten inzwischen gut belegt ist, so bleibt dennoch viel Platz für den «Co-Working-Space» und das «Alpine Office». «Wir verzeichnen inzwischen eine gute Belegung», berichtete Favre Accola gegenüber der DZ. Von Durchreisenden, die für einen halben Tag ein Büro buchten, über Zweitheimische, die dem Kindertrubel in der eigenen Wohnung entgehen wollen, bis zum OK einer der vielen Veranstaltungen in Davos treffe sich hier inzwischen alles. «Wir können geschlossene Büros – sogenannte ‹Alpine Offices› – Gruppenräume für Sitzungen oder den gemeinsamen Raum für die Arbeit am Computer und die gesamte dazugehörige Infrastruktur anbieten.» Dazu käme eine Vielzahl von Räumlichkeiten, in die man sich bei Bedarf zurückziehen könne. «Das Spezielle an unserem ‹Co-Working› ist jedoch, dass man auf Menschen trifft, die ebenfalls im Bereich Innovationen arbeiten und sich daraus spannende ­sowie bereichernde Gespräche und Kontakte ergeben können.»

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