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«Leider fehlte das Interesse»

Es war ein zugleich schwieriger als auch erlösender Gang, den der letzte Vorstand des Frauenbunds Davos am vergangenen Montag antrat: Dem Sozialdienst wurden das Endkapital des Vereins anvertraut.

Barbara
Gassler
23.10.23 - 07:00 Uhr
Ereignisse
Lisa Hasler, Margrit Merz, Anita Compagnoni, Simone Boll und Claudia Lindegger bei der Übergabe des Checks.
Lisa Hasler, Margrit Merz, Anita Compagnoni, Simone Boll und Claudia Lindegger bei der Übergabe des Checks.
bg

Gegründet wurde der Genossenschaftsverein Davos am 1. Juli 1952, vor gut 71 Jahren. Damit hatte der Verein inzwischen fast so viele Jahre auf dem Buckel wie die Mehrzahl seiner Mitglieder. Und genau wie viele Frauen dieser Generation hatte er im Lauf der Jahre immer wieder mal den Namen geändert. Denn nach knapp 20 Jahren wurde aus dem Genossenschaftsverein der Coop Frauenbund. Gute 20 Jahre später war es damit wieder vorbei, und der neue Name lautete nun Konsum Frauenbund. Immer entsprechend der sie finanziell unterstützenden Institutionen. Nachdem diese Geldströme ausgetrocknet waren, wurde 2004 die letzte Namensänderung vorgenommen und die Konsum Immobiliengenossenschaft leistete noch einen jährlich Zustupf. Als Frauenbund Davos bot der Verein mit einem vielseitigen Programm noch immer einen generationenübergreifenden Austausch unter Frauen.

Kontakte ermöglichen

«Es ging auch darum, den Horizont zu erweitern und Neues zu lernen», sagte die letzte Präsidentin, Lisa Hasler, an diesem Montag. Also organisierte der zuletzt vierköpfige Vorstand Vorträge, lud zu Führungen ein, organisierte Workshops oder regte zum gemeinsamen Spielen an. Doch die Beteiligung war einfach nur noch frustrierend für die initiativen Vorstandsfrauen. «Selbst wenn wir die Mitglieder persönlich telefonisch einluden, kam nur eine Rumpfgruppe von rund zehn Personen zusammen», berichtete Anita Compagnoni. «Der Vorstand eingerechnet.» Dies bei einem Mitgliederbestand von gut 100 Personen. «Wir versuchten wirklich alles», erzählte Aktuarin Margrit Merz. «Doch egal, ob wir die Veranstaltung am Abend oder mitten am Tag organisierten, das Interesse blieb gleichermassen gering.» Dabei sei es genau ihre Absicht gewesen, ihren vielfach älteren Mitgliedern eine attraktive Beschäftigungsmöglichkeit anzubieten.

Auflösung beschlossen

Mangelndes Interesse an den Angeboten, keine Freiwilligen für die Vorstandsarbeit, fehlender Nachwuchs und eine generelle Überalterung im Mitgliederbestand. Angesichts dieser Ausgangslage wurde an der von immerhin der Hälfte der Mitglieder besuchten Generalversammlung vom März dieses Jahres die Frage gestellt, ob die Auflösung des Vereins nicht die ehrlichere Lösung sei. Einige wenige enthielten sich der Stimme, die grosse Mehrheit jedoch bejahte die Frage. Also organisierte der Vorstand im Mai noch einmal eine abschliessende Vereinsreise nach Luzern und Hergiswil. «Kostenlos für alle unsere Mitglieder, denn mit ihrem Jahresbeitrag hatten sie die Kasse jahrelang geäufnet», erklärt Hasler. «Doch selbst bei dieser letzten Reise gab es noch Reklamationen bezüglich des Programms», äussert Kassierin Claudia Lindegger ihren Frust. Am 23. August gab es eine allerletzte ausserordentliche Generalversammlung, an der die sofortige Auflösung des Vereins beschlossen wurde. Nach einem letzten gemeinsamen Nachtessen blieb noch ein Restkapital von rund 2800 Franken übrig. Den Statuten entsprechend, die eine Weitergabe an eine Institution in Davos verlangten, wurde als Empfänger des Geldes der ­Sozialdienst der Gemeinde bestimmt.

Spielenachmittag bleibt

So kam es eben zu diesem letzten, geschichtsträchtigen Gang. «Ich danke für dieses tolle Geschenk», nahm Simone Boll, Leiterin Sozialdienst, den Betrag mit Freude entgegen. «Wir werden ihn für sogenannte ‹Working Poor› einsetzen. Das sind Menschen, bei denen das Geld trotz Erwerbsarbeit oft nicht bis zum Monatsende reicht.» Dort würden sie den Fokus auf Familien legen. «Damit Kinder nicht Bauschmerzen vorgeben müssen, weil sie sonst als Einzige ohne Geschenk beim Geburtstagsfest des ‹Gspänli› erscheinen müssten.»

Bei aller Enttäuschung über das Ende des Vereins, eine Errungenschaft bleibt. Jeweils am ersten und dritten Montag im Monat hatte man sich jeweils von 14 bis 16 Uhr im Restaurant Dörfji zum gemeinsamen Spielen getroffen. Das soll auch zukünftig so bleiben. «Dieser Spielenachmittag ist ein Selbstläufer und nach wie vor sehr beliebt», sagt Hasler. «Wer mag, bringt einfach ein Spiel mit und findet dann sicherlich Gleichgesinnte.»

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