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Uzner Wirt empört mit Mohrenkopf-Post

Vor dem Hintergrund der laufenden Mohrenkopf-Debatte hat der Wirt der «Vertigo Bar» in Uznach damit geworben, dass es bei ihm zu jedem Negroni einen Gratis-Mohrenkopf gibt. Der Online-Post sorgte für grossen Wirbel.

Christine
Schibschid
24.06.20 - 09:31 Uhr
Ereignisse
Dieser Post sorgte für Empörung.
Dieser Post sorgte für Empörung.
SCREENSHOT INSTAGRAM

Es sei ihm bewusst gewesen, dass es ein frecher Post sei, der Diskussionen auslöse, sagt der Wirt der Uzner «Vertigo Bar». Mit der Reaktion, die sich dann einstellte, habe er aber nicht gerechnet. Mario Gehr hatte in den Sozialen Medien Facebook und Instagram am 12. Juni ein Bild von dem Drink Negroni und einem Mohrenkopf gepostet. Dazu schrieb er: «Zu jedem Negroni ein gratis Mohrenkopf».

Die positiven Reaktionen darauf waren vor dem Hintergrund der aktuellen Demonstrationen gegen Rassismus und die Debatte über die Bezeichnung Mohrenkopf eher dünn gesät. «Du bisch de Bescht», schrieb eine Frau, der das Thema offenbar sehr wichtig ist. Ihr Profilbild besteht aus einem Schweizerkreuz, einem sogenannten Mohrenkopf der Firma Dubler und dem Schriftzug «Je suis Dubler».

Die meisten anderen Kommentatoren waren weniger begeistert. Gehr wurde mit Kritik nur so überschüttet. Auf Google und Facebook hagelte es schlechte Bewertungen für seine Bar «Sehr rassistische Mitarbeiter, kann ich nicht empfehlen», hiess es etwa. Oder: «In diesem Lokal gehören rassistische Äusserungen zur Tagesordnung. Das Rassisten-Willkommen-Schild fehlt draussen noch.» Dadurch, dass der Wirt negative Kommentare löschte und Personen blockierte, brachte er die Menschen noch mehr gegen sich auf. «Dir sit eifach nur gschmacklos!! Obwou dir wüsset, wie viu Lüt das Wort verletzt, ga so scheiss Witzli mache und denn nidemau mit de Konsequänze läbe sondrn aui ga blockiere ... Trurig!», schrieb ein wütender User.

«Wir wollen eine Entschuldigung»

Mitverantwortlich dafür, dass es zu der grossen Empörung kam, ist die Bewegung Black Lives Matter (BLM) Switzerland (Schwarze Leben zählen), wie Mitglied Nina Müller aus Zürich sagt. «Wir sind am Montag im Laufe des Tages mehrfach von Instagram-Nutzern auf den Post hingewiesen worden und haben ihn dann mit dem Kommentar ‘Seriously?’ in unsere Instagram-Story genommen.»

Das schuf grosse Öffentlichkeit. Danach dauerte es laut Müller etwa zwei Stunden, bis die Bar den Beitrag löschte. «Uns reicht das aber nicht, wir wünschen eine Entschuldigung oder eine Erklärung. Wir wollen nicht mehr alles tolerieren», sagt Müller.

Wirt Gehr schätzt, dass er bei Instagram etwa 1500 Kommentare zu seinem Post bekommen hat. «Ich bereue es nicht, dass ich viele davon gelöscht habe. Sie waren teils beleidigend, das müssen wir uns nicht antun», sagt er. Anfangs habe er nur Beleidigungen von «Idioten», und «Kotzbrocken» gelöscht, später den ganzen Post.

Kontakt zu Google aufgenommen

Bezüglich der negativen Google-Bewertungen habe er bereits Kontakt mit dem Unternehmen aufgenommen. «Sie sollen die Qualität einer Bar bewerten und nicht aus einem Shitstorm heraus beleidigende Bewertungen machen», sagt Gehr. Die Pressestelle von Google verweist auf die Richtlinien für Google Maps. Dort heisst es zu Rezensionen: «Ihre Inhalte sollten Ihre wirklichen Erfahrungen am jeweiligen Ort widerspiegeln und nicht nur gepostet werden, um die Bewertung zu manipulieren.» Eine Einrichtung könne melden, wenn Rezensionen publiziert würden, die den Richtlinien widersprächen. «Eingereichte Richtlinien-Verstosse werden geprüft und im Fall eines tatsächlichen Verstosses entfernt», teilt Google mit.

Tatsächlich waren gestern Nachmittag nur noch fünf aktuelle Bewertungen mit einem von insgesamt fünf Sternen auf der Google-Seite der «Vertigo-Bar» zu finden. Noch am Morgen waren es viele mehr gewesen. Auch Kommentare zu Gehrs Post waren bei Google keine mehr zu sehen.

Bei Facebook waren noch etliche negative Bewertungen zu lesen. Dort gelten aber ähnliche Regeln wie bei Google. Unter anderem könnten Bewertungen gemeldet werden, die sich nicht auf die Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens bezögen, teilt Facebooks Presseagentur mit. Die Meldungen würden überprüft und gegebenenfalls entfernt.

Dass Bewertungen gelöscht wurden, kam bei den Usern nicht gut an. «Da meine Bewertung gelöscht wurde, bewerte ich halt einfach nochmals neu», schrieb eine Facebook-Nutzerin. «Diese Bar posted öffentlich rassistische Inhalte und löscht sie dann wieder. Zudem lässt sie jegliche negative Kommentare wieder löschen», schrieb sie weiter.

Wirt bereut nichts

Trotz all der Aufregung – der Wirt der «Vertigo Bar» bereut seinen Post nicht. «Wir sehen hinter diesen Begriffen keinen rassistischen Hintergrund. Die Wörter werden hochstilisiert», findet Gehr. «Manche Leute wollen alles abschaffen, das irgendeine problematische Bedeutung haben könnte, die wir nicht sehen.» Darauf habe er mit seinem Post hinweisen wollen. «Die Leute haben ein Problem, was in meinen Augen keins ist.» In seinem Lokal seien alle Nationalitäten herzlich willkommen.

BLM Switzerland steht in der Mohrenkopf-Debatte auf einem anderen Standpunkt. «Nehmt doch Rücksicht», fordert Müller im Namen der Bewegung. Das fange dabei an, ein Wort nicht zu benutzen, wenn es andere verletze. «Es geht nicht um dein persönliches Empfinden, sondern darum, was andere empfinden», unterstreicht sie.

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