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An vielen Schweizer Schulen herrscht buchstäblich dicke Luft

Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ist die Luftqualität in zwei Dritteln der Schulzimmer ungenügend. In die Studie miteingeflossen sind auch Daten aus Graubünden. Wegen der schlechten Luft sinkt die Konzentrationsfähigkeit der Schüler, Asthmatiker leiden stärker unter den Krankheitssymptomen.

Simone
Zwinggi
07.03.19 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Schule
Rund ein Drittel der Schweizer Schulzimmer werden schlecht gelüftet und es herrscht oft schlechte Raumluft vor.
SYMBOLBILD/ARCHIV

0.04 Prozent oder 400 ppm (parts per million) beträgt der durchschnittliche Anteil an Kohlendioxid in der Luft, wenn wir uns im Freien aufhalten. Befinden sich 20 Personen über mehrere Stunden in einem Raum, der nicht ausgiebig gelüftet wird, steigt dieser Wert bald einmal auf 0.2 Prozent an. Was auf den ersten Blick nach wenig klingt, kann bereits spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit haben: Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, Kopfschmerzen und Müdigkeit treten auf, Asthmatiker leiden vermehrt unter ihren Krankheitssymptomen. Das besagt ein Themenblatt des BAG zur Luftqualität in Schulzimmern.

Massive Überschreitung in einem der Schulzimmer

Der Anlass, über die Luftqualität in Schweizer Schulzimmern zu reden, ist eine Studie des BAG. In 100 Schulzimmern in insgesamt 96 Schulen in den drei Kantonen Bern, Graubünden und Waadt hat das BAG in den Heizperioden 2013/14 und 2014/15 repräsentative Daten dazu erhoben. Zwei Drittel der Schulzimmer wiesen dabei eine ungenügende Luftqualität auf. «Das heisst, sie überschritten während mehr als zehn Prozent der Schulzeit die hygienische Grenzwertempfehlung von 0.2 Prozent Kohlendioxid in der Raumluft», erklärt Claudia Vassella von der Fachstelle Wohngifte des BAG. Weiter hätten die Resultate gezeigt, dass in 30 Prozent der Schulzimmer während 30 Prozent der Schulzeit der hygienische Grenzwert überschritten wurde, in zehn Prozent der Zimmer gar während der Hälfte der Schulzeit. «Und in einem Schulzimmer wurde dieser Wert gar während 90 Prozent der Zeit überschritten», so Vassella.

Über die genauen Standorte der Schulzimmer darf Vassella keine Auskunft geben. Nur so viel: «Von jedem der drei Kantone wurden sechs bis sieben Gemeinden berücksichtigt. Insgesamt zeigen die Standorte der Schulen ein repräsentatives Abbild der Schweiz.» Will heissen, dass sich, neben anderen Kriterien, ein Viertel der Schulzimmer in Gemeinden mit 2000 bis 5000 Einwohnern befindet, weil ein Viertel aller Schweizer Gemeinden so viele Einwohner hat.

Lüften ist das A und O

Ob sich ein Schulzimmer nun auf dem Land oder in der Stadt befindet, spiele für die Luftqualität während des Unterrichts keine entscheidende Rolle, sagt Vassella. «Den grössten Einfluss auf die Luftqualität hat vielmehr die Art des Lüftens.» Werde zu wenig regelmässig und zu wenig effizient gelüftet, verschlechtere sich die Luftqualität. Es gelte die Grundregel, alle Fenster komplett zu öffnen und lange genug geöffnet zu lassen. Dies verhindern können dabei ganz banale Dinge, wie das BAG in seinen Empfehlungen schreibt: Stehen zum Beispiel Dinge auf dem Fenstersims rum, kann man das Fenster nicht richtig öffnen. Entsprechend länger dauert es, bis ein kompletter Luftaustausch stattgefunden hat und die Luftqualität wieder gut ist.

Auch Bauherren sind gefordert

Als Reaktion auf die schlechte Luftqualität in den Schulzimmern kann das BAG vor allem eines machen: Empfehlungen abgeben. «Ob und wie unsere Empfehlungen umgesetzt werden, liegt in den Händen der Schulen, Gemeinden und Kantone», so Vassella. Für die Lehrer hat das BAG neben den Tipps fürs richtige Lüften einen Lüftungssimulator erstellt. Bei dieser Software müssen neben dem Raumvolumen die Anzahl Personen sowie Stundenplan, Anzahl und Dauer der Lektionen eingetragen werden. Der mit diesen Daten erstellte Lüftungsplan zeigt dann, wie sich die Luftqualität im Verlaufe des Tages verändert, wenn man regelmässig in den Pausen lüftet. Anders gesagt: Wie oft und wie lange gelüftet werden sollte, damit die Luft gut bleibt.

Aber nicht nur für die Lehrer und Schüler, sondern auch für die Bauherren künftiger Schulzimmer hat das BAG Empfehlungen erarbeitet. Dort sind neben den Studienresultaten Informationen zur optimalen Raumgestaltung und zu möglichen Lüftungssystemen festgehalten.

Weltweit ein Thema

Dass die Luftqualität in den Schulzimmern aktuell ein Thema in der Schweiz ist, schreibt Vassella dem Zeitgeist zu. «Man erwartet heute etwas Anderes von der Schule als früher. Auch, weil heut die negativen Auswirkungen verbrauchter Luft auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit wissenschaftlich belegt sind.» Die Schüler sollen ideale Lernvoraussetzungen haben. «Und wenn man weiss, dass sich schlechte Luft negativ auf die Leistungen der Schüler auswirkt, möchte man das verändern», so Vassella. Zudem werde das Thema derzeit nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern aufgegriffen.

Simone Zwinggi ist Redaktorin bei Zeitung und Online. Nach einem Sportstudium wendete sie sich dem Journalismus zu. Sie ist hauptberuflich Mutter, arbeitet in einem Teilzeitpensum bei der «Südostschweiz» und hält Anekdoten aus ihrem Familienleben in regelmässigen Abständen im Blog Breistift fest. Mehr Infos

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Was heisst da, in den Schulzimmern herrscht dicke Luft?Die Lehrpersonen können die Fenster öffnen und schliessen wie sie wollen.da muss man jetzt kein Drama daraus machen.Das sagt ein ehemaliger Schulabwart.

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