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«Ich denke fast täglich an den Flug»

Wie der von Krankheiten geprägte Kurt Schiesser-Iseli dank dem Südostschweiz-Christkind zum ersten Mal in seinem Leben Helikopter flog.

Patrick
Kuoni
06.11.18 - 08:27 Uhr
Ereignisse

Kurt Schiesser-Iseli hatte definitiv kein einfaches Leben. Der inzwischen 74-Jährige leidet seit bald 50 Jahren an der Krankheit Multiple Sklerose (Erkrankung des Nervensystems). Doch damit nicht genug: Vor gut sieben Jahren ist der im glarnerischen Netstal wohnhafte Schiesser auch noch an Krebs erkrankt.

Seine Frau Ruth wollte ihm aufgrund seines Schicksals einen besonderen Tag bescheren und bewarb sich im November 2017 beim Südostschweiz- Christkind, das übrigens auch 2018 wieder Wünsche erfüllt. Sie tat dies mit Erfolg. Und so erhielt Schiesser Mitte Dezember des letzten Jahres überraschenden Besuch.

Helikopter statt Weihnachtsmarkt

Der 74-Jährige erinnert sich: «Wir hatten an diesem Tag mit Freunden abgemacht, um an den Weihnachtsmarkt in Einsiedeln zu gehen.» Dies hatte ihm seine Frau zumindest im Vorfeld erzählt. «Als es an der Türe klingelte, bastelte ich gerade in meinem Büro.» Seine Frau habe deshalb die Haustüre aufgemacht. Ganz plötzlich sei dann das Südostschweiz-Christkind – in Person von Andres Hartmann – plus Journalisten mit Kameras sowie einem Fotografen am Eingang seines Büros gestanden. «Ich war sehr erstaunt über diesen Besuch.»

Hartmann habe ihn nach seinen grössten Wünschen ans Christkind gefragt. Schiesser nannte ihm zwei. «Ich sagte, dass ich schon immer einmal in einem grossen Lastwagen mitfahren und in einem Helikopter fliegen wollte.» Zweiteres aus einem speziellen Grund, wie er erzählt: «Da wir in der Nähe des Flugplatzes Mollis wohnen, fliegen immer wieder Helikopter und Flugzeuge über unser Haus in Netstal.» Was Schiesser zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Auch er selber würde bald in einem Helikopter über das eigene Haus fliegen.

Gefakte Strassensperre

Nachdem Schiesser sich – wie von Hartmann gewünscht – warm angezogen hatte, begab er sich gemeinsam mit seinem Besuch nach draussen, wo gerade ein Lastwagen um die Ecke bog. In diesem durfte Schiesser dann Platz nehmen. Doch die Verwirrung des Glarners wuchs nach kurzer Fahrt weiter an: «Bereits im nächsten Dorf nordwärts schwenkte der Lastwagen nach rechts ab. Ich wusste, dass es auf diesem Weg zurück nach Netstal geht und dachte mir schon, das sei jetzt aber eine kurze Fahrt gewesen.

Der Lastwagen wurde schliesslich aber von einer Frau in gelber Weste gestoppt und zum Wenden aufgefordert. Der Chauffeur des Lastwagens fuhr scheinbar aufgrund dieser Anweisung rückwärts auf den Parkplatz des Flugplatzes Mollis. Auch zu diesem Zeitpunkt war Schiesser noch nicht klar, was folgen würde: «Ich weiss noch, dass ich den Chauffeur des Lastwagens gefragt habe, was sie nun mit mir vorhätten.» Dann fiel der Groschen bei Schiesser: «Als ich den Helikopter im Hintergrund erblickte, schlug mein Herz gleich schneller.» Wenig später hob Schiesser zum ersten Mal in seinem Leben ab. «Es war ein wunderbarer Flug über die verschneite Bergwelt, und am Ende hat mich der Pilot dann fast vor der Haustüre abgesetzt. Noch heute denke ich fast täglich an den Flug», sagt Schiesser «Wenn ein Helikopter über unser Haus fliegt, sage ich manchmal zu meiner Frau: Das war jetzt sicher mein Helikopter.»

Lebensfroh trotz viel Leid

Nach wie vor zeigt sich der 74-Jährige dankbar für die Erfüllung seiner Wünsche: «Es war ein toller Tag. Auch die Medienschaffenden waren sehr zuvorkommend und haben sich alle Mühe gegeben, mir einen schönen und stressfreien Tag zu ermöglichen», erzählt Schiesser.

Der 74-Jährige wirkt während des Rückblickes auf seinen Helikopterflug trotz seiner heftigen Krankheitsgeschichte sehr lebensfroh. Darauf angesprochen meint er: «Ich versuche, das Beste aus meiner Situation zu machen. Als Zeitvertreib mache ich beispielsweise sehr gerne Musik.» Und es bringe ihm nichts, wenn er ständig schimpfe. Ausserdem komme er mit der Multiplen Sklerose inzwischen gut zurecht. Mühe mache ihm mehr der Kampf gegen den Krebs und die zugehörigen Nebenwirkungen. Aktuell bleibt ihm aber sogar das Musizieren verwehrt. Schiesser steht aufgrund einer Schulteroperation ein Spitalbesuch bevor.

Und nun seid Ihr dran:

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Patrick Kuoni ist Redaktor und Produzent bei Südostschweiz Print/Online. Er berichtet über Geschehnisse aus dem Kanton Graubünden. Der Schwerpunkt seiner Berichterstattung liegt auf den Themenbereichen Politik, Wirtschaft und Tourismus. Wenn er nicht an einer Geschichte schreibt, ist er als einer der Tagesverantwortlichen für die Zeitung «Südostschweiz» tätig. Patrick Kuoni ist in Igis (heutige Gemeinde Landquart) aufgewachsen und seit April 2018 fester Teil der Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos

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