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Die Gefahr ist geblieben

Der Bergsturz am Pizzo Cengalo hat das Leben von Bruno Clalüna schlagartig verändert. Beim zweiten Murgang ist die Werkstatt seiner Schreinerei in Bondo unter Schlamm und Schutt begraben worden.

23.08.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Die Schäden an der Werkstatt von Bruno Clalüna sind ein Jahr danach noch zu sehen.
Die Schäden an der Werkstatt von Bruno Clalüna sind ein Jahr danach noch zu sehen.
ANNALISA DE VECCHI

Nein, diesen Tag wird Bruno Clalüna nie vergessen. Am 25. August 2017, zwei Tage nach dem Bergsturz am Pizzo Cengalo, wurde die Werkstatt seiner Schreinerei in Bondo von einer Schlammlawine erfasst. Sie begrub die drei Lagerräume, einen Teil der Werkstatt und Holz im Wert von mehreren Hunderttausend Franken unter sich. Zum Zeitpunkt des Unglücks war Clalüna nicht in Bondo. Am Abend sah er dann das zerstörte Gebäude, welches für ihn und 30 Mitarbeiter bisher die Existenz garantierte. Damals konnte sich Clalüna nicht vorstellen, je wieder in Bondo produzieren zu können. Heute wird in der Werkstatt wieder gearbeitet. Das Team ist allerdings mit 20 Personen um einen Drittel geschrumpft, und die Werkstatt ist immer noch ein Provisorium.

Die Gebäudeversicherung zahlt

Clalüna blickt auf ein schwieriges Jahr zurück. Fünf Monate lang war sein Betrieb praktisch eingestellt. «Wir konnten zwar in einer anderen Schreinerei weiterarbeiten, aber nur mit wenigen Mitarbeitern», sagt Clalüna. Die Verluste wegen der Ausfälle habe er nicht wieder einnehmen können. Immerhin scheint die Werkstatt entgegen den ersten Befürchtungen nicht verloren zu sein. Ende Februar konnten die Mitarbeiter ihre Arbeit in Bondo wieder aufnehmen. «Wir mussten warten, bis die Maschinen ersetzt werden konnten», erklärt der Inhaber.

Kurz nach der Katastrophe sagte Clalüna in einem Interview noch, er werde die Werkstatt in Bondo nicht wieder aufbauen. «Als alles aufgeräumt und geputzt war, sahen wir aber, dass es nicht so schlimm war, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hatte», erzählt er. Die Gebäudeversicherung übernimmt die Kosten für die Schäden in den Lagerräumen. Werden diese am gleichen Standort wieder aufgebaut, erhält der Inhaber 100 Prozent der anfallenden Kosten. Werden sie nicht wieder aufgebaut, wird der Betrag nach Zeitwert berechnet. Etwa 40 bis 50 Prozent des Neuwerts würde dann ausgezahlt werden.

Suche nach geeignetem Bauland

Die Werkstatt befindet sich teilweise in der roten Gefahrenzone. Nach wie vor steckt ein Teil des Gebäudes unter Sand und Stein. «Darin werden wir nicht mehr arbeiten können», sagt Clalüna. Auch habe er keinerlei Möglichkeiten, den Betrieb zu erweitern. Für die nächsten Jahre herrscht hier ein Baustopp.

Die Werkstatt an einem anderen Standort neu zu bauen, wäre für den Unternehmer durchaus eine Option, doch eine Lösung hat er bisher noch nicht gefunden. In Maloja, seinem Wohnort, gäbe es zwar geeignetes Bauland, aber ein Teil davon ist in privaten Händen und wird nicht verkauft. Die Schreinerei hat den Geschäftssitz in Bondo. «Ich weiss immer noch nicht, in welche Richtung ich in Zukunft gehen soll», sagt der Unternehmer. Er tönt dabei resigniert.

Die Gefahr ist allen bewusst

Der Pizzo Cengalo ist nach wie vor in Bewegung. Experten rechnen mit weiteren Rüfen, möglicherweise auch mit einem grossen Niedergang, da viel lockeres Material am Berg lagert. «Jeder hier hofft, dass nicht wieder alles auf einmal runterkommt», sagt Clalüna. Die Gefahr sei allen bewusst. Er und seine Mitarbeiter seien ja nur tagsüber in der Werkstatt. Da habe man noch ein sichereres Gefühl als nachts. Ausserdem sei ein Sicherheitssystem installiert worden, welches ermögliche, im Notfall schnell weglaufen zu können. «Ein Restrisiko bleibt immer», meint Clalüna.

Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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