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Viele haben nicht überlebt

Der heisse Sommer hat den Lawinenschnee rasch schmelzen lassen. So haben die Wildhüter die Kadaver von über 50 Steinböcken und von 150 Gämsen entdeckt. Der harte Winter forderte «extrem viel» Fallwild.

Martin
Meier
18.08.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Ob dieser beim Muttsee fotografierte stolze Steinbock den Winter überlebt hat, ist ungewiss.
Ob dieser beim Muttsee fotografierte stolze Steinbock den Winter überlebt hat, ist ungewiss.
PRESSEBILD

Es ist ein trauriger Gang durchs sonst so wildromantische Limmerntobel. Auf Schritt und Tritt begegnet Sämi Gantner Wildtierkadavern. Der für das südliche Grosstal zuständige Wildhüter zählt 30 Stück verendetes Steinwild. Zehn weitere tote Tiere findet er weiter oben in der Region Muttsee. «95 Prozent der Tiere sind in Lawinen umgekommen», sagt Gantner. Die 40 aufgefundenen Steinböcke und -geissen gehörten zur sogenannten Limmern-Kolonie, ihr jetziger Bestand wird noch auf höchstens 120 Tiere geschätzt.

Nur zwei Kitze haben überlebt

Einschneidend dezimiert hat der harte Winter die Anzahl der Jährlinge. «15 Stück müssten es mindestens sein, deren sechs habe ich noch gezählt», sagt Gantner. Doch noch gravierender präsentiert sich der Bestand an Kitzen: «20 bis 25 Tiere sind normal. Gezählt habe ich zwei.» Der Wildhüter rechnet damit, dass es eine Generation oder rund zehn Jahre dauern wird, bis der Verlust wieder ausgeglichen ist und sich die Kolonie erholt hat.

Ein schwerer Rückschlag traf auch die 30-köpfige Steinwildkolonie Sandalp oberhalb des Tierfehds. Fast die Hälfte der Tiere ist in Lawinen gestorben. Vier weitere fanden sonst den Tod. Doch damit nicht genug: Drei Tiere verlor auch der rund 20-köpfige Bestand im Durnachtal ob Linthal, der jetzt noch rund 17 Stück Steinwild zähle. Er habe mit seinem Vorgänger Res Stüssi gesprochen, erklärt Wildhüter Gantner. Auch Stüssi könne sich nicht an einen Winter mit derart viel Fallwild erinnern. «Was aber auch damit zu tun hat, dass der Bestand in den letzten Jahren generell angestiegen ist», erklärt Gantner.

Hälfte des Gamsbestandes tot

Verheerend sieht die Verlustbilanz auch beim Gamswild aus. Auf der Sandalp ging rund die Hälfte des Bestandes verloren. Insgesamt beklagt Gantner allein in seinem Gebiet im südlichen Grosstal 150 tote Gämsen, mehr als alle anderen Wildhüter im Kanton zusammen. «Ein Drittel davon kam in Lawinen ums Leben», sagt Gantner. «Zwei Drittel sind buchstäblich an Schwäche eingegangen.» Gründe dafür seien nicht nur der lange Winter und die grosse Schneemenge oberhalb von 1600 Metern Meereshöhe. Schuld trägt laut Gantner auch die Tatsache, dass der Schnee auf den Graten kaum verweht wurde. Zudem rutschte der Schnee auf den Südhängen meist nicht ab, wodurch die ohnehin schon knappe Nahrung unzugänglich blieb.

Hinzu komme, sagt Gantner weiter, dass im Januar dann überraschend eine warme Phase eingetreten ist. Da konnte der Schnee durch Regen bis in Höhen von über 2000 Metern teilweise doch abrutschen. Die Folge erklärt der Wildhüter: «Das Wild musste die risikoreichen Stellen zur Äsung annehmen und wurde leider immer wieder von nachrutschenden Schneemassen mitgerissen.»

Die Tierkadaver werden im Übrigen nicht eingesammelt, sondern der Natur überlassen. «Sie dienen als willkommenes Futter für Raubwild und -vögel», sagt Gantner. Manchmal seien die Kadaver innert Tagesfrist weg.

Rotwild hat leichter überwintert

«Geringe Verluste sind hingegen beim Rotwild zu beklagen, das ins Tal geflüchtet ist», sagt der kantonale Jagdverwalter Christoph Jäggi. «Der Winter spielte sich da weiter oben ab.» Jäggi schätzt die Zahl der Hirsche und Hirschkühe im Glarnerland noch auf 1000, diejenige der Rehe auf 1500 und die der Gämsen auf 4500 bis 5000 Tiere. Steinböcke und -geissen gibts noch rund 400.

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