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Der Osterhase bringt auch Krippen

In Flims ist eine fast vergessene Tradition zu sehen: eine Osterkrippe. Während Weihnachtskrippen weit verbreitet sind, ist ihr österliches Pendant eine Seltenheit.

Corinne
Raguth Tscharner
29.03.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Bild Keystone
Bild Keystone

Vor dem Altarbereich der Kirche St. Josef in Flims steht seit einigen Tagen eine grosse Glasvitrine. Bereits von Weitem sind hinter dem Glas kleine Häuser, Palmen, Kreuze und Figuren aus Holz, Stein, Karton oder Styropor zu erkennen. Auch einige Lichtakzente sind nicht zu übersehen. Sie dienen als Feuer- oder Fackelimitationen oder setzen einzelne in Erdtönen gehaltene Miniaturen in Szene.

Bei genauerem Hinsehen wird dann klar: In der Vitrine sind alle Stationen der biblischen Ostergeschichte in Kleinformat dargestellt. Zu sehen sind in verschiedenen Sequenzen unter anderem der Palmsonntag mit dem Einzug von Jesus in Jerusalem, seine Verurteilung, das Abendmahl, die Kreuzigung und die Auferstehung.

Die Figuren und Darstellungen sind aufwendig gemacht und Teil einer Osterkrippe. «Wie eine Weihnachtskrippe für Weihnachten steht, symbolisiert die Osterkrippe die Auferstehung des Heilands», sagt die Sakristanin Luzia Kälin. Es sei eine Art von Krippe, wie es sie in der Schweiz nur ganz selten gebe. «Viele Leute sagen, sie hätten so etwas noch nie gesehen. Auch solche aus dem Ausland.»

250 Stunden Arbeit

Kälin hat die Krippe selbst gebaut. Ein halbes Jahr lang hat sie mithilfe von Krippenbaumeister Arno Egle gesägt, geschnitzt, geklebt, verputzt und bemalt. Rund 250 Arbeitsstunden stecken in der detailgetreuen Abbildung. Entstanden ist die Krippe im Rahmen eines Krippenkurses in Österreich. Einiges hat Kälin aber auch zu Hause gemacht. «Die Steine und Hölzer habe ich teilweise in meinem eigenen Garten gefunden», so Kälin.

Alleine am aufwendigen Muster des Bodens vom Herodes-Palast arbeitete Kälin einen ganzen Abend lang. Und auch die Palmenblätter hat sie in stundenlanger Arbeit mit der Schere zurechtgestutzt. «Nur die Figuren sind nicht selbst gemacht», sagt die Sakristanin, während sie auf die Darstellungen von Maria und Maria Magdalena zeigt, die vor Jesus am Kreuz trauern. Die rund 20 Figuren im Vordergrund würden aus Italien kommen, aus Holz und Stoff bestehen und seien mit Abstand das Teuerste an der Krippe. Für die perfekte Vollendung der Geschichte würden noch ein paar fehlen. «Dafür fehlt uns aber das Geld. Deshalb sind wir um jede Spende froh», sagt Kälin.

Über die Ostertage zu besichtigen

Wie Kälin weiter sagt, ist die Tradition der Osterkrippe in Südeuropa relativ weit verbreitet. In der Schweiz und Mittel- und Westeuropa sei sie jedoch nach dem 19. Jahrhundert fast völlig in Vergessenheit geraten. Zudem sei eine Osterkrippe im Vergleich zu einer Weihnachtskrippe grösser und aufwendiger. Dies aufgrund der dichten biblischen Passionsgeschichte.

Die Osterkrippe in Flims ist also eine Seltenheit. Bis Pfingsten ist sie noch in der katholischen Kirche St. Josef aufgestellt, wo sie besichtigt werden kann. «Es steckt Freude dahinter», sagt Kälin. «Und ich finde es schön, wenn man die Freude mit anderen teilen kann.»

Corinne Raguth Tscharner ist stellvertretende Chefredaktorin Online und Zeitung und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Zuvor erlernte sie das journalistische Handwerk als Volontärin in vier verschiedenen Redaktionen (Print, Online, Radio, TV) und war als Online-Redaktorin tätig. Mehr Infos

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