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Auch Findeltiere in der Kältefalle

Das Tierheim Arche in Chur schlägt Alarm: Immer häufiger werden Tiere einfach vor der Türe deponiert. Die Gründe sind vielfältig. Gerade bei kalten Temperaturen kann das Aussetzen verheerende Folgen haben.

Olivier
Berger
28.02.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Ein grosses Herz für Tiere: Zu den Vierbeinern, um die sich Ivo Paganini kümmert, gehören derzeit auch drei Husky-Welpen.
Ein grosses Herz für Tiere: Zu den Vierbeinern, um die sich Ivo Paganini kümmert, gehören derzeit auch drei Husky-Welpen.
OLIVIA ITEM

Die aktuelle Kälte macht nicht nur den Menschen zu schaffen. Auch für Wild- und Heimtiere können die ausserordentlich tiefen Temperaturen Folgen haben. «Dies gilt vor allem, wenn Hunde oder Katzen einfach ausgesetzt werden», sagt Ivo Paganini, Geschäftsführer des Churer Tierheims Arche. «Wer bei diesen Temperaturen ein Tier einfach aussetzt, nimmt möglicherweise sogar dessen Tod in Kauf.»

Immer häufiger «entsorgt»

Paganinis Besorgnis hat ihren Grund. «Es kommt immer häufiger vor, dass Halter ihre Tiere einfach aussetzen oder bei uns vor der Türe deponieren», sagt Paganini. Der Grund seien häufig die Finanzen. «Wer bei uns einen Hund abgibt, bezahlt 450 Franken, bei einer Katze sind es 250 Franken.» Dass viele Tierhalter diese Kosten scheuten, zeige sich am Telefon mit Menschen, die ihr Tier abgeben wollten. «Sobald sie erfahren, dass das mit Kosten verbunden ist, blocken sie ab und melden sich nicht wieder.»

Dabei sei das Tierheim Arche auf die Kostenbeteiligung der Halter angewiesen, betont Paganini. Das Tierheim sei keine öffentliche Institution und müsse seine Einnahmen weitgehend selber erwirtschaften. Zwar erhalte man eine gewisse finanzielle Unterstützung von der öffentlichen Hand. «Den grössten Teil des Budgets müssen wir aber aus Spenden und mit dem Betrieb des Tierhotels bestreiten.»

Ohne die Verbindung mit dem Hotel, wo Haustiere als Tagesgäste oder während der Ferien untergebracht werden können, ist auch der Betrieb des Tierheims nicht möglich, wie Paganini erklärt. Dabei liege gerade in dieser Kombination der besondere Reiz der Churer Arche. «Das gilt auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Lernenden.» Letztere würden den Beruf als Tierpflegerin oder Tierpfleger aus ganz verschiedenen Blickwinkeln kennenlernen.

Auch für die Tiere selber ist die Verbindung von Hotelbetrieb und Heim laut Paganini ein Gewinn. «Wir unterscheiden nicht zwischen Pensionsgästen, die bei uns ihre Ferien verbringen, und den Tieren, die abgegeben wurden.» Für die Findeltiere habe das den Vorteil, dass sie sich schon in der Arche an Artgenossen gewöhnen könnten. «Wenn sie vermittelt werden, müssen sie dann ja auch mit anderen Tieren klarkommen.»

Dass Halter ihre Tiere immer häufiger abgeben, hat laut Paganini verschiedene Ursachen. «Zum einen werden Tiere heute unbedacht einfach im Internet gekauft. Erst später merken die neuen Besitzer dann, was es bedeutet, ein Haustier zu haben.» Oft gerieten Menschen aber auch in finanzielle Not und könnten sich das Tier nicht mehr leisten. «Wer sparen muss, muss häufig beim Haustier sparen, obwohl es für ihn aus psychologischen Gründen besonders wertvoll wäre.»

Ein Martyrium fürs Tier

Sollten eine Halterin oder ein Halter ein Tier aus irgend einem Grund nicht mehr beherbergen können, könnten sie sich in jedem Fall ans Tierheim Arche wenden, so Paganini. «In Notfällen finden wir immer eine Lösung.» Das Tierheim bemühe sich in jedem Fall, eine für alle Seiten gangbare Lösung zu finden. «Aber man muss mit uns das Gespräch suchen, und wir können auch nicht jedes Tier kostenlos aufnehmen.»

Wer sein Tier aussetze oder vor dem Heim deponiere, füge diesem nicht nur bei den aktuellen Frosttemperaturen Schaden zu. «Gerade bei Katzen, die nicht gechipt sind, wissen wir nicht, woher sie kommen und ob sie bisher medizinisch behandelt wurden», betont Paganini. Für das Tier bedeute das, dass es wochenlang von seinen Artgenossen abgesondert und noch einmal vollständig geimpft werden müsse. «Das ist alles andere als schön für das Tier.»

Paganinis Botschaften sind deshalb klar. «Wer ein Tier anschaffen will, soll sich gut überlegen, ob das sinnvoll ist.» Und: «Wer sein Tier wirklich abgeben muss, soll mit uns reden.» Das Tier einfach auszusetzen oder zu deponieren, sei keine Lösung.

Olivier Berger wuchs in Fribourg, dem Zürcher Oberland und Liechtenstein auf. Seit rund 30 Jahren arbeitet er für die Medien in der Region, aktuell als stellvertretender Chefredaktor Online/Zeitung. Daneben moderiert er mehrmals jährlich die TV-Sendung «Südostschweiz Standpunkte». Mehr Infos

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