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Die Gunst der prachtvollen Nachbartäler

Hans Peter
Danuser
02.05.17 - 10:00 Uhr
Auf den ersten Blick nicht zu erkennen: der Lag da Cavalin
Auf den ersten Blick nicht zu erkennen: der Lag da Cavalin

Hans Peter Danuser und Amelie-Claire von Platen sind im Engadin zu Hause und zeigen uns ihren Blickwinkel. Was bewegt Land und Leute? Wo ist das Engadin stark und wo hinkt es einzelnen Mitbewerbern hinterher? Und was geschieht auf politischer Bühne? Der Blog «Engadin direkt» berichtet persönlich und authentisch.

Das Oberengadin ist ein Traumtal und Glücksfall für die meisten, die hier wohnen dürfen. Allerdings sind Klima und Temperaturen im Hochtal gewöhnungsbedürftig. Es gibt kaum einen Monat – auch im Sommer – in dem es nicht schneit. Und genau dann zeigt sich, wie schön und wertvoll Nachbartäler wie die Valli Poschiavo und Bregaglia sind. Denn dann sind Abstecher dorthin naheliegend und einzigartig. 

Letzten September haben wir bei einem solchen Ausflug den jüngsten See der Schweiz besucht: den Lag da Cavalin unterhalb des Caval (3065 m ü. M.), des Forcla da Caval bzw. des Palügletschers. Unser Guide und Gewährsmann Elio Paganini, einheimischer und legendärer Nachrichtenoffizier der Schweizer Gebirgsinfanterie, hat die Entstehung des neuen Sees über die Jahre beobachtet und führt sie auf die Klimaerwärmung  zurück. Jedenfalls ist das Gewässer erstaunlich gross und auf den neuen Blättern der Landestopografie eingetragen. Ab der RhB-Station Alp Grüm führt ein schmaler Wanderweg unterhalb Sassal Mason zum See hinauf.

Auch im Bergell und der Val Chiavenna betraten wir bei unseren letzten Besuchen faszinierendes «Neuland». Die grosse Entdeckung war im Herbst die grossartige Radwegroute abseits des Motorverkehrs von Casaccia über die Grenze bei Castasegna nach Chiavenna (und auf der Route 6 weiter nach Colico/Piona am Comersee).

Als Bergell-Connaisseur hat sich Anfang April auch Felix Dietrich vom Hotel «Waldhaus» in Sils erwiesen. Er führte eine Gruppe «Tourismus Oldies» von einer Trouvaille zur anderen. Höhepunkt war der Besuch des Palazzo Vertemate Franchi bei Prosto di Piuro. Über 30 Jahre lang bin ich an ihm vorbeigefahren und staune nun über diesen Bau und Park mit gemauertem Fischteich an bester Lage mit Blick nach Süden. Dass er vom Bergsturz des vor Jahrhunderten verschütteten Dorfes Plurs/Piuro verschont blieb, verdankt er seiner Lage, etwas abseits des Dorfkerns.

Und wenn ich jetzt, Ende April durch das Bürofenster (1875 m ü. M.) in die Schneelandschaft hinausschaue, kann ich mir kaum mehr vorstellen, wie sommerlich warm und voller Blumenpracht das Castello und sein Park sich uns zu Beginn des Monats präsentiert hatten. Sie liegen in der Tat etwa in der Mitte zwischen St. Moritz und Colico (220 m ü. M., knapp 80 km Distanz) – ein Symbol für die reichhaltige Kultur, die diese Region uns zwischen Gletschern und Palmen bereit hält. Viel öfter sollten wir hier die Fahrt unterbrechen und den Weg zum Ziel machen. Kontraste schaffen Intensität und verhindern Routine und Langeweile …

Zur Einkehr und taltypischen Stärkung empfehle ich übrigens das Agritourismo Alpe Palü (ilariapalü@icloud.com) in der Val Poschiavo sowie das Crotto Belvedere in Prosto am Radweg links der Maira. 

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