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Eine Pizza vom Weltmeister

Das «Napulé» in Netstal wird von einem dreifachen Pizza-Weltmeister geführt. Für Guido Michelin fast schon ein Muss, dort einzukehren.

Südostschweiz
09.02.23 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
 Viva Italia: Im «Napulé» in Netstal ist der Gastgeber Pizza-Weltmeister.
Viva Italia: Im «Napulé» in Netstal ist der Gastgeber Pizza-Weltmeister.
Bild Sasi Subramaniam

von Redaktions-Feinschmecker Guido Michelin*

Bei so vielen Lorbeeren kann sich Raffaele Tromiro nicht die geringste Entgleisung erlauben, sage ich mir. Vor allem nicht, wenn er seine Gäste zu Tisch bittet, wie in der Pizzeria «Napulé» in Netstal. Schliesslich ist er dreifacher Pizza-Weltmeister. Das verpflichtet. Bei so einem Maestro muss nämlich nicht nur das Essen schmecken, sondern auch die Bedienung und Atmosphäre stimmen. Letztere stimmt. So parkt im Restaurant eine uralte Vespa. Der Schlüssel steckt noch, als könnte man mit ihr sogleich losfahren. Wie in einem Film mit Adriano Celentano. Von der Wand strahlt allerdings ein anderer Kinostar: Gina Lollobrigida. Fängt schon mal gut an. Das Lokal strahlt südländischen Charme aus. Viva Italia.

Mit einem freundlichen «Bunoa sera» begrüsst der Cameriere die Gäste. «Wie bitte? Es gibt kein Elmer Citro?» Empfohlen wird dafür ein Gassosa Limone oder Mandarino. Ich nehme mir einen Eistee. Obwohl die Karte auch edle Weine auf der Liste hat. Man könnte den Rebensaft auch selbst mitbringen. Gegen ein Zapfengeld von 30 Franken beispielsweise einen Brunello di Montalcino aus dem Weingut Castello Banfi. Er besticht durch sein glänzendes Rubinrot und seine elegante, feinduftende Nase, durch Aromen nach Pflaumen, Weichselkirschenkompott, Dörrobst, und feine Röstnuancen und auch etwas Tabak besticht.

Mit dem Eistee gibt es einen Gruss aus der Küche, ein Amuse-Bouche: Selbst gebackenes, knuspriges, in Scheiben geschnittenes Brot mit Tomatenwürfeln und Rucola, serviert mit einem Gratis-Glas perlendem Prosecco. Daraufhin folgt die Vorspeise, ein Insalata Caprese mit Balsamico und feinem Mozzarella di Bufala. Der Hammer.

Das Holz im Ofen ist inzwischen zur Glut gebracht. Warten ist angesagt. Bald folgt der Höhepunkt des Abends: meine Pizza Picante. Wobei das Wort Warten im «Napulé» falsch gewählt ist. Die Pausen empfinde ich als angenehm. Die Gänge folgen in den passenden Zeitabständen. Eine Verdauungs-Zigarette liegt kaum drin. Auch weil die Bilder an der Wand mich immer wieder auffordern, in sie einzutauchen, da sie Überraschendes zeigen, wie die Vesuvio Ferrovia a Cremagliena anno 1928.

Zurück zu meiner Pizza: Die besten gibt es meiner Meinung nach in Oberglatt und Linthal. Wird Netstal da mithalten können? Dem Duft nach schon. Auch noch nach dem ersten Bissen. Der Teig zergeht auf der Zunge. Er ist nicht knusprig, sondern dünn und luftig. Dennoch ist die Unterlage nicht mit dem vollgesogen, was darauf liegt. Tomaten und Mozzarella selbstverständlich, mit würzigem Salami, der in Streifen geschnitten ist. Gut für den Magen und für das Auge.

Das Essen endet, wie es angefangen hat. Mit einem Gratisgetränk, einem Limoncello. Wer keinen Alkohol mag, bekommt ein Zitronensorbet offeriert, bevor einem der Kellner, der seine Augen überall hat, dann später zum Abschied die Restauranttür öffnet und sich freundlich verabschiedet, so wie er einen auch willkommen geheissen hat. Das Essen war hervorragend. Schade nur, dass die Preise etwas hoch angesiedelt sind und ich den Pizza-Weltmeister nicht selbst zu Gesicht bekommen habe. Und hier noch das Gesamturteil meiner Begleitung: Einwandfreie, köstliche Pizza mit vielen, frischen Zutaten. Sehr schönes italienisches Ambiente mit freundlicher und kompetenter Bedienung.

* Guido Michelin hat das Kochen von der Pike auf gelernt. Er ist ein Schüler des berühmten Paul Bocuse und hat selbst jahrelang ein Restaurant mit 19 Gault-Millau-Punkten in der Normandie geführt. Seit einigen Jahren geniesst er seinen Ruhestand im Glarnerland. Wo er sich auf eine Entdeckungsreise vom Dürüm-Stand bis zum Spitzenkoch gemacht hat. Er äussert sich in den «Glarner Nachrichten» unregelmässig und mit Augenzwinkern über seine gastronomischen Erlebnisse im Glarnerland.

Gastrotipp

Restaurant: «Napulé», Kreuzbühlstrasse 2, 8754 Netstal
Konsumiertes Gericht: Pizza Picante (Pomodoro, Mozzarella, Salame piccante, Basilico)
Kosten: 25.50 Franken
Öffnungszeiten: Mo bis So: 11.30–14 Uhr und 17.30–21 Uhr

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