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Eigenproduktion dämpft den Aufschlag

Auf Ende August mussten die Stromversorger ihre Preise für 2023 bekanntgeben. Je nach Anbieter steigen sie bis zu80 Prozent oder mehr. Da scheint die Elektrizitätswerk Davos AG (EWD) mit 33 Prozent recht bescheiden.

Barbara
Gassler
07.09.22 - 06:42 Uhr
Leben & Freizeit
In den Unterlagen für das Parlement wurden die auseinanderlaufenden Kurven von Produktion und Verbrauch anschaulich dargestellt.
In den Unterlagen für das Parlement wurden die auseinanderlaufenden Kurven von Produktion und Verbrauch anschaulich dargestellt.
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Die Grundlagen der heutigen Situation hatte der Kleine Landrat schon in seiner Botschaft zum Postulat «Nutzung der Wasserkraft in Davos (DZ vom 30. August) dargelegt. Darin wird festgehalten: 1. Mit etwas über 70 Gigawattstunden pro Jahr aus den eigenen Kraftwerken und den Beteiligungen produziert die EWD AG übers Jahr gesehen genügend eigenen Strom für die Grundversorgung von Davos. 2. Die Stromproduktion deckt sich meistens nicht mit der Nachfrage, denn die erstere fällt im Sommer an, die letztere im Winter. Daraus folgt, dass die fehlende Menge zu aktuellen Marktpreisen besorgt werden muss. «Bis vor kurzem war die bestehende günstige Eigenproduktion eigentlich völlig uninteressant, denn im Sommer bekamen wir für überschüssigen Strom fast nichts», erklärt Fabio Bühler, Geschäftsbereichsleiter Vertrieb und Marketing bei der EWD AG. Diese Situation hat sich nun aber völlig gedreht, denn wer nicht selber produziert, muss am Markt einkaufen, wo die Preise derzeit Amok laufen. So sind nun jene glücklich, die ihren Strom von einem Anbieter erhalten, der einen hohen Anteil an Eigenproduktion aufweist. Diese Strategie fährt auch das heimische EW. Es versteht sich als Versorger und ist auch als solcher der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) unterstellt. Diese Bundesbehörde überwacht die Strompreise und ist um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben besorgt. «Wir müssen alle unsere Daten mit den Tarifberechnungen nach Bern übermitteln. Der Strompreis setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Die Energie macht nun etwa die Hälfte der gesamten Stromrechnung aus, der Rest setzt sich aus der Netznutzung sowie öffentlichen Abgaben und Gebühren zusammen.

Ökozuschlag bleibt bestehen

Teurer werden übrigens alle Stromprodukte der EWD AG, auch jene, bei der die Kundschaft einen Zuschlag für den ökologischen Mehrwert bezahlt. Hier zeigt sich die Diskrepanz zwischen Produktion und Verbrauch am deutlichsten, denn jedes erzeugte Kilowatt Strom erhält einen sogenannten Herkunftsnachweis. «Er ist ein Jahr gültig. Während dieser Zeit dürfen wir genau so viel zertifizierten Strom verkaufen, wie wir produzierten.» Energie hat jedoch keine Farbe. Der Strom für den nächtlichen Racletteplausch im Winter mag dann sehr wohl tatsächlich aus einem Kernkraftwerk stammen. «Kundschaft, die bereit ist, für deren ökologischen Stromverbrauch etwas tiefer in die Tasche zu greifen, ist aber unheimlich wichtig. Ohne diese Unterstützung gäbe es diese Produktionsart gar nicht.» So ist der nun publizierte Strompreis eine Mischrechnung aus den Kosten für die Eigenproduktion und die am Markt beschaffte Energie.

In sich geschlossenes Monopol

Vorsicht sei geboten, wenn Vergleiche angestellt würden, sagt Bühler, angesprochen auf die sehr unterschiedlich ausfallenden Preissteigerungen der Stroman-bieter. «Grundsätzlich gilt, dass Versorger mit einer hohen Eigenproduktion von den Schwankungen des Marktes weniger betroffen sind.» Ausserdem müsse immer auch der Ausgangspreis angeschaut werden. «Davos hatte bisher einen eher moderaten Strompreis. Darum fällt die Steigerung im Verhältnis höher aus.» Allerdings, und darauf legt Bühler sehr viel Wert: «Die Strompreise werden ausschliesslich gemäss den Vorgaben der Elcom und innerhalb eines sehr engen gesetzlichen Korsetts errechnet.» Will heissen, dass aus dem Erlös mit den Stromkunden in der Grundversorgung keinerlei Querfinanzierung anderer Geschäftsbereiche erfolgen darf. «Bei der Grundversorgung mit elektrischer Energie bewegen wir uns in einem abgeschlossenen Monopol.» Diese immerhin rund 10 000 Kunden haben keine Möglichkeit, auf andere Anbieter auszuweichen, und werden vom Gesetzgeber entsprechend geschützt. Um ihren Bedarf sicherzustellen, kauft die EWD AG den Strom über mehrere Jahre im Voraus ein. «Wenn die Nachkalkulation zu Gunsten der Kundschaft ausfällt, muss das Guthaben in den Folgejahren via Strompreissenkung wieder den Kunden zurückgegeben werden. Darüber wacht ebenfalls die Elcom», versichert Bühler. Umgekehrt sind allerdings Preissteigerungen möglich, wenn die EWD AG teurer einkaufen musste.

Grosskunden

Eine ganz andere Situation haben die rund 120 Betriebe in Davos mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100 000 Kilowattstunden. Sie können sich frei am Markt mit elektrischer Energie eindecken und mit der EWD AG eigene Stromversorgungsverträge abschliessen. Mit der aktuellen Preisexplosion wurde das zum risikobehafteten Geschäft. Die EWD AG ist ausserdem nicht nur ein Energieversorger, sondern betreibt noch andere selbstständige Geschäftsbereiche. «Keiner davon darf irgendwie die Kundschaft in der Grundversorgung tangieren», betont Bühler.

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