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Dieses Wochenende sammelt Hansjürg Hess in Ennenda

Es fehlt ihnen an allem. Was nicht fehlt, ist der Wille der Glarnerinnen und Glarner, für die ukrainischen Flüchtlinge zu spenden. Das können sie auch noch heute Samstag und morgen Sonntag.

Martin
Meier
05.03.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Der Lieferwagen ist jetzt gefüllt: Hansjürg Hess unterstützt die Menschen in der Ukraine.
Der Lieferwagen ist jetzt gefüllt: Hansjürg Hess unterstützt die Menschen in der Ukraine.
Bild Sasi Subramaniam

Es waren ein paar wenige Zeilen, die viel auslösten. So viel, dass die Hilfsgüterzentrale anfänglich selbst Hilfe benötigte. «Es war der pure Wahnsinn», sagt Hansjürg Hess, der mit seinem Hilfswerk seit Jahren weltweit für die notleidende Bevölkerung da ist. «Der Spendenaufruf für die ukrainischen Flüchtlinge in den ‘Glarner Nachrichten’ stellte aber alles Bisherige in den Schatten», so der Glarner. «Das Telefon lief heiss, mein Mail ist voll.» Er sei nur noch am Einsammeln. «Und die Spendenbereitschaft reisst nicht ab», sagt Hess.

Ein Lieferwagen ist bereits bei den Flüchtlingen angekommen. Und: Über dieses Wochenende soll mindestens noch ein Lastwagen mit Hilfsgütern gefüllt werden. Die Sammelstelle befindet sich im Industriegebiet von Ennenda Süd vis-à-vis der Gipserhütte 6. Dort können die Hilfsgüter ohne Voranmeldung, sowohl heute Samstag, wie auch morgen Sonntag, zwischen 9 und 18 ​Uhr abgegeben werden.

Die Bevölkerung hat einfach nichts mehr

Dass die Hilfsgüter auch am richtigen Ort ankommen, dafür sorgt ein Freund von Hess. Sebastian Heri aus Lachen ist mit Anna, einer Ukrainerin, verheiratet und unterstützt mit ihr in ihrem Mutterland schon lange ein Heim, in dem auch Kinder leben, die ihre Eltern verloren haben. Das Ehepaar pflegt einerseits Kontakt zum ukrainischen Botschafter in der Schweiz, andererseits zum Roten Kreuz. «Sie sagen uns, wo die Hilfsgüter gebraucht werden, wer sie in Empfang nimmt und verteilt», erklärt Heri. Ihr Chauffeur habe zudem die Möglichkeit, über einen grünen Korridor bis in die ukrainische Stadt Lwiw, 70 ​Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, zu fahren. Denn auch im Landesinnern hätte die Bevölkerung einfach nichts mehr, sagt Heri. «Die Lebensmittelregale sind leer. Es arbeitet niemand mehr. Es fehlt an allem.»

Geeignet sind Kleider, Lebensmittel und Tierfutter

«Was die Menschen jetzt dringend brauchen, sind warme Kleider», erklärt Hess. «Zudem unverderbliche Lebensmittel wie Teigwaren, Reis, Riegel und Trockenfrüchte.» Läderach hätte beispielsweise Schokolade gespendet. Und Heri fährt fort: «Geeignet sind auch Müsli, UHT-Milch und Tierfutter.» Denn viele hätten ihre Haustiere auf die Flucht mitgenommen. Benötigt würden zudem Hygieneartikel, «auch Zahnbürsten und Zahnpasta», so Heri. «Aber auch Batterien.» Weniger geeignet seien Medikamente, fügt Hansjürg Hess an. «Höchstens Pflaster und Verbandszeug.»

Traumatisierte Kinder, verzweifelte Mütter, mit Tränen in den Augen. Die Fernsehbilder aus der Ukraine sind kaum ertragbar. Laut UN-Flüchtlingskommissariat sind über eine Million Ukrainer auf der Flucht. Und Hess und Heri – sie sind «nur» zwei von vielen, die diesen Menschen helfen, den Alltag etwas erträglicher zu gestalten. Auch wenn vor allem Heri selbst in Angst und im Ungewissen lebt. In Angst, weil die Familie seiner Frau in der Zentralukraine, in der Nähe von Poltawa, lebt. Im Ungewissen, weil er mit seiner Frau und dem gemeinsamen Kind gerade dabei war, in Kiew eine neue Zukunft aufzubauen. «Eine Wohnung haben wir uns schon gekauft», meint Heri. «Jetzt weiss ich nicht, ob es sie überhaupt noch gibt.»

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