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Die Zugvögel reisen mit Verspätung

In der Serie «SOwas» liefern wir euch Erklärungen und Kuriositäten zum Staunen. Heute geht es um Zugvögel - weshalb die einen noch da sind und wie sie es schaffen, nicht miteinander zu kollidieren.

Südostschweiz
02.11.22 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Ein Vogelschwarm: Dank schneller Reaktionszeit werden Zusammenstösse vermieden.
Ein Vogelschwarm: Dank schneller Reaktionszeit werden Zusammenstösse vermieden.
Bild Freepik

von Laura Bernasconi

Im Herbst können wir immer wieder Vogelschwärme beobachten, die sich auf den Weg in den Süden machen. Wie die Vogelwarte Sempach auf ihrer Website festhält, fliegen die Zugvögel bis spätestens Ende Oktober in ihr Winterquartier. Obwohl der November bereits angefangen hat, sind hierzulande noch immer viele Vögel zu sehen, und auch das Vogelgezwitscher ist noch deutlich zu hören. Wieso sind die Zugvögel immer noch hier und wie können sie überhaupt im Schwarm fliegen, ohne zusammenzustossen?

Welche Zugvögel gibt es bei uns?

«In Graubünden gibt es eine grosse Vielfalt von Zugvögeln», sagt Stephan Liersch, Biologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bündner Naturmuseums. «Denn fast alle fliegen über den Kanton oder lassen sich kurz hier nieder.» Die Vögel kommen von Norden über die Alpen und fliegen danach weiter in den Süden. Die verschiedenen Zugvögel legen dabei unterschiedlich lange Strecken zurück: So überwinden die Mauersegler auf ihrer Reise nach Afrika mehrere Tausend Kilometer, die Zilpzalps müssen bis in den Mittelmeerraum etwa 2000 Kilometer weit fliegen.

Die Formation der Vögel

Gemäss Liersch fliegen die meisten Zugvögel alleine in den Süden und dies in der Nacht. Weniger oft fliegen die Vögel in Schwärmen – auch wenn dies viel auffälliger ist. Ein Schwarm bildet sich von mehreren Vögeln der gleichen Art, welche sich dann in ihrer Formation zusammen auf den Weg in den Süden begeben. 

Ein weiterer Grund für grössere Schwärme ist auch schlechtes Wetter, wie Liersch erklärt. Wenn die Vögel über Pässe fliegen müssen und schlechtes Wetter herrscht, lassen sie sich nieder, bis das Wetter wieder flugtauglich ist. So kann es dazu kommen, dass in dieser Zeit schon der nächste Schwarm ankommt und ebenfalls warten muss – ein sogenannter Zugstau. 

Und wie funktioniert das nun genau, dass die Vögel in einem grossen Schwarm nicht miteinander kollidieren? «Vögel sehen viel besser als wir Menschen und ihre Reaktionszeit ist einiges schneller», erklärt Liersch. Im Schwarm orientiert sich ein Vogel an seinen Nachbarn und diese orientieren sich wiederum an ihren Nachbarn. Wenn sich also ein anderer Vogel dem Schwarm nähert oder ein Hindernis in der Flugbahn steht, weicht der vorderste Vogel aus und alle anderen reagieren blitzartig. So kommt es sehr selten zu Zusammenstössen. Gemäss Liersch beträgt der Abstand zwischen zwei Vögeln in einem Schwarm rund einen Meter – mehr, als man annehmen könnte.

Warmes Wetter verschiebt den Zeitplan

Durch das momentan sehr warme Wetter sind auch jetzt im November noch einige Zugvögel zu beobachten, besonders jene, die nur die kurz Strecke ans Mittelmeer fliegen, wie Liersch sagt. Dies liegt daran, dass durch die warmen Temperaturen das Futter, zum Beispiel Insekten, noch immer vorhanden ist. Als Beispiel nennt Liersch den Zilpzalp. Der Zilpzalp fliegt normalerweise Anfang Oktober in den Süden, ist nun aber einen Monat später noch immer bei uns zu sehen. Sobald sich also das Wetter winterlicher gestaltet und es kein Futter mehr für die Vögel gibt, werden sich auch die letzten Zugvögel in Richtung Süden machen.

Verspäteter Abflug: Der Zilpzalp ist auch im November noch bei uns zu sehen.
Verspäteter Abflug: Der Zilpzalp ist auch im November noch bei uns zu sehen.
Bild Freepik
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