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Deshalb gehört der Räbaliachtli-Umzug zum St. Martinstag

In diesen Tagen finden vielerorts die Räbaliachtli-Umzüge statt. Traditionellerweise wird der Lichterumzug am St. Martinstag, dem 11. November, gefeiert. Was hat es mit diesem Feiertag auf sich?

Südostschweiz
11.11.21 - 19:03 Uhr
Leben & Freizeit
Licht und Liebe: Am Räbaliachtli-Umzug wird mit Hilfe von geschnitzten Räben Licht in die langen Novembernächte gebracht.
Licht und Liebe: Am Räbaliachtli-Umzug wird mit Hilfe von geschnitzten Räben Licht in die langen Novembernächte gebracht.
Bild Gaetan Bally/Keystone

Diesen süsslichen Duft der ausgehöhlten Räbe in der Nase, die Schnüre in der Hand, ein Lied im Ohr, oft wohl dieses: «Räbaliachtli, Räbaliachtli, wo gasch hii? I de dunkle Nacht, ohni Stärneschii, do mues mis Liechtli sii.» Da werden Erinnerungen an die Räbaliachtli-Umzüge in der eigenen Kindheit wach – sie bringen ein Gefühl der Vorfreude, der Aufregung, der unbekümmerten Kindheit zurück.

In diesen Tagen ziehen wieder in vielen Bündner Gemeinden Kinder vom Spielgruppenalter bis zur zweiten Primarschulklasse mit ihren geschnitzten Räben durch die Strassen, singen Lieder, essen anschliessend gemeinsam etwas Warmes. Doch woher kommt er eigentlich, der Brauch des Räbaliachtli-Umzugs? Und weshalb wird er oft am Martinstag, also am 11. November, gefeiert?

Räbaliachtli-Lied «I gan mit miner Laterne»

Beginn der Fastenzeit und Zinstag

Der 11. November wird als Martinstag bezeichnet, weil der heilige Martin, Bischof im französischen Tours, am 11. November 397 verstarb. Dafür, dass der Martinstag auf verschiedene Arten – so auch mit dem Räbaliachtliumzug – gefeiert wird, gibt es zwei verschiedene Erklärungen. 

Zum einen hielten die Christen vom Mittelalter bis in die Neuzeit zwischen dem 11. November und Weihnachten eine Fastenzeit. Tiere, die nicht durch den Winter gefüttert werden konnten, wurden geschlachtet, nicht fasten-taugliche Lebensmittel wie Fett und Eier mussten verbraucht werden. Deswegen wurde am letzten Tag vor Beginn der Fastenzeit noch einmal geschlemmt und gefeiert.

Zum anderen galt der Martinstag auch als das Ende des bäuerlichen Wirtschaftsjahres und war traditionellerweise vielerorts der Tag, auf den die Entrichtung des Zehnten fiel, also der in Naturalien abgegebenen Steuern. Noch heute beziehen sich Landpachtverträge teilweise auf den Martinstag als Anfangs- und Endtermin. Aus diesem Grund wird der Martinstag auch Zinstag genannt.

Martinfeuer und Martinsgänse

Beide Gründe – der Beginn der Fastenzeit wie auch der Zinstag – wurden bis gegen 1800 mit geselligen Festen mit Speis und Trank, mit Fackelläufen der Kinder und mit dem Abbrennen des Martinsfeuers gefeiert. Bis heute als Brauch verbreitet ist das Martinsgansessen. In Österreich wird es auch Martinigans genannt. 

Der heilige Martin

Erst später, ab dem 19. Jahrhundert, begann sich die Legende der Mantelteilung um den Martinstag zu ranken. Dieser Legende zufolge teilte der römische Soldat Martin seinen Mantel, um einem hungernden und frierendem Bettler an einem kalten Wintertag mit einem wärmenden Umhang zu helfen. In der folgenden Nacht soll Martin der Bettler im Traum erschienen sein und sich als Jesus Christus zu erkennen gegeben haben. 

Nach diesem Erlebnis – so die Legende – liess Martin sich taufen und im christlichen Glauben unterrichten. Später soll ihn die Bevölkerung der Stadt Tours (heute Frankreich) gebeten haben, ihr Bischof zu werden. Martin aber war so bescheiden, dass er sich nicht würdig genug fand für dieses Amt. Er versteckte sich in einem Gänsestall und wurde von den Gänsen mit ihrem Geschnatter verraten. Später wurde Martin zum Bischof geweiht. Am 11. November 397 starb der heilige Martin, nach rund 30 Jahren im Amt als Bischof.

Bündner Umzüge finden wieder statt

Nach dem coronabedingten Ausfall der Räbaliachtli-Umzüge im vergangenen Jahr finden diese heuer in vielen Bündner Gemeinden wieder statt. So zogen zum Beispiel die Taminser Kinder am Donnerstagabend mit ihren geschnitzten Räben durchs Dorf, in Bonaduz und Landquart finden die Umzüge am 13. November, in Untervaz am 14. November statt. In Chur dagegen wurde der Räbaliachtli-Umzug wiederum gestrichen. (sz)

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