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Abgeschrieben

Wie es dazu kommt, dass auch Tiere am Rande stehen und was man dagegen tun kann

Bündner Woche
18.08.22 - 11:00 Uhr
Leben & Freizeit

Von Lorena Tino

Zu gross. Zu klein. Zu dies. Zu das. Die Randständigkeit ist leider auch in der Tierwelt anzutreffen. Und grössten Teils ist sie durch den Menschen verschuldet. «Viele Hunde werden schon im Welpenalter falsch erzogen, oder gar nicht erzogen. Das hat zur Folge, dass wenn sie ausgewachsen sind, sie teilweise nicht mehr gesellschaftskonform sind», weiss Melanie Wildhaber, Tierpflegerin im Tierheim Arche in Chur.

Falsch oder gar nicht erzogen

Die Randständigkeit in der Tierwelt gibt es aber nicht nur bei Hunden, sondern auch bei anderen Tieren. Die Tiere werden abgegeben, weil sie nicht mehr gewollt sind oder die haltenden Personen ihnen nicht gerecht werden können. So geschieht es dass Hunde wie Bully, Zeus oder Rexi (siehe Bilder), einmal abgegeben nur schwer wieder ein neues Zuhause finden. Daraus lässt sich auch schliessen, dass Hunde am meisten von diesem Problem betroffen sind. «Für Tiere, die makellos und ‘süss’ aussehen, haben wir oft eine sehr hohe Interessentenzahl, häufig ohne dass diese sich richtig über den Charakter des jeweiligen Schützlings erkundigt haben. Solche Tiere haben oft grössere Chancen auf eine schnelle und gute Vermittlung. Gibt es äusserliche Auffälligkeiten, wird es schon schwierig. Unser Bully hat leider nur noch ein Auge und bisher noch keine einzige Anfrage bekommen», bedauert Co-Geschäftsleiterin Selina Riedi.

Anpassen ist verlangt

Ein weiterer Grund für die Problematik ist, dass viele Tierhalterinnen und Tierhalter hohe Erwartungen haben. Das Haustier soll sich der neuen Umgebung und den Gewohnheiten anpassen. Dabei wird nicht auf die Eigenschaften und Bedürfnisse einer Rasse geachtet. Davon sind meist Arbeiterhunde und sogenannte Listenhunde betroffen. Letztere würden oft in falsche Hände geraten, da man sie als Statussymbol verwende. Rein von der Erfahrung und den Anforderungen, würden aber viele den Tieren nicht gerecht werden können, wissen die beiden Expertinnen. Zeus, der unter die Listenhunde gehört, hat es daher auch besonders schwer, vermittelt zu werden. Äusserlich weist er keine Makel auf, jedoch erfordert seine Haltung einige Ansprüche. «Wir geben den Tieren hier bei uns Zeit und versuchen das Fehlverhalten zu korrigieren. Alles lässt sich aber ab einem gewissen Alter nicht mehr beheben. Ein Blatt, das mal zerknittert war, wird schliesslich auch nie wieder glatt», erklärt Melanie Wildhaber den Vorgang im Fall einer Fehlerziehung.

Während Kleintiere weniger unter dem Problem der Randständigkeit leiden müssen, trifft es aber auch immer wieder mal die Katzen. «Auch hier ist das Problem das gleiche. Durch falsche Haltung oder nicht korrekter Kommunikation kommt es zu unerwünschtem Verhalten des Tieres. Bei Katzen oft Unsauberkeit. Diese gehören dann meist zu den Randständigen unter den Artgenossen», klärt Melanie Wildhaber auf.

Zeit, Platz und Freude

Die Überforderung im Zusammenleben mit einem Tier ist keine Schande. Das Wichtigste sei aber, dass man sich das frühzeitig eingesteht und sich Hilfe holt. Leider ist man aber oft zu stolz dafür oder bemerkt das Problem viel zu spät.

Nicht zu vergessen ist allerdings, das jedes Tier auch einen eigenen Charakter hat, der ebenfalls im Verhalten mitwirkt. «Man muss sich Zeit nehmen und sein Tier kennenlernen. Diesen Charakter kennenlernen. Der Hund kann sich nicht nur an den Menschen anpassen, sondern es muss auch umgekehrt geschehen», liegt es Selina Riedi am Herzen.

Eine grosse Entscheidung

Die beiden Expertinnen Melanie Wildhaber und Selina Riedi sind sich einig: «Wer sich ein Tier zulegen möchte, egal welcher Art, sollte diese Entscheidung ganz bewusst treffen. Besonders wichtig ist es, sich im Vorhinein gut über die Art oder Rasse des Tieres, und die damit verbundenen Anforderungen zu informieren.» Diese Entscheidung dürfe auf keinen Fall aus einem Impuls heraus gefällt werden und schon gar nicht, um einem Kind ein Geschenk zu machen. Zur Haltung eines Tieres benötigt man nicht nur Zeit, sondern auch finanzielle Mittel, genügend Platz und vor allem Interesse und Freude. Sodass auch Hunde wie Bully, Zeus und Rexy ein Zuhause finden, das ihnen gerecht wird und einen Ort haben an dem sie willkommen sind.

www.tierheim-chur.ch

 

Tipps zur Erziehung

- Klare Kommunikation
: Unerwünschtes Verhalten muss mit einem klaren «Nein» unterbrochen werden. Lange sätze kann das Tier nicht mit der Handlung verbinden.
- Ruhe bewahren: Druck, schreien oder Gewalt helfen in der Erziehung nicht. Im Gegenteil. Dadurch wird das Tier nur  verunsichert was weiteres Fehlverhalten zur Folge hat. Eine ruhige Lernatmosphäre und viel Geduld sind hier gefragt. Nicht zu vergessen: Erfolge belohnen.
- Konsequenz: Alle Personen die im Haushalt mit einem Hund leben, sollten dieselben Regeln vertreten und darauf achten, dass diese eingehalten werden. Herrscht hier keine Einigkeit, fängt man immer wieder bei Null an.
- Timing: Wird ein Hund bei einem Fehlverhalten belohnt, wie etwa gestreichelt wenn er hochspringt, interpretiert er dieses Verhalten als erwünscht. Daher sollte man darauf achten, wann man Belohnungen vergibt.
- Hilfe annehmen: Ist man mit der Hundeerziehung überfordert oder macht keine Fortschritte, sollte man sich Hilfe bei Expertinnen oder Experten holen. Sei es in der Hundeschule, im Tierheim oder andernorts.

 

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