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Stau ist nicht gleich Stau

Wissen ist Macht – und manchmal einfach unterhaltsam. In unserer Serie «SOwas!» liefern wir Euch regelmässig (un)nütze Erklärungen und Kuriositäten zum Staunen und Schmunzeln.

Simone
Zwinggi
14.08.21 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Und dann geht nichts mehr: Ferientourismus, Lastwagen und Berufsverkehr sorgen gemeinsam für Kapazitätsengpässe auf den Strassen.
Und dann geht nichts mehr: Ferientourismus, Lastwagen und Berufsverkehr sorgen gemeinsam für Kapazitätsengpässe auf den Strassen.
SYMBOLBILD PIXABAY

Wenn man doch nur über alle anderen hinwegfliegen könnte: Wer kennt ihn nicht, diesen Wunsch, wenn man im Stau steht. Denn Stau nervt. Das Gefühl, nicht weg zu können, ist beklemmend. Das Wissen, zu spät beim Arzttermin anzukommen oder noch soooo lange auf das Bad im Meer warten zu müssen, frustriert. Warum gibt es überhaupt Stau? Und weshalb gibt es Menschen, die zu diesem Thema forschen?

Äusserst komplex

Stau sei ein komplexes Phänomen, sagt Dirk Helbing, ETH-Professor und Stauforscher, gegenüber SRF. Einerseits habe man über die Jahre systematisch unterschätzt, wie viele Fahrzeughalter es einmal geben werde: Deshalb ist Stau ein Überlastungsphänomen und die Verkehrsinfrastruktur stösst immer wieder aufs Neue an ihre Grenzen.

Andererseits gibt es aber auch Stau, wenn gar nicht so viele Fahrzeuge unterwegs sind. Wegen einer Baustelle? Wegen eines Unfalls? Oft einfach wegen kleinen Störungen im Verkehrssystem, meint Helbing. Wie zum Beispiel beim Überholmanöver eines Lastwagens: Wenn dann ein Fahrzeug bremsen muss, bremst das nächste ein wenig stärker, um einen Unfall zu vermeiden, und am Ende stehen alle Fahrzeuge still, obwohl das eigentlich gar niemand möchte. Mist!

Und steckt man dann auf der Autobahn im Stau, wird man ständig von Fahrzeugen auf der anderen Fahrbahn überholt – zumindest fühlt sich das so an. Doch dem ist nicht so, wie Wissenschaftler dank Studien herausgefunden haben. Das Gefühl, ständig langsamer als andere zu sein, entstehe, weil man sich Autos, die einen überholen, besser merken könne als solche, an denen man vorbeifährt. Dennoch pferchen viele ihre Wagen zuerst auf die eine, dann auf die andere Spur. Das macht flüssiges Fahren unmöglich und führt zumeist zu weiteren Bremsmanövern. Die Folge: Noch mehr Stau. Wer glaubt, er komme dank Spurwechseln früher ans Ziel, täuscht sich.

Wer aufs Navi hört und die Autobahn verlässt, um auf Nebenstrassen ans Ziel zu kommen, tut sich und anderen auch nicht unbedingt einen Gefallen. Wenn mehr als zehn Prozent der Auto auf die andere Route auswichen, gehe dort auch nichts mehr, sagt Stauforscher Michael Schreckenberg

Wir sollen uns ein Beispiel an den Ameisen nehmen, meint Schreckenberg. Will heissen: Nicht nur ans eigene Weiterkommen denken, auch an die anderen. Also synchron beschleunigen, synchron die Spur wechseln. So könne Stau gar nie erst entstehen.

Dazu gehört vermutlich auch das Reissverschlussprinzip. In seiner Perfektion könnte das dann so aussehen:

Achtung: Das Nachahmen dieser Szene empfehlen wir ausdrücklich nicht! Wir können ja klein anfangen.  

Simone Zwinggi ist Redaktorin bei Zeitung und Online. Nach einem Sportstudium wendete sie sich dem Journalismus zu. Sie ist hauptberuflich Mutter, arbeitet in einem Teilzeitpensum bei der «Südostschweiz» und hält Anekdoten aus ihrem Familienleben in regelmässigen Abständen im Blog Breistift fest. Mehr Infos

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