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Prost, Salute, zum Wohl oder Viva?

Wir Schweizer stossen gerne an. Gerade zur Weihnachtszeit gibt es auch einige Gelegenheiten dazu. Aber wie hält man das Glas richtig? Bei wem fängt man an? Was sagt man dabei? Und mit welchen Getränken darf man überhaupt anstossen? Wir sind den Verhaltensformen von Knigge nachgegangen und haben die Antworten.

21.12.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Anstossen oder einfach zuprosten? Viele offene Fragen zum richtigen Anstossen.
Anstossen oder einfach zuprosten? Viele offene Fragen zum richtigen Anstossen.
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Der Brauch des Anstossens führt zurück ins Mittelalter. Zu dieser Zeit war es üblich, dass man sich gerne mal gegenseitig vergiftete. Deshalb stiess man die Krüge so fest aneinander, dass der Inhalt vom einen Krug in den anderen überschwappte. So signalisierte man dem Gegenüber, dass er nichts zu befürchten hatte.

Quelle: GIPHY

Heute hat das Anstossen glücklicherweise eine andere Bedeutung. Es geht um Geselligkeit, Respekt und die Freude am Geräusch von klingenden Gläsern. Dabei gibt es heute allerdings einige Verhaltensregeln zu beachten.

Weinglas im Zehn-Grad-Winkel

Was eigentlich jeder wissen sollte, oft aber nicht eingehalten wird: Weingläser werden am Stiel gehalten. Oder zumindest am unteren Drittel des Glases. Das Halten von Weingläsern am Kelch ist ein absolutes No-Go! Denn so hört sich nicht nur das Anstossen trostlos an, das Glas ist dann auch voll mit Fingerabdrücken, was alles andere als edel aussieht.

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Zusamengestossen sollte man die Gläser nie am oberen Rand. Hier ist die Gefahr, dass das Glas kaputt geht, sehr gross, denn das ist die schwächste Stelle des Glases. Optimaler Weise hält man das Glas in einem Winkel von zehn Grad und stösst es am Bauch mit einem sanften «Ding» zusammen.

Mit Schnapsgläsern wird nicht angestossen

Angestossen wird traditionellerweise nur mit alkoholischen Getränken, wobei nur dünnwandige und nicht zu volle Wein-, Sekt- und Champagnergläser gut klingen. Heutzutage ist es nach modernen Regeln aber auch erlaubt, mit nichtalkoholischen Getränken anzustossen. Alleine schon, um die Personen, die keinen Alkohol trinken, weil sie beispielsweise noch Auto fahren müssen, nicht auszugrenzen.

Mit Schnapsgläsern wird gemäss Knigge allerdings grundsätzlich nicht angestossen. Auch bei Weissbier (Weizen) gilt es eine Besonderheit zu beachten: Hier stösst man mit dem unteren Teil der Gläser an und stellt das Glas danach nochmals kurz auf den Tisch. So löst sich durch die Erschütterung die Hefe, die sich nach dem Einschenken am Boden abgesetzt hat und verteilt sich nun wieder im Getränk.

Anstossen oder doch nur Zuprosten?

Wer macht den Anfang? Dieser Akt gilt oft auch als offizielle Eröffnung des Dinners. Deshalb findet er häufig vor dem Salat statt und ist dem Gastgeber vorbehalten. Falls dieser beschäftigt ist oder es vergessen hat, darf auch der älteste Herr am Tisch das Anstossen eröffnen. Geht man allerdings beispielsweise mit Freunden essen, ohne, dass die einen die anderen spezifisch einladen, kann man angestossen, wie man will.

Tatsächlich «anstossen» muss man die Gläser dabei aber nicht zwingend. Die einen können das Klang-Geräusch nicht oft genug hören und den anderen geht das Geschepper auf die Nerven. Vor allem im geschäftlichen Umfeld und in grösseren Gruppen wird auf das Anstossen verzichtet und man prostet sich einfach zu. Grundsätzlich gilt aber: Nur mit gefüllten Gläsern wird zugeprostet und angestossen.

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Keine diagonalen Streckübungen

Neben dem Gastgeber wird nur den direkten Tischnachbarn rechts, links, vis-à-vis und schräg gegenüber zugeprostet respektive mit ihnen angestossen. Dabei sieht man der jeweiligen Person in die Augen, was beim Anstoss-Stress bei zu vielen Leuten oft vergessen geht. Beim Anstossen soll zudem darauf geachtet werden, dass kein anderer Gast behindert wird, indem man über ihn hinweg mit anderen Gästen anstösst. Ein absolutes No-Go hier ist das gegenseitige Überkreuzen der Gläser.

Wer sich jetzt etwas Sorgen darüber macht, mit wem er nun wann anstossen soll, hier die formvollendete Variante von dem «Ess- und Tisch-Knigge»: «Man hebt das Glas und sucht lächelnd Blickkontakt».

Prost, Viva oder Salute?

Nun wäre mal geklärt, mit wem man anstossen respektive wem man zuprosten soll. Aber was darf man denn in diesem Moment sagen? Prost? Gesundheit? Salute? Leider nein. Das Wort Prost stammt vom lateinischen «Prosit» und bedeutet so viel wie «es möge nutzen». Dieser Ausdruck galt aber als vulgär und ist somit nicht wirklich positiv gemeint. Angebracht ist Prost nur für Geschäfte mit gegenseitigem Nutzen.

Bei «Gesundheit», «Salute» und allen weiteren Übersetzungen davon ist es dasselbe, wie beim Niesen. Auch dort soll man nach Knigge nicht mehr «Gesundheit» sagen. Dieser Ruf stammt aus dem Mittelalter. Zur Zeit der Pest haben Leute bei Niesern oder Hustern «Gesundheit» gerufen. Allerdings nicht, um dem Kranken Gesundheit zu wünschen, sondern, um sich selber vor der Krankheit zu schützen. Die Menschen damals waren sehr abergläubisch. Dieser alles andere als selbstlose Ausdruck hat sich im Laufe der Zeit auf das Anstossen übertragen.

Was man beim Anstossen nun sagen darf und soll ist «zum Wohl» oder «auf Ihr Wohl». Auch das in Graubünden beliebte «Viva» ist kein Problem, denn damit stösst man auf «das Leben» an. Es reicht aber auch einfach das Glas zu erheben, sich in die Augen zu schauen und höflich zuzunicken.

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Die Sache mit dem Namen

Immer schön brav den Namen des Gegenübers sagen, wenn man anstösst. Das ist typisch Schweizerisch. Nirgendwo sonst auf der Welt wird so viel Wert auf die Namensnennung gelegt, wie hier. Gemäss Knigge sollte man den Namen von Personen allerdings höchstens drei Mal nennen: zur Begrüssung, während eines Gesprächs in der Mitte des Abends – vielleicht beim Anstossen? – und zum Abschied.

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Ein- und Nachschenken wie ein Profi

Beim Einschenken von Wein soll die Etikette der Flasche nach oben zeigen. Das Glas wird ungefähr zu einem Drittel und bei schwereren Weinen bis zur Hälfte gefüllt. Oft ist dies auch der breiteste Punkt des Glases. Wenn man die Flasche vom Glas abhebt, senkt man sie vorsichtig nach hinten ab und dreht sie leicht nach rechts. So wird verhindert, dass Wein auf den Tisch tropft.

Die Gäste sollen nie vor einem leeren Glas sitzen. Füllt man jedoch zu schnell nach, wirkt das aufdringlich. Weiss-, Rosé- und leichte Rotweine werden nachgeschenkt, wenn noch ungefähr ein bis zwei Zentimeter Wein im Glas ist. Bei schwereren Rotweinen wartet man bis die Gäste ausgetrunken haben. Erst dann beginnt man mit dem Nachschenken. Wenn ein Teil der Gäste noch vor halbvollen Gläsern sitzt, fragt der Gastgeber diese, ob er denen mit leeren Gläsern schon nachschenken draf.

Das Einschenken ist Aufgabe des Gastgebers. Ausgenommen sind Restaurants. Dort übernimmt diese Aufgabe der Kellner, auch, wenn die Flasche auf dem Tisch steht. Sollte dieser der Aufgabe nicht rechtzeitig oder genügend nachkommen, darf der Gastgeber eingreifen.

Nun sollte euren Weihnachtsessen nichts mehr im Wege stehen. Wir wünschen zum Wohl (im Zehn-Grad-Winkel)!

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