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Warum Medien bei Suiziden zurückhaltend berichten

Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO trifft auf unserer Welt beinahe alle 40 Sekunden ein Mensch den Entscheid, sich das Leben zu nehmen. Dennoch liest, hört oder sieht man in den Medien nur selten von einzelnen Schicksalen. Warum das so ist? Wir haben mit zwei Medienexperten gesprochen.

Südostschweiz
12.11.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Wenn es nicht mehr weiter zu gehen scheint. Reden hilft. Die Dargebotene Hand ist 24/7 unter der Telefonnummer 143 erreichbar.
Wenn es nicht mehr weiter zu gehen scheint. Reden hilft. Die Dargebotene Hand ist 24/7 unter der Telefonnummer 143 erreichbar.
PIXABAY

Medien tragen mit ihrer Berichterstattung zur Meinungsbildung bei. Sie sind unter anderem der Objektivität, der Wahrheit und der Öffentlichkeit verpflichtet. Wo Verpflichtungen bestehen, braucht es Regelwerke und Rahmenbedingungen innerhalb derer sich Journalistinnen und Journalisten bewegen können und die es ermöglichen, journalistische Arbeit zu bewerten und allenfalls zu korrigieren. In der Schweiz sind diese Regeln und Verhaltensrichtlinien in der «Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten» und in den dazugehörigen Richtlinien festgehalten. Kontrollierende und einflussnehmende Instanz hierzu ist der Presserat.

Nachahmer vermeiden

Die Richtlinie 7.9. des Schweizer Presserats hält fest, wann und wie Medien über Suizide berichten. Sie hält fest, dass bei Suizidfällen grösste Zurückhaltung geboten ist. Warum dies so ist, erklärt Vinzenz Wyss, Professor für Journalistik an der ZHAW auf Anfrage von Radio Südostschweiz: «Es ist klar, dass ein Suizid immer sehr stark die Intimsphäre betrifft. Nicht nur diejenige der Person, die freiwillig aus dem Leben geschieden ist, sondern auch diejenige von Angehörigen. Ausserdem weiss man aus der Forschung, dass die Berichterstattung über Fälle von Suizid Nachahmungstaten auslösen.» Dies sei eine Verantwortung, die der Journalismus nicht übernehmen sollte, ergänzt Wyss.

Persönlichkeit schützen

Auch in der Ausbildung von Journalisten bei Somedia sind solche Fälle immer wieder ein Thema, wie Pieder Caminada, Projektleiter Ausbildung erklärt: «Es ist immer eine heikle Sache. Ich halte die jungen Journalistinnen und Journalisten jeweils dazu an, sich zu überlegen, was eine allfällige Berichterstattung für die Angehörigen der verstorbenen Person bedeuten würde.» Es gehe dabei immer auch um den Persönlichkeitsschutz und die Medien der Somedia seien sehr zurückhaltend, wenn es um die Berichterstattung zu Suizidfällen geht.

Zurückhaltung auch bei Ausnahmen

Nur in Ausnahmefällen sollen Medien über einen Suizid berichten. Dies sei der Fall, wenn ein übergeordnetes öffentliches Interesse bestehe. Sei es, weil beispielsweise eine Person des öffentlichen Lebens entschieden habe, sich das Leben zu nehmen oder weil ein Suizid im Zusammenhang mit einem von der Polizei gemeldeten Verbrechen steht, wie der Internetseite des Presserates zu entnehmen ist. Aber auch in solchen Fällen sei Zurückhaltung gefragt. Da sind sich die beiden angefragten Experten einig. Caminada zusammenfassend: «Wenn begründet entschieden wird, dass über einen Fall berichtet wird, geht es immer darum, die Berichterstattung zurückhaltend und nicht voyeuristisch zu gestalten».

Reden hilft

Es gilt als allgemein bekannt, dass Vorbeugen die beste Medizin ist. Entsprechend wichtig ist das Angebot an Hilfestellungen wie beispielsweise das der Dargebotenen Hand, die jederzeit anonym und kostenlos über die Telefonnummer 143 erreichbar ist. (dje)

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(Liebe Südostschweiz, sorry für Falscheingabe. Ich hatte mittags extra diese verbesserte Version gebastelt:)
Nichtveröffentlichung finde ich ablenkend (dass man Suizide nicht identifizierbar publizieren sollte - oder bei Prominenten zurückhaltend -, dürfte selbstverständlich sein) von der Frage, zu veröffentlichen, was man Wesentliches für Menschen in Not tun könnte.
Der Slogan "Reden hilft" wird leider nicht hinterfragt, obwohl wenn es um Gesundheit oder gar Tod geht, man es umso genauer, sorgfältiger nehmen sollte.
Telefon 143? Kirchen? Soziale Institutionen? Ob und wie? Schickten Sie einen Günter Wallraff zum Mystery Shopping? Man muss es erst praktisch testen, den Unterschied zwischen Medienberichten und desillusionierendem Reallife.
Siehe meinen Kommentar:
https://www.suedostschweiz.ch/politik/2019-11-08/bericht-zeigt-maengel-…
https://www.suedostschweiz.ch/aus-dem-leben/2019-11-11/luag-emal-aetti-…
Im SO-Bericht über PDGR/Burnout finde ich beispielsweise FALSCH,
1) die Ursache auf den Arbeitsplatz (Hausmännerdiskriminierung?) zu beschränken (denn: Life Is A Fulltime Occupation, wie bereits Thinkman! wussten, Beispiel primär Chronischkranke und sekundär Pflegende Angehörige),
2) Burnout (früher nannte man es beispielsweise Neurasthenie, Vegetative Dystonie, Buch Dr. Kass) nur als Depression oder Angst zu klassifizieren,
3) zwar Work/Life-Balance (muss man erstmal können dürfen) zu betonen, aber kein Wort vom Lärm, der den noch wichtigeren Schlaf (früher wusste man es noch: Schlaf ist die beste Erholung) man-made (nicht in meiner Hand) destruiert.
https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/2019-11-08/ein-burnout-kann-jed…

Diese Argumente finde ich ablenkend (dass man Suizide nicht identifizierbar publizieren sollte - oder bei Prominenten zurückhaltend -, dürfte selbstverständlich sein) von der Frage, was man Wesentliches für Menschen in Not tun könnte.
Der Slogan "Reden hilft" wird leider nicht hinterfragt, obwohl wenn es um Gesundheit oder gar Tod geht, man es umso genauer, sorgfältiger nehmen sollte.
Dass man Not gleichgültig oder ablehnend gegenüberzustehen in der Lage ist in unserer vorgeblich "empathischen" Gesellschaft, darüber berichtete ich mehrfach. Statt unkonventionell Hilfe anzubieten (Zivilcourage), verschliesst man sich.
Ein eher noch harmloses Beispiel:
https://www.suedostschweiz.ch/aus-dem-leben/2019-11-02/hilflose-reisend…
Siehe meinen Kommentar:
https://www.suedostschweiz.ch/politik/2019-11-08/bericht-zeigt-maengel-…
Im SO-Bericht über PDGR/Burnout finde ich beispielsweise FALSCH,
1) die Ursache auf den Arbeitsplatz zu beschränken (denn: Life Is A Fulltime Occupation, wie bereits Thinkman! wussten),
2) Burnout (früher nannte man es beispielsweise Neurasthenie, Vegetative Dystonie, Buch Dr. Kass) nur als Nichtveröffentlichung finde ich ablenkend (dass man Suizide nicht identifizierbar publizieren sollte - oder bei Prominenten zurückhaltend -, dürfte selbstverständlich sein) von der Frage, zu veröffentlichen, was man Wesentliches für Menschen in Not tun könnte.
Der Slogan "Reden hilft" wird leider nicht hinterfragt, obwohl wenn es um Gesundheit oder gar Tod geht, man es umso genauer, sorgfältiger nehmen sollte.
Telefon 143? Kirchen? Soziale Institutionen? Ob und wie? Schickten Sie einen Günter Wallraff zum Mystery Shopping? Man muss es erst praktisch testen, den Unterschied zwischen Medienberichten und desillusionierendem Reallife.
Siehe meinen Kommentar:
https://www.suedostschweiz.ch/politik/2019-11-08/bericht-zeigt-maengel-…
https://www.suedostschweiz.ch/aus-dem-leben/2019-11-11/luag-emal-aetti-…
Im SO-Bericht über PDGR/Burnout finde ich beispielsweise FALSCH,
1) die Ursache auf den Arbeitsplatz (Hausmännerdiskriminierung?) zu beschränken (denn: Life Is A Fulltime Occupation, wie bereits Thinkman! wussten, Beispiel Pflegende Angehörige),
2) Burnout (früher nannte man es beispielsweise Neurasthenie, Vegetative Dystonie, Buch Dr. Kass) nur als Depression oder Angst zu klassifizieren,
3) zwar Work/Life-Balance (muss man erstmal können dürfen) zu betonen, aber kein Wort vom Lärm, der den noch wichtigeren Schlaf (früher wusste man es noch: Schlaf ist die beste Erholung) man-made (nicht in meiner Hand) destruiert.
https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/2019-11-08/ein-burnout-kann-jed…

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