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Über das Leben und das Sterben sprechen

Anspruchsvolle Kost gab es für einmal im Kulturzentrum Eichen in Schänis. Dort stand das Thema Leben und Sterben auf dem Programm. Der Kardiologe Hans Rickli und der Ethiker Thomas Wallimann-Sasaki tauschten sich aus.

Linth-Zeitung
04.10.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Angeregte Diskussion: Hans Rickli (links) und Thomas Wallimann im Dialog zu Leben und Sterben.
Angeregte Diskussion: Hans Rickli (links) und Thomas Wallimann im Dialog zu Leben und Sterben.
BARBARA SCHIRMER

von Barbara Schirmer

Wir werden geboren, um zu sterben», sagte Hans Rickli, Chefarzt und Geschäftsleitungsmitglied des Kantonsspitals St. Gallen, einleitend. Zusammen mit seinem Gesprächspartner, dem Sozialethiker, Theologen und Leiter von «ethik22», Thomas Wallimann-Sasaki, sprach er im Kulturzentrum Eichen über das Thema «Leben und Sterben – Entscheiden, wenn es schwierig wird».

Häufig erlebt Wallimann in seinem Umfeld, dass sich die Leute auf das geltende Recht abstützen. Das verunsichere – dann, wenn die eigene Ethik mit dem Recht nicht 1:1 vereinbar ist. Als Beispiel nennt er den Schwangerschaftsabbruch. Dieser ist zwar gesetzlich geregelt, für einen gläubigen Christen oft aber schwierig vertretbar. Parallelen zieht er zur Patientenverfügung. Für ihn ist daher wichtig, dass Ärzte das Datum des Abschlusses einer solchen beachten. «Wir Menschen ändern unsere Meinung im Laufe der Zeit.»

«Beim Sterbeprozess gilt es, auch die Angehörigen miteinzubeziehen.»
Hans Rickli, Chefarzt und Kardiologe

Hans Rickli, der Kardiologe mit Schänner Wurzeln, wird in seinem Beruf immer wieder mit dem Tod konfrontiert. Werde er auf Patientenverfügungen angesprochen, so rate er: «Ja, macht das. Denn es ist sinnvoll, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzten.» So eine Verfügung sei aber eher eine Richtschnur. Beim Sterbeprozess gelte es, auch die Angehörigen miteinzubeziehen. Hinzu komme, dass jeder Patient ein Einzelfall sei. Genaues Hinschauen und das Gespräch zu suchen, sei daher wichtig. Schwierig werde es, wenn Familien zerstritten seien. Sein Rat: «Klärt dies vorher.»

Auf Augenhöhe

In der heutigen Zeit werden manche Operationen hinterfragt. Auch sind Politik und Krankenkassen bekannt dafür, dass sie schwarze Zahlen anstreben und so Druck auf die Spitäler ausüben. Daher wollte Thomas Wallimann wissen, nach welchen Kriterien entschieden wird, ob eine Operation durchgeführt werden soll. In seinem Gebiet könne ein Eingriff viel bewirken, unter Umständen Pflegekosten massiv senken, bedenkt Rickli. Hinzu komme, dass jeder Mensch auf seine Art am Leben hänge. Wenn eine Operation machbar sei, gelte es, die Risiken abzuwägen und mit dem Patienten zu besprechen. «Am Ende entscheidet der Patient.» Für ihn wichtig ist, dass sich der Arzt mit dem Patienten zu diesem Zeitpunkt auf Augenhöhe befindet.

«Wir leben in einer Gesellschaft, in welcher der Mensch frei über Leben und Tod entscheidet.»
Thomas Wallimann, Sozialethiker und Theologe

Der Tod ist für viele ein unangenehmer Gedanke. Dass diesbezüglich ein grosses Informations- und Gesprächsbedürfnis vorhanden ist, bewiesen die in beachtlicher Zahl erschienen Besucher des Anlasses. Viele Fragen wurden beantwortet. Unter anderem zu den Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas. «Wir leben in einer Gesellschaft, in welcher der Mensch frei entscheidet», erklärte Thomas Wallimann. Die Gefahr bestehe, dass ein Druck aufgebaut wird. «Es darf nicht sein, dass sich jemand das Leben nimmt, weil er für diese Gesellschaft nicht mehr leistungsfähig ist.»

Auch wenn das Thema ernst war, die beiden Gesprächspartner sorgten immer wieder für Lacher, indem sie sich gegenseitig neckten. Sterben und Leben gehören zusammen, auch über das Sterben zu reden und trotzdem Lachen zu dürfen.

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