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Nasses Glarnerland

Am Montag ist das hydrologische Jahr zu Ende gegangen. In weiten Teilen der Schweiz war es erneut zu trocken. Anders im Glarnerland: In Elm und Braunwald war es zu nass, im Kantonshauptort minim zu trocken.

Südostschweiz
02.10.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Nass: Das hydrologische Jahr spiegelt die grosse Niederschlagsmenge, die im Glarnerland vor allem in Elm und Braunwald anfiel.
Nass: Das hydrologische Jahr spiegelt die grosse Niederschlagsmenge, die im Glarnerland vor allem in Elm und Braunwald anfiel.
SASI SUBRAMANIAM

von Felix Blumer*

Das hydrologische Jahr dauert jeweils vom 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahres (siehe grüne Box unten). Entsprechend ging vorgestern das hydrologische Jahr 2018/19 zu Ende.

Im Westen und Süden war es in der Regel wieder deutlich zu trocken, im Westen teilweise sogar noch trockener als im Vorjahr mit dem Dürresommer 2018. Im Osten gab es dagegen an vielen Orten mehr Niederschlag, so auch im Glarnerland, besonders im Süden des Kantons.

Der Osten war vielerorts zu nass

Im östlichen Mittelland, aber auch in den östlichen Alpen und in Nord- und Mittelbünden war das hydrologische Jahr 2018/2019 zu nass. In Chur gab es beispielsweise 25 Prozent mehr Niederschlag als in einem Durchschnittsjahr, und auch auf dem Säntis und in St. Gallen lagen die Werte deutlich über dem Durchschnitt. Der Kanton Glarus liegt da voll im Trend. In Elm und Braunwald war es deutlich zu nass, in Glarus war es im Vergleich zur klimatologisch relevanten Norm der Jahre 1961 bis 1990 ebenfalls zu nass, im Vergleich zur neueren Norm 1981 bis 2010 leicht zu trocken. Im Gegensatz zur Temperatur ist es beim Niederschlag viel schwieriger, eindeutige flächige Aussagen machen zu können, denn ein einziges heftiges Gewitter an einem Ort kann die Statistik stark beeinflussen. Generell scheint sich aber der Trend zu bestätigen, dass die Jahr-zu-Jahr-Schwankungen viel grösser sind als der allgemeine Trend.

Gletscher mussten leiden

Die Trockenheit im Sommer 2018 sorgte für grosse Schlagzeilen. Es war einer der trockensten Sommer überhaupt, an vielen Orten sogar der zweittrockenste seit 1947. Entsprechend erstaunlich ist es auf den ersten Blick, dass das hydrologische Jahr 2018/2019 im westlichen Mittelland an vielen Orten noch trockener war als das Vorjahr. Massgebend dazu beigetragen haben die Winterniederschläge, war doch der Winter 2017/2018 im Westen sehr nass, und auch der Sommer 2018 war im westlichen Mittelland nicht so trocken wie im Osten der Schweiz, wo sich die Trockenheit am meisten auswirkte. Umgekehrt war der Winter 2018/19 speziell im Osten sehr nass, hingegen deutlich weniger im Westen. Es folgte ein Sommer, der speziell in der Romandie sehr trocken war.

Obwohl der Winter an vielen Orten schneereich war, ging der Rückzug der Gletscher weiter sowohl bezüglich Länge als auch bezüglich Volumen. Dies überrascht weiter nicht, war doch das Sommerquartal 2019 das drittwärmste nach 2003 und 2015, aber noch wärmer als 2017 und 2018. Eine Änderung dieses Trends ist nicht absehbar.

Das Wasserjahr beginnt
von Felix Blumer * 
Für die Wasserwirtschaft heisst die wichtigste Gleichung: Niederschlag minus Verdunstung ergibt den Abfluss. Diese Berechnung hat allerdings eine Tücke: Der Niederschlag, der im Spätherbst in Form von Schnee fällt, fliesst meist erst im darauf folgenden Jahr ab.
Theoretisch könnte man nun den Wassergehalt in der Schneedecke berechnen und dann buchhalterisch ein transitorisches Konto bilden. Das wäre aber sehr kompliziert, denn auch im Satellitenzeitalter ist es sehr schwierig, den Wassergehalt der Schneedecke genau zu bestimmen.
Für Neuschnee kann man in erster Näherung davon ausgehen, dass ein Kubikmeter Schnee ein Gewicht von 100 Kilogramm hat, also zehn Zentimeter Neuschnee einem Wasseräquivalent von zehn Millimetern Regen entsprechen.
Schon am zweiten Tag wandelt sich der Schnee meist um. Die gleiche Schneemenge ist dann nur noch fünf Zentimeter hoch, wiegt aber immer noch 100 Kilogramm – solange kein Wasser in den Boden versickert.
Und Altschnee weist im Frühling ein Gewicht von etwa 600 Kilogramm pro Kubikmeter auf. Weil das alles so kompliziert ist, haben die Hydrologen (Wasserkundler) kurzerhand den Jahreswechsel auf den Herbst verschoben. Glaziologen zogen mit Auch bei den Gletscherkundlern endet das Jahr am 30. September. Zu diesem Zeitpunkt erreichen die Gletscher in der Regel ihren jährlichen Minimumstand. Dieser wurde früher mit dem Theodoliten vermessen und die Ergebnisse ins Jahrbuch eingetragen. Man versuchte also immer, die jährlichen Minimum-Stände miteinander zu vergleichen.
Auch heute wird an diesem Referenztermin festgehalten, auch wenn nun mittels Satellitentechnik die Gletscher auch zu anderen Zeitpunkten unter dem Jahr eingemessen werden können.

*Der Glarner Felix Blumer ist Meteorologe bei Schweizer Radio und Fernsehen.

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