×

Der Experte

Der Schmerkner August Kuster geht einem der ältesten Berufe der Welt nach. Er ist Steinmetz. Beim Kafi erzählt er, wie er die jungen Teilnehmer an den World Skills erlebt hat und wieso die Asiaten an den Wettbewerben so gut abschneiden.

Linth-Zeitung
01.10.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Steinmetz aus Leidenschaft: Der Schmerkner August Kuster hat an den diesjährigen Berufsweltmeisterschaften im russischen Kazan einen jungen Steinmetz begleitet.
Steinmetz aus Leidenschaft: Der Schmerkner August Kuster hat an den diesjährigen Berufsweltmeisterschaften im russischen Kazan einen jungen Steinmetz begleitet.
MARKUS TIMO RÜEGG

von Gabi Corvi

Wir besuchen den Steinmetz in seinem Büro in Schmerikon, wo neben moderner Computertechnik zum Kreieren der Werkstücke auch seine gute alte Tasche mit konventionellen Werkzeugen zum Vermessen und Zeichnen nicht fehlen darf.

August Kuster, Sie waren vom 22. bis am 27. August als Experte an den Berufsweltmeisterschaften im russischen Kazan. Was muss man sich unter den World Skills vorstellen?
Es ist ein Wettbewerb, bei dem sich Berufstalente aus rund 62 Nationen in standardisierten Wettbewerben miteinander messen. Aus der Schweiz reisten dieses Mal etwa 100 Teilnehmer, Experten und Betreuer zu den World Skills. Wir waren in 39 Berufen am Start. Die Berufsweltmeisterschaften sind Ausbildungsplattformen, sie fördern Talente und sollen nicht zuletzt die Bildungsstandards der verschiedenen Länder verbessern. Die Teilnehmenden strahlen Berufsstolz aus. Sie möchten zeigen, was sie können. Es ist grossartig, dass sich die Berufsmeisterschaften, von den Swiss Skills, über die Euro Skills, bis zu den World Skills immer grösserer Beliebtheit erfreuen und auch in der Öffentlichkeit und in der Politik stärker wahrgenommen werden. Sogar Bundesrat Guy Parmelin liess es sich nicht nehmen, uns in Kazan zu besuchen. Dank grosszügiger Sponsoren ist das Ganze viel professioneller geworden.

Sie haben in der Sparte Steinmetze Max Kohli aus Anglikon begleitet. Wie bereitete sich der junge Steinmetz auf die World Skills vor?
Als Gewinner der Swiss Skills hatte sich Max Kohli automatisch für die World Skills qualifiziert. Zusammen mit seinem Lehrbetrieb, der Emil Fischer AG in Dottikon, und dem letztjährigen Steinmetz-Europameister Michael Egli betreute ich den jungen Mann bei seinen Vorbereitungen. Ich war früher selbst Teilnehmer an den World Skills und habe eine lange Erfahrung als Experte und Chefexperte. So wusste ich, was auf die Teilnehmer zukommt. Wir trainierten innerhalb von acht Monaten rund 40 Tage lang speziell für den Wettbewerb und versuchten, ihm alles mitzugeben, was es braucht, um die Herausforderungen in Kazan zu meistern.

Die Presse berichtete 1989 über die Teilnehmer der Berufsweltmeisterschaften im englischen Birmingham. August Kuster zeigt einen Zeitungsausschnitt, auf welchem er als stolzer Gewinner der Bronzemedaille in die Kamera lächelt.

Was waren die Aufgaben der Teilnehmenden und wie hat Max Kohli abgeschnitten?
Der Wettbewerb ging über vier Tage. Verschiedene Module mit unterschiedlichen Aufgaben mussten bewältigt werden. Jedes Modul wurde schliesslich einzeln bewertet. Nach jedem Tag wurden die gearbeiteten Stücke beurteilt. Der Druck war enorm, zumal das letzte Modul ein Projekt beinhaltete, welches in den total zur Verfügung stehenden 22 Stunden kaum zu schaffen war. Max Kohli hat seine Sache gut gemacht, aber am Ende kamen andere mit dem straffen Zeitplan besser zurecht und waren etwas exakter. Unser Teilnehmer schaffte den 10. Platz und bekam ein Zertifikat der World Skills. Man muss dazu wissen, dass unter anderem die Teilnehmer aus China und Korea aus einer Hundertschaft an Kandidaten für ihr Land ausgewählt und dann bis zu zwei Jahre lang auf die Aufgaben eingefuchst werden. In der Schweiz läuft die Selektion über die Swiss Skills und sobald die Sieger dort auserkoren sind, beginnt bei uns das intensive Training. Es erstaunt nicht, dass China und Korea im Nationenranking auf Platz 1 und 2 landeten. Wir Schweizer dürfen aber auf unseren 3. Platz auch sehr stolz sein.

Wie sind Sie zu Ihrer Expertentätigkeit gekommen?
Ich hatte 2003 mein Expertenamt an den Nagel gehängt, wurde dann aber für diese World Skills aufgrund meiner grossen Erfahrung wieder angefragt. Der Aufwand ist unbestritten riesig. Die Vorbereitung ist aufwendig und auch vor Ort ist man sehr eingespannt. Vom Land sieht man leider nur sehr wenig. Die Dossiers mit den Aufgaben und die ganze Bürokratie sind in den letzten Jahren immer umfangreicher geworden. Zudem ist alles auf Englisch. Man muss das schon auf sich nehmen wollen, wenn man sich entschliesst, als Experte zu fungieren.

Ihnen scheint viel an der Förderung des Berufsnachwuchses zu liegen. Was treibt Sie an?
Grundsätzlich finde ich es sehr wichtig, das Bildungssystem zu stärken, damit die Qualität in unseren Lehrberufen hoch bleibt. Die jungen Leute brauchen Vorbilder, Zugpferde, Motivatoren. Dafür sind die World Skills perfekt. Zudem ist es, schön zu sehen, wie sich die Teilnehmer an diesem Wettbewerb auf sehr sportlichem Niveau messen. Es gibt immer noch leistungsfähige, engagierte und willensstarke junge Berufsleute. In Kazan habe ich viele Ausnahmetalente in den verschiedensten Berufen erlebt.

Wie sieht die Lage bei den Steinmetzen aus?
Es ist nicht so einfach, Lehrlinge zu bekommen. Steinmetz hat – ganz objektiv gesehen – bei der Berufswahl der Jugendlichen nicht gerade die Nase vorn. Aber es braucht unbedingt junge Fachleute, denen man das traditionelle Handwerk weitergeben kann. Die Lehrlingssituation gleicht manchmal einer Wellenbewegung. In einem Jahr ists mit der Lehrlingssuche harzig, dann kommt wieder ein Jahr, in welchem man den Ausbildungsplatz gut besetzten kann.

Informatik- oder Pflegeberufe boomen bei den Schulabgängern. Tun Ihrer Meinung nach Schulen und Berufsberatungen genug, um den Schulabgängern auch handwerkliche Berufe vorzustellen?
Das ist schwierig zu beurteilen. Wir sind halt ein Nischenberuf. Zu uns kommt man eher aus Zufall oder über familiäre Beziehungen. Natürlich sind wir froh, wenn die Schulen die handwerklichen Berufe, also auch den Beruf Steinmetz, den Schülern als attraktive Ausbildungsplätze vorstellen. Aber wir müssen uns auch selbst anstrengen und Werbung für unseren schönen Beruf machen.

Wem würden Sie den Beruf empfehlen?
Schulabgängern, die kreativ sein möchten, sich der anstrengenden Handarbeit bewusst sind, gerne etwas bewegen und nicht zuletzt etwas Bleibendes für Jahre oder gar Jahrzehnte erschaffen wollen.

August Kuster zeigt auf einem Schema einen Strassenzug, bei welchem er oder andere Mitarbeiter an jedem Haus schon einmal eine Steinmetz-Arbeit gemacht haben. So etwas zu sehen, freue jeden Berufsmann, so Kuster.

Nochmals zurück zu den World Skills: Was nehmen Sie von Ihrer Reise nach Kazan mit?
Vor allem das Bild der Expo-Halle und des Hotels (lacht). Nein, im Ernst. Ich nehme viele unvergessliche Eindrücke mit. Beispielsweise die Eröffnungszeremonie mit rund 40 000 Zuschauern war einfach unglaublich. Der Einzug der Berufsleute glich dem Einzug der Athleten an Olympischen Spielen. Vor allem haben mir aber auch der Respekt der Teilnehmer untereinander und der faire Wettbewerb gefallen. Die Teilnehmer klopften sich gegenseitig auf die Schultern, es war ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander. Auch wir Experten hatten ein sehr kollegiales Verhältnis, das über die World Skills-Zeit hinausgeht.

Sagts, schmunzelt und zückt das Handy, wo Dutzende von Whatsapp-Grussbotschaften und bunte Fotos der enthusiastischen World Skills Community munter aufploppen.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR