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Die Fahrt durch Domat/Ems, die im Nirgendwo endet

Die Durchfahrt durch Domat/Ems ist offiziell gesperrt. Eine Umleitung ist aber nicht signalisiert, ortsunkundige Verkehrsteilnehmer legen daher öfters den Ortsverkehr im Dorfzentrum lahm.

31.07.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Eigentlich ist die Durchfahrt durch Domat/Ems gesperrt, eine Umleitung ist jedoch nirgends signalisiert.
Eigentlich ist die Durchfahrt durch Domat/Ems gesperrt, eine Umleitung ist jedoch nirgends signalisiert.
PHILIPP BAER

Seit wenigen Tagen ist die Via Nova in Domat/Ems auf einer Länge von rund 30 Metern auf Höhe der Kirche Mariä Himmelfahrt gesperrt. Die Durchfahrtsstrasse wird saniert und voraussichtlich bis zum 13. Dezember gesperrt bleiben. Die einheimische Bevölkerung ist informiert und kennt die Schleichwege für die Umfahrung der Baustelle. Für auswärtige Verkehrsteilnehmer ist an den Dorfeingängen und den Autobahnausfahrten in Kombination mit einem Fahrverbot für Motorwagen und Motorräder signalisiert, dass die Durchfahrt «Domat/Ems ab Post oder GKB/Coop gesperrt» ist. Zudem gilt derzeit auf der Autobahn zwischen Chur und Reichenau keine Vignettenpflicht. Dies, weil die A13 als Umfahrungsstrecke für den Emser Transitverkehr festgelegt wurde, wie Elia Lardi, Chef Dienste des Bündner Tiefbauamtes (TBA), auf Anfrage mitteilte.

Der mühsame Weg zurück

Nur, die Signalisationen zeigen nicht die gewünschte Wirkung, wie Max Caviezel sagt. Er besitzt in Ems eine Apotheke und zeigt das Foto eines polnischen Lkw-Chauffeurs, der mit seinem Truck kürzlich ratlos vor der Baustelle stand. Mit seinem langen Aufleger war die Weiterfahrt über die verwinkelte Ausweichroute der Via Baselga undenkbar, eine Wendemöglichkeit fand er im engen Dorfzentrum natürlich auch nicht. Er musste seinen Fünfachser im Retourgang zurückzirkeln.

Warum fand der Pole überhaupt den Weg bis zur Baustelle? Eine Signalisation, die eine Sperrung der «Hauptstrasse» kund tut, setzt ein ortsunkundiger Verkehrsteilnehmer wohl nicht automatisch mit der Sperrung aller Strassen eines Ortes gleich – sofern er die Signalisation überhaupt versteht. Will heissen: Selbst, falls die Signalisation wahrgenommen und verstanden wird, gehen ortsunkundige Verkehrsteilnehmer davon aus, über eine signalisierte Umleitung durchs oder ums Dorf geführt zu werden.

Doch in Domat/Ems ist nirgends eine Umleitung signalisiert, weder an den Ortseingängen, noch direkt bei der Baustelle. Gemäss Lardi hat das TBA in Absprache mit der Gemeinde bewusst auf eine Signalisation dieser Umfahrungsmöglichkeit verzichtet. «Um möglichst viele Fahrzeuge auf die Umfahrung via A13 zu lenken.»

Im Moment schlängelt sich der Transitverkehr darum um die Kirche herum. «Das kann keine Lösung sein», sagt Caviezel. «Falls dort zwei kleinere Lastwagen aufeinandertreffen, geht nichts mehr.» Er wünscht sich eine optimierte Signalisation: «Die Einwohner der Nachbargemeinden, die ins Zentrum wollen, sollten wissen, dass sie dies können. Und der Lastwagen-Transitverkehr sollte noch gezielter abgehalten werden.»

Caviezel schlägt ein «No Transit»-Schild an den Dorfeingängen und ein konsequentes Lastwagen-Verbot für nur durchfahrende Lkws vor. «Dieses würde auch von fremdsprachigen Chauffeuren verstanden.»

Caviezels Vorschlag erteilt Lardi eine Abfuhr: «Das angebrachte Verbotszeichen für Motorwagen gilt für alle mehrspurigen Motorfahrzeuge und somit auch für Lastwagen.» Eine zusätzliche Lkw-Verbotstafel würde laut Lardi im Widerspruch zum Motorwagenverbot stehen, da bei einem Lkw-Verbot Autos zugelassen wären. Diese Begründung mag verkehrstheoretisch zutreffen, doch in der Praxis ist damit derzeit das Fahren bis zur Baustelle erlaubt, auch für grosse Trucks. Und mit konsequenter Anwendung der jetzigen Signalisationen müssten dann jene Motorwagen gebüsst werden, die die Baustelle auf einem Schleichweg überwinden und danach ihre Fahrt aus Domat/Ems hinaus ohne einen Halt im Dorf fortsetzen.

Wieder zurück: Ein polnischer Chauffeur zirkelt seinen Truck retour aus dem Dorfzentrum von Domat/Ems. MAX CAVIEZEL
Wieder zurück: Ein polnischer Chauffeur zirkelt seinen Truck retour aus dem Dorfzentrum von Domat/Ems. MAX CAVIEZEL

Keine mehrsprachigen Schilder

Auch eine «No Transit»-Signalisation lehnt das TBA ab. «Die Sprache der Signalisation richtet sich nach der Amtssprache und soll die Verkehrsteilnehmer nicht ablenken, in dem die Aufmerksamkeit übermässig lange auf eine Signalisation gerichtet bleibt», so Lardi. Entsprechend würden keine mehrsprachigen Schilder angebracht.»

Wobei hier aber die Frage erlaubt sei, welche Signalisation einen nicht ortskundigen und kaum deutschsprachigen osteuropäischen Lkw-Fahrer mehr ablenkt: «No Transit», oder «Durchfahrt Domat/Ems ab Post gesperrt, Zufahrt bis Kirche gestattet»? Kein Schelm der denkt, dass sogar eine Kombination dieser beiden Signalisationen den osteuropäischen Chauffeur besser aufklären würde als die bisherige Lösung.

Zumindest wurde die Problematik, dass noch viele Fahrzeuge nach Domat/Ems hinein und nicht über die Autobahn fahren, inzwischen gemäss Lardi auch vom Kanton erkannt. «Entsprechend wird derzeit in Absprache mit der Gemeinde eine Innerortsumfahrung mit entsprechender Signalisation geprüft.»

Hans Peter Putzi ist Redaktor. Er spricht für Radio Südostschweiz, manchmal schreibt er auch für die Zeitung «Südostschweiz» und «suedostschweiz.ch». Besonders gerne recherchiert er, mit Vorliebe in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Sicherheit, Umwelt und Sport. Er ist im hinteren Prättigau aufgewachsen und wohnt seit vielen Jahren im Bündner Rheintal. Mehr Infos

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Typisch, vom ASTRA angefangen zum Kanton (Hupfschmid) bis auf Gemeindeebene. "Birraweich", würden unsere Zürcher Touristen sagen.

Ist auch mir aus der Region so ergangen. Ich erwartete Umleitungsschilder, wie man sie in der ganzen Schweiz findet und üblich sind. Nun Herr Lardi argumentiert nun wie ein Ertrinkender, an Stelle einfach zuzugeben, dass man das verbockt hat. Es scheint heute üblicher Reflexx zu sein sich bei allen Kritiken sofort herausreden zu wollen. Die Vorschriften über das Anbringung der Signalisationen ist ja nicht gerade ein Meisterwerk und da dürfte man guten Menschenverstand ja schon erwarten. Dem Polen, Ungarn, Spanier und Esten und allen übrigen Ausländern ist das Territorialprinzip des TBA eigentlich völlig egal, sie möchten einfach wissen ob das was ihr NAVY anzeigt auch geht und fahren erst mal, das deutsch geschriebene Plakat versteht sowie so niemand so wie es geschrieben ist und es sagt nicht, dass es keine Umleitungen gibt. Dazu braucht es jetzt wirklich keine Sitzungen im TBA, da muss man nur den Strassenmeister mit ein paar Umleitungstafeln ins Dorf schicken und schon klappt es. Etwas mehr Beweglichkeit und Grandezza wäre ja schon nicht ganz falsch.

Wenn Beamte auf Ihren erschaffenen Gesetzgebungen reiten , aber in der Praxis vielleicht Anpassungen nötig wären, zeugt ein gesunder Menschenverstand, tendenziell immer noch am Besten. Dies wiederum ein Anzeichen ist, dass viele Ihren Job richtig gemacht haben.

Unglaublich..und vor Baustelle noch eine „Sackgasse“-Tagel!Bringen diese Herren keine vernünftige Strassen-Signalisation-UMLEITUNG zu Stande?!

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