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Zwei Männer machen gutes Wetter für ihre Berufsmatur

In Rothenthurm setzt sich der Muotathaler Wetterschmöcker Martin Horat auf Ameisenhaufen, um zu wissen, ob es regnet. Zwei junge Glarner gehen das etwas seriöser an: vernetzt.

Südostschweiz
23.03.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Die zwei Informatiker möchten im Kanton ein Netz von Wetterstationen aufbauen.
Die zwei Informatiker möchten im Kanton ein Netz von Wetterstationen aufbauen.
MARCO HÄUSLER

von Marco Häusler

Humor haben beide wohl auch. Anders als die Innerschwyzer Hobby-Meteorologen observieren sie aber weder Ameisen noch Tannzapfen, und Prognosen wagen sie erst recht nicht. Sie reden dafür von «LoRaWAN» oder «IoT», heissen Nino Schmed und Niels Scheunemann und sind – natürlich – Informatiker.

Oder zumindest auf dem besten Weg dazu. Die beiden 18-Jährigen absolvieren ihre Ausbildung im 3. Lehrjahr; Nino Schmed aus Oberurnen mit Fachrichtung Systemtechnik bei der kantonalen Verwaltung, Niels Scheunemann aus Glarus mit Fachrichtung Betriebsinformatik bei der Kunststoff Schwanden AG. Und darum wissen sie unter anderem, dass «IoT» als Kürzel für «Internet of Things» oder zu deutsch «Internet der Dinge» steht.

«GIBGL», «BM3a» oder «IDPA» sind weitere Abkürzungen, die das Leben der Beiden zurzeit stark prägen. An der Gewerblich-Industriellen Berufsfachschule Kanton Glarus beschäftigen sie sich in Ziegelbrücke auf ihrem Weg zur Berufsmatura in der Klasse 3a mit ihrer Interdisziplinären Projektarbeit. Und diese hat auch mit «LoRaWAN» zu tun. Und mit dem Wetter im Glarnerland.

Über ein «Gateway» ins Internet

Schmed und Scheunemann wollen im ganzen Kanton ein Netz von Wetterstationen aufbauen und die Daten, die so gesammelt werden, aufzeichnen, aufbereiten, archivieren und allen gratis zur Verfügung stellen.

So der simple Plan. Weniger simpel ist die Umsetzung und speziell, wenn die Daten auch an Orten ohne Internetzugang, mit ganz schmalem Budget gesammelt und allgemein zugänglich gemacht werden sollen. «Dafür setzen wir auf die LoRa-Technologie», steht auf der Webseite der Beiden.

«LoRaWAN» steht für «Long Range Wide Area Network», also einem «Langstrecken»- oder «Weitbereichsnetzwerk». Das funktioniert drahtlos, indem die Wetterstationen ihre Daten mit geringem Energieaufwand über eine kleine Antenne und eine Distanz von je nach Umgebung zwei bis 15 Kilometern an ein «Gateway» funken.

Diese für alle frei benutzbare Station sendet Datenpakete über eine grössere Antenne an den Server, auf dem sie gespeichert, weiter verarbeitet, zum Beispiel grafisch dargestellt und im Internet publiziert werden.

Soweit die Technologie. Genutzt wird sie vor allem für das «IoT», dem «Allesnetz», in dem x-beliebige «Dinge» über das Internet miteinander vernetzt werden können.

Jährlich eine Tafel Schokolade

Mit möglichst vielen Stationen wollen Schmed und Scheunemann nun die Wettersituation im Glarnerland möglichst detailliert abbilden. Um diese Stationen aufzustellen, eignen sich erhöhte Positionen besonders gut. «Deshalb unsere Anfrage», traten die beiden auch an die «Südostschweiz»: «Ist es möglich, eine unserer selbst gebauten Wetterstationen auf dem Dach des Medienhauses zu installieren?»

Tun wollen sie das selbst. Als Voraussetzung dafür brauchen sie nur einen Stromanschluss – und das Einverständnis der Versicherung Glarnersach. An sie als Hausbesitzerin wurde die Anfrage weitergeleitet. «Bisher erhielten wir keine Antwort», sagt Schmed. So funken zurzeit erst zwei kleinere, gekaufte Stationen Temperatur und Luftfeuchtigkeit an das Gateway, das Anfang Februar auf dem Dach der Glarner Kantonsschule in Betrieb genommen wurde.

Ihre selbst gebauten Stationen messen daneben auch die Windstärke, den Luftdruck und die Luftqualität. «Theoretisch könnten sich alle Glarner die Anleitung zum Bau der Station aus dem Internet herunterladen und sie in einem halben oder ganzen Tag selbst bauen», sagt Schmed. Für den Betrieb schätz Scheunemann die Stromkosten pro Jahr «auf eine Tafel Schokolade».

Scheunemann erklärt auch, welchen Nutzen das Projekt haben könnte: «Man kann die Daten, die wir zum Beispiel auch mit Meteo Swiss teilen wollen, für Analysen verwenden.» Das ermögliche genauere lokale Wetterprognosen oder – noch viel praktischer: «Wenn ich in Braunwald eine Skitour machen will, kann ich mir schon zu Hause in Glarus ansehen, welches Wetter mich erwartet.»

Und das ohne jegliche Gefahr, eventuell von einer Ameise gebissen zu werden.

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