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Rivella kommt aus einem Rapperswiler Badezimmer

Kolumnist Martin Mühlegg über das Schweizer Nationalgetränk, das in einem Badezimmer in Rapperswil erfunden wurde.

Linth-Zeitung
27.02.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Das Nationalgetränk Rivella wurde vermutlich in einem Badezimmer im mittleren Haus erfunden.
Das Nationalgetränk Rivella wurde vermutlich in einem Badezimmer im mittleren Haus erfunden.
MARTIN MÜHLEGG

von Martin Mühlegg

Molke entsteht, wenn Milch zu Käse oder Quark gerinnt. Sie enthält 94 Prozent Wasser, vier bis fünf Prozent Milchzucker, etwas Protein und einige Mineralstoffe. Sie kann zu Molkenkäse (Ricotta, Ziger u.a.) verarbeitet werden. Viel Molke wird zur Fütterung von Schweinen verwendet. Etliche Käser halten deshalb eigene Schweine.

Was zur Schweinemast verwendet wird, kostet nicht viel. Wem es gelingt, Molke zu einem gut bezahlten Produkt zu verwerten, der kann Geld verdienen. Dies wusste auch der Jurist Robert Barth, der zu Beginn der 1950er-Jahre mit seiner Gattin Gerty in Rapperswil wohnte. Über seinen Bruder Jean gelangte Robert an die Verwendungsrechte eines Rezeptes. Dank dieses in der Praxis noch nicht erprobten Rezeptes sollte es möglich werden, aus Molke Bier herzustellen.

1951 bestellte der damals 29-jährige Robert Barth von einem deutschen Camembert-Hersteller ein aus Molke gewonnenes Milchserum. In seinem Badezimmer an der Zürcherstrasse 56 startete er die ersten Versuche mit Milchserum, Mineralwasser und Kräuteraromen. Hans Süsli vom Milchtechnischen Institut der ETH Zürich beriet ihn dabei.

Ende 1951 erbte Barth von seiner Grossmutter 200 000 Franken und gründete die Einzelfirma «Milkin-Institut Robert R. Barth». In der ehemaligen Stäfner Weinhandlung «Gehrenau» fand er seine ersten Produktionsräume. Er kaufte gebrauchte Maschinen und richtete mit seinem Schwager Walter Horlacher und Süsli eine kleine Getränkefabrik ein. In einem Stationsverzeichnis der SBB stiess Barth auf das Tessiner Dorf Riva San Vitale. Weil Ortsnamen nicht ins Markenregister eingetragen werden dürfen, stöberte Barth in einem italienischen Wörterbuch. Dort fand er «Rivelazione» (Offenbarung) und leitete daraus mit seinem Reklameberater Friedrich Frank «Rivella» ab.

Am 13. März 1952 eröffnete Barth offiziell sein Stäfner Milkin-Institut. Das neue Produkt «Rivella» erhielt von Presse, Kundschaft und Handel Höchstnoten und entwickelte sich innert weniger Jahre zum Nationalgetränk. Anfang 1954 zogen die Barths und Rivella von Rapperswil und Stäfa nach Rothrist im Aargau.

In welchem Haus Barth seine ersten Versuche unternommen hat, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, weil die Hausnummern an der Zürcherstrasse nicht mehr die gleichen sind wie damals. Der Firmengründer verstarb 2007, und seine Kinder Christine und Alexander, die noch heute im Familienunternehmen engagiert sind, erinnern sich nicht mehr an die Rapperswiler Zeit. Auch die Stadtverwaltung Rapperswil-Jona kann nicht schlüssig Auskunft geben. Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist es das weisse Haus in der Mitte des Fotos (jetzt Seewiesstrasse 2). Das Badezimmer, in dem Barth das Nationalgetränk Rivella erfunden hat, dürfte mittlerweile saniert worden sein.

Quelle: Jubiläumsbuch Rivella «50 Jahre Lebensfreude», 2002

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