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«Dieser Berg 
ist wie ein Star 
auf der Bühne»

Linth-Zeitung
14.02.19 - 14:52 Uhr
Leben & Freizeit
Faszination für einen Berg, den er nie besteigen wird: Fredi Gmür vor dem Mürtschenstock.
Faszination für einen Berg, den er nie besteigen wird: Fredi Gmür vor dem Mürtschenstock.
Elvira Jäger

von Elvira Jäger


Fredi Gmür war bis Ende 2018 Geschäftsleiter der Schweizer Jugendherbergen. Der gebürtige Ammler präsentiert ein eher ausgefallenes Schmuckstück und offenbart im Gespräch gleich noch eine Überraschung.


Als ich Sie anfragte, haben Sie wie aus der Pistole geschossen gesagt: Mein Schmuckstück ist ein Berg, der Mürtschenstock. Sie mussten überhaupt nicht nachdenken.
Das ist so. Aus meiner jahrzehntelangen Tätigkeit in der Tourismusbranche habe ich eine Riesensammlung an Souvenirs und Geschenken. Jedes von ihnen hat für mich eine Bedeutung, aber an die Faszination, die ich für den Mürtschenstock empfinde, kommt nichts anderes heran. Ich bin ja in Amden aufgewachsen und hatte ihn von Kindesbeinen an im Blickfeld. 


Wie oft waren Sie schon oben?
Noch nie. 


Wie bitte?
Ich liebe es, diesen Berg anzuschauen. Er hat so viele Gesichter. Von der Autobahn her sieht er ganz anders aus als von Amden aus. Und selbst in Amden sieht man ihn immer wieder anders. Ich habe bestimmt schon mehr als tausend Fotos von diesem Berg gemacht. Wenn ich oben stünde, könnte ich ihn nicht mehr sehen.


Nahm es Sie denn nie wunder, wie die Landschaft von oben aussieht?
Nein, ich will den Berg sehen, nicht die Aussicht. Die Faszination für mich ist zu sehen, wie dieser Berg dasteht, wie diese an sich tote Masse lebt. Das kann ich nicht erleben, wenn ich oben stehe.


Halten Sie es mit allen Bergen so oder gibt es auch solche, die Sie schon bestiegen haben?
Natürlich. Wenn wir von der Gegend hier sprechen: Ich war mehrmals auf allen Churfirsten und natürlich auf dem Leistchamm. Mein absoluter Lieblingsort in den Bergen ist Saas Fee, ein kompaktes Dorf, umgeben von 14 Viertausendern – zum Greifen nah, aber nie erdrückend. Da war ich schon auf einigen, beispielsweise auf dem Allalinhorn. Ich war auch schon in Tibet und habe dort Trekkingtouren bis auf 7000 Meter gemacht.


Erzählen Sie uns eine Geschichte über den Mürtschenstock!
Als ich Tourismusdirektor in Amden war, empfing ich einmal eine Gruppe ausländischer Journalisten. Der Bus hielt im Dorf, ein Japaner stieg halb verschlafen aus, sah den Mürtschenstock und fragte: «Are we in Zermatt?»


Der Mürtschenstock ein zweites Matterhorn?
Es hat etwas. Er ist sehr markant, und obwohl er in eine Bergkette eingebettet ist, sticht er heraus. Es ist, als ob man eine Bühne für den Star aufgebaut hätte. Diesen Blick hat man nur von Amden aus.


Als ehemaliger Tourismusdirektor war es ein Stück weit Ihre Aufgabe, die Natur zu «verkaufen». Was bedeutet Ihnen die Natur?
In erster Linie ist sie und gibt sie mir Kraft. Wenn ich von meinem Ferienhaus im Arvenbüel aus laufen gehe, setze ich mich manchmal einfach auf einen Baumstamm und betrachte die Umgebung. Ich erhalte jedesmal ein anderes Bild, jede Jahreszeit, jede Tageszeit ist anders. Ein Stein ist gleichzeitig tot und lebendig. In den Bergen spürt man diese Kraft der Natur besonders gut. 

 

Jedes Wochenende stellen in der Rubrik "Schmuckstück" mehr 
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aus der Region ihren Lieblingsgegenstand – sozusagen ihr Schmuckstück – vor.

 

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