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Die «Sonne» am Uznaberg geht nach 31 Jahren für immer unter

Urs Murer vom Restaurant «Sonne» wurde am 14. Januar 65 Jahre alt. Die Fasnacht 2019 ist seine letzte. Nach 31 Jahren wirten, 6-Tage-Wochen und 16-Stunden-Tagen legt er am 24. Februar den Kochlöffel zur Seite.

Südostschweiz
14.02.19 - 15:53 Uhr
Leben & Freizeit

von Markus Timo Rüegg

Am 24. Februar ist mit der «Ustrinkete» in der «Sonne» definitiv Schluss. Dann geht sie in ihrer heutigen Form für immer unter. Die vielen Stammgäste müssen sich eine neue Heimat suchen. Das war und ist das gemütliche Gasthaus immer noch. Heimat, ein Ort, an dem man sich ein klein wenig oder ein wenig viel wie zu Hause in der eigenen Stube fühlt.

Oder ein Ort, den man aufsucht, wenn einem in der eigenen Stube die Decke auf den Kopf zu fallen droht. Oder man hingeht, weil die Meinungskompatibilität mit der Ehefrau oder dem Ehemann nicht optimal verläuft. Oder, oder, oder. Um in der «Sonne» einen Halt zu machen, gibt es genügend Gründe. Etwa die legendären «Metzgeten», die meist ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht waren.

Wie eine grosse Familie

Oder auch die Fasnachtszeit, für welche der leidenschaftliche Hobbymaler Murer sein Lokal liebevoll mit eigens dafür gemalten Bildern in Acryl auf Karton dekorierte. So auch heuer wieder. Zum definitiv letzten Mal.

«Die Serviertochter ging mit dem Gemeinderat und ‘Weinkenner’ in den Keller und liess ihn einen auslesen.»

«Mein Personal, die Stammgäste und ich sind tatsächlich wie eine grosse Familie», erklärt Gastwirt Urs bei unserem Besuch. Er freue sich riesig darauf, nach 31 Jahren «Sonne» den Kochlöffel bei guter Gesundheit abgeben zu dürfen und endlich mehr Zeit für sich und seine geliebten Hobbys zu haben. «Es ist gut so, wie es ist», sagt er und blickt dem Gegenüber fast ein wenig trotzig und etwas (zu) emotionslos in die Augen.

«Urs, wenn du am 24. auf deiner Kleinbühne in der Ecke der Gaststube zum letzten Mal für deine Gäste musizierst, dann werden dich deine Gefühle wohl ein wenig ...» «Ja», unterbricht er mich. «Das schliesse ich nicht aus. Aber ich verspüre jetzt wirklich Lust und Freude darauf, meine Pension geniessen zu dürfen.» Die Jahre in der «Sonne» seien eine «supergute» Zeit gewesen. Ob Bauer, Büezer oder Banker: In seinem Lokal treffen sich alle Bevölkerungsschichten zum ungezwungenen Beisammensein.

Das Privileg, arbeiten zu dürfen

Und nie habe er das Gefühl gehabt, arbeiten zu müssen. Sondern immer, arbeiten zu dürfen. «Wenn man arbeiten darf, ist man privilegiert. Und arbeiten zu dürfen ist für mich gleichbedeutend mit Lebensqualität.»

Er habe auch immer Glück mit dem Servicepersonal gehabt. «Vreni zum Beispiel begleitet unsere Gäste seit über zehn Jahren. Und auch Patrizia und Manuela gehören zu den langjährigen Mitarbeiterinnen. Ohne gutes Personal wäre ich bestimmt nicht 31 Jahre lang auf der ‘Sonne’ geblieben.»

Sein Beruf als Gastwirt war für den fröhlichen Optimisten Urs Murer von Anfang an ein absoluter Traumjob. Das erwähnt er im Gespräch gleich mehrmals. Dabei hat er ursprünglich Coiffeur gelernt. Aufgewachsen ist er zusammen mit vier Geschwistern im Seedorf Schmerikon.

Ein Gemeinderat im Weinkeller

Sein Vater Josef war in der «Mecana» als Werkstattschreiber tätig. Später übernahm er das Restaurant «Sternen» in Schmerikon, wo er viele Jahre (wie sein Sohn heute) als Gastgeber und Wirt wirkte. «In unserer Familie wurde viel musiziert und gesungen. Ich spielte Handorgel, was ich heute noch liebend gerne tue.»

Wirten, Musik und Gesang haben seine Kindheit- und Jugendzeit geprägt. So ist es nicht erstaunlich, dass er all dies nach einigen Lehr- und Wanderjahren als Coiffeur schliesslich zu seinem Lebensinhalt machte. Erst mit der Übernahme des «Sternen» in Schmerikon, einige Jahre später dann mit der «Sonne» am Uznaberg, die er seit Juli 1988 führt.

In all den Jahren gab es auch lustige Erlebnisse. «Einmal ging ich früher in den Feierabend. Die Serviertochter machte den Schluss. Spät kam noch ein Gemeinderat herein und wünschte einen guten Wein. Die Serviertochter ging mit ihm in den Keller und liess ihn einen auslesen, für den sie 45 Franken verlangte. Noch lange danach schwärmte er von diesem ‘Superwein’ . Es war aber einer, den ich für einen Sauerbraten vorgesehen hatte und drei Franken fünfzig gekostet hatte ...»

Bis zum 24. Februar bleibt noch Zeit, die «Sonnen-Stimmung» zu geniessen. Danach ist fertig lustig. Gut möglich, dass sich die Stammgäste zum Abschied von Urs noch etwas einfallen lassen. Vielleicht kommen sie an der «Ustrinkete» sogar auf die Idee, dem ehemaligen Coiffeur die verbliebenen Haare zu schneiden. Gratis, versteht sich. Ein Abschiedsgeschenk eben.

Die «Linth-Zeitung» veröffentlicht Fotos von dekorierten Lokalen in der Region. Schicken Sie die Bilder an timo.rueegg@linthzeitung.ch.

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