×

Dürler: «Ich weiss, dass das auch anders hätte ausgehen können»

Vor einer Woche hat der Maienfelder Stadtpräsident Heinz Dürler einen Herzinfarkt erlitten. Wir sprachen mit dem 52-Jährigen über die schmerzhaften Stunden, Gründe, und gefasste Neujahrsvorsätze. Zudem erklärt der Chefarzt der Kardiologie am Kantonsspital, dass es in Graubünden täglich einen Herzinfarkt gibt und wie man solchen vorbeugen kann.

Philipp
Wyss
22.12.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Heinz Dürler erholt sich zuhause von einem Herzinfarkt.
Heinz Dürler erholt sich zuhause von einem Herzinfarkt.
YANIK BÜRKLI

Seit eineinhalb Jahren ist Heinz Dürler Stadtpräsident von Maienfeld. Seit August sitzt der SVP-Politiker zudem im Bündner Grossen Rat. Und am vergangenen Samstag veränderte sich das Leben des 52-Jährigen. Dürler erlitt am frühen Morgen einen Herzinfarkt.

Bereits am Montag entliessen ihn die Ärzte aus dem Kantonsspital Graubünden nach Hause. «Es geht mir den Umständen entsprechend gut», sagt Dürler, als ihn «suedostschweiz.ch» telefonisch erreicht. Er habe Schmerzen in der Brust verspürt. Seine Frau habe ihn sofort zu einem Arzt nach Landquart gebracht. Von dort ging es mit Krankenwagen nach Chur, so Dürler. Durch die Leiste setzen die Ärzte drei Metallröhrchen in die Arterie, sogenannte Stents. Er habe die Operation an einem Bildschirm verfolgt und war froh, als die Schmerzen nachliessen. Bereits nach zwei Nächten im Spital durfte Dürler dieses wieder verlassen.

Schlechte Work Life Balance

Er entschied sich für eine ambulante Rehabilitation und keine externe Kur. Das heisst, Dürler muss während zwei Monaten zweimal wöchentlich im Kantonsspital erscheinen. Anfangs Januar ist zudem ein Belastungs-EKG angesagt. Und mit einem Aufbauprogramm werden die Fortschritte erzielt und auch kontrolliert. Seine Arbeit will Dürler nach den Festtagen am 7. Januar 2019 wiede in einem reduzierten Umfang aufnehmen.

Zuhause ist mir am wohlsten, sagt Dürler. Aber der Infarkt habe ihn schon nachdenklich gemacht. «Das war ein Schuss vor den Bug.» Als Mitgrund vermutet Dürler eine vererbte Vorbelastung. Hoher Blutdruck und hoher Puls hatte mein Vater schon.» Dürler glaubt nicht, dass der Infarkt einen Zusammenhang mit seinen Ämtern hat. «Das Herz hat mein bisheriges Leben abgespeichert, ich war seit jeher stark engagiert und habe zu wenig Acht auf meine Work Life Balance gegeben», so Dürler. Er habe aber Glück gehabt, mit seiner Frau richtig reagiert und sich schon Gedanken gemacht. «Ich bin dankbar, dass es so herausgekommen ist und ich noch am Leben bin. Ich bin mir bewusst, dass es auch anders hätte ausgehen können.»

Täglich ein Herzinfarkt

Und genau das will Dürler mitnehmen. «Ich mache mir für das neue Jahr Vorsätze. Das habe ich bisher wenig gemacht. Mein Ziel ist es, meinen Terminkalender nicht gänzlich zu füllen. Ich habe schon ab und zu gemerkt, es könnte zu viel sein, wenn ich beinahe jeden Abend einen Termin habe.» Zwar könne er nicht aus seiner Haut, aber er habe zahlreiche Ratschläge erhalten und werde zumindest versuchen, diese umzusetzen. Das Bild vom Screen des geschlossenen Herzens will Dürler in seinen Schrank hängen und in kritischen Situationen anschauen. Ein Mandat aufgeben will Dürler aber nicht.

Tipps vom Profi

In Graubünden überleben jährlich um die 300 Personen einen Herzinfarkt, sagt Pascal Meier, Chefarzt Kardiologie am Kantonsspital Graubünden. Das heisst, es gibt beinahe täglich einen Herzinfarkt. Tendenz steigend. Grund ist laut Meier das Bevölkerungswachstum und die allgemeine Überalterung. Herzkatheteruntersuchungen und das Öffnen der Gefässe können in Graubünden nur im Kantonsspital durchgeführt werden.

Am häufigsten betroffen sind Männer ab 35 Jahren und Frauen ab 45 Jahren. Laut Meier gibt es aber auch Ausnahmen ab 25 Jahren. Und den Peak um 70 Jahre, so Meier weiter. Zu den Risikofaktoren zählt der Arzt die Genetik und Vererbung. Viele Faktoren könne man aber beeinflussen, so seien Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, Cholesterin und Übergewicht Risikofaktoren für Herzinfarkte.

Die gute Nachricht sind die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Überlebenschancen. Starben früher ein Drittel bis ein Viertel der Patienten, und wurden diese mit Medikamenten behandelt, so liege heute mit sogenannten Stands die Überlebenschance bei 96 Prozent. Das Kantonsspital Graubünden setzt diese Stands zunehmend über den Arm und immer weniger über die Leiste ein.

Vorbeugen kann man einem Herzinfarkt mit Bewegung. Insbesondere erblich vorbelasteten Personen hilft regelmässige Bewegung. Untersuchen lassen kann man sich in Apotheken oder natürlich beim Hausarzt.

Und nun noch ein paar Tipps des Fachmanns bei einem möglichen Herzinfarkt:

Bei plötzlich auftretenden Schmerzen hinter dem Brustbein von mehr als 15 Minuten, gepaart mit Schweiss und einem schlechten Allgemeinzustand sollte man die Ambulanz rufen und an einen Herzinfarkt denken und nicht zuerst zum Hausarzt gehen. Je schneller, desto besser, so Meier. Frauen verspüren die Symptome meist anders, weniger stark.

Das Kantonsspital Graubünden hat für Herzinfarkte einen 24-Stunden-Notfallbetrieb, spätestens nach einer halben Stunde wird operiert. Eine Operation dauert 30 bis 60 Minuten.

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR