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Ennenda als Kulisse für einen Film über Genderklischees

Eine Filmcrew mit 20 Leuten hat kürzlich im Mitteldorf in Ennenda die Aussenszenen gedreht für Tina Hofmanns Film «So es Puff». Dieser setzt sich spielerisch mit der Genderfrage auseinander – eben «ennendra». Ein komödiantisches Drama mit Happy End.

Südostschweiz
30.07.18 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Regisseurin Tina Hofmann (links) mit Schauspieler Tobias Urech alias Mona Gamie. Bilder Sabine Tschudi
Regisseurin Tina Hofmann (links) mit Schauspieler Tobias Urech alias Mona Gamie. Bilder Sabine Tschudi
SABINE TSCHUDI

von Sabine Tschudi

Laut schimpfend jagt ein verärgerter Bürger Martin Bernardi zum Teufel, Loverboy und Besitzer des Etablissements «Mumuland» (ein Puff für Frauen). «Mit seiner verkommenen Moral soll er doch wieder dorthin verreisen, woher er gekommen ist», wütet er hinter ihm her. Leider knattert ein «Töffli» im entscheidenden Moment um die Ecke, sodass die Szene wiederholt werden muss.

«Alle Schauspieler bereit?», fragt Tina Hofmann in die Runde, «Ton? Bild? Zweite Kamera? Achtung Aufnahme. Jetzt!» Sofort verstummen sämtliche Gespräche rund ums Set. Bald ist die Szene im Kasten, aber diesmal hat der Einsatz von Musiker und Loverboy nicht ganz gepasst. «Nochmal wiederholen.» Regisseurin Hofmann, 46-jährige Filmemacherin aus Zürich, gibt noch ein paar Tipps zur Intensität des Streites, und schon läuft die nächste Einstellung.

Immer und immer wieder

Nach gefühlten 100 Wiederholungen sind endlich alle Beteiligten zufrieden, und die nächste Szene vor dem Puff kann in Angriff genommen werden. Insgesamt wurden in Ennenda 18 Szenen gedreht. 50 weitere Szenen werden Anfang August in Zürich gedreht, wobei Hofmann ihr Elternhaus ins Puff «Mumuland» umfunktionieren darf. «Denn als Lowbudget-Produktion können wir uns keine teuren Locations leisten», erzählt Hofmann in der Drehpause.

Ende August sichten und schneiden sie und ihre Kamerafrau Michelle Biolley das Filmmaterial und kreieren daraus den Film, der ab nächstem Sommer an die Festivals kommt und – «so hoffen wir doch schwer» – ab Herbst 2019 auch die Schweizer Kinolandschaft etwas aufmischen wird. Allenfalls könnte auch das Schweizer Fernsehen Interesse bekunden. Denn als gelernte Drehbuchautorin habe sie ein Gespür für brennende Gesellschaftsthemen entwickelt, sagt Hofmann.

Ein roter Faden und viel Gespür

Drei der Hauptdarsteller kommen aus der Stand-up-Comedy und dem professionellen Improvisationstheater. Was bedeutet, dass das Ziel der Szene und was in etwa passieren muss, vorgegeben ist, die Umsetzung jedoch bleibt frei und wird im Moment und aus dem Moment heraus erarbeitet. «Aus dem Nichts kann also durch das direkte Aufeinander-Zugehen eine abendfüllende Geschichte entstehen», erklärt Melanie Baumann, die im Film die Puffmutter Charly spielt.

Einfühlungsvermögen sowie Improvisationstalent und Fantasie sind dabei stark gefragte Talente. In der nächsten Szene hat eine Dragqueen einen stupenden Auftritt. Was Wunder, denn auch im richtigen Leben liebt Tobias Urech alias Mona Gamie seine Auftritte als Dragqueen und das Spiel mit der Geschlechteridentität, kommt er doch aus der Schwulen- und Lesbenszene.

Hinterfragte Normen

Die letzte Szene vor der Mittagspause ist im Kasten, alle verziehen sich sofort in den Schatten und machen sich über die feinen Sommersalate her, die die Catering-Crew in der Zwischenzeit aus dem Ärmel gezaubert hat. Auch Hofmann macht sich hungrig an ihrem Couscous zu schaffen.

«Sat.1 hat Interesse am Thema. Aber irgendwie hat mir die Umsetzung zu lange gedauert.»

Zwischen den Bissen erzählt sie die Entstehungsgeschichte des Films. Vom Interesse des deutschen TV-Senders Sat.1 am Thema. «Aber irgendwie hat mir die Umsetzung zu lange gedauert», meint Hofmann. Und so habe sie als Filmemacherin kurzerhand die Fäden selbst in die Hand genommen und eine Produktionscrew mit professionellen Kameraleuten und Darstellern sowie einigen Statisten und Helfern auf die Beine gestellt. Mit den Darstellern und Kameraleuten habe sie natürlich Verträge abgeschlossen, die ihnen im Falle einer Veröffentlichung des Films ein Honorar bestätigen.

«Für uns zählt aber vor allem das lustvolle Hinterfragen unserer Normen, Geschlechterrollen und unserer Klischees», so die Regisseurin und darin sind sich alle einig.

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