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Beim Bächlihof dampfen selbst gebaute mobile Küchen

250 Studierende präsentierten als Abschlussarbeit in Jona ihre speziellen mobilen Küchen. Die skurrilen Objekte verblüfften durch Fantasie – und tadellose Funktion.

Jérôme
Stern
23.12.17 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Küche im Rohzustand: Die Studierenden bauen aus gebrauchten Materialien clevere und sinnvolle Geräte.
Küche im Rohzustand: Die Studierenden bauen aus gebrauchten Materialien clevere und sinnvolle Geräte.
JÉRÔME STERN

Ein fast normaler Nachmittag beim Joner Bächlihof: Vor dem Erlebnisbauernhof spielen zwei Kinder, Mama wärmt sich mit einem Kaffee. Da nähern sich von der Strasse Jugendliche. Dutzende marschieren mit seltsamen Transportwägelchen zum Vorplatz des Bächlihofs. Dort beginnen sie mit dem Zusammenbau ihrer Gerätschaften – dass diese irgendwie zum Kochen oder Grillieren gedacht sind, ist bald offensichtlich.

Der Härtetest der Schule

Der Aufmarsch gehört zum traditionellen Semesterabschluss der Hochschule Luzern. An diesem Donnerstag sollen 250 Studierende selbst gebaute mobile Küchen präsentieren, und natürlich gleich ihre Funktion unter Beweis stellen. Denn auch die Zubereitung eines dreiteiligen Abendessens gehört zur Aufgabe. Der Leiter und Betreuer des Projekts, Stefan von Arb – mit Bierdose und schwarzem Béret – steht inmitten der Jugendlichen und erklärt die Knackpunkte der nicht ganz bierernsten Prüfung: «Studierende der Fachrichtung Bau sollen interdisziplinär zusammenarbeiten», so von Arb. Dabei seien die Vorgaben nicht einfach, schliesslich hätten sie keinen Strom zur Verfügung. Sie dürften lediglich Feuer oder glühende Kohlen zum Erhitzen gebrauchen. «Die Semesterarbeit ist unser Härtetest», sagt der Projektleiter schmunzelnd. «Das gemeinsame Feiern gehört unbedingt dazu.» Gleichwohl waren die Herausforderungen beim Konstruieren laut von Arb nicht zu unterschätzen. «Jedes Team hatte für seine Küche nur 50 Franken zur Verfügung. Und damit mussten sie die Materialien und das Essen kaufen.»

Wenig Geld macht erfinderisch

Konsequenz der Budgetbeschränkung: Die Studierenden sollten, wenn möglich, gebrauchte Materialien aus Brockenhäusern oder Altmetallsammlungen verwenden. Wobei die Fantasie wichtiger war als die perfekte Ausführung. «Der Gedanke an die ökologische Nachhaltigkeit liegt uns am Herzen», sagt von Arb. «Sie sollen sparsam mit den Ressourcen umgehen.»

«Jedes Team hatte für seine Küche nur 50 Franken zur Verfügung – sie mussten Material und Essen kaufen.»

Stefan von Arb, Projektleiter

Um das Budget nicht zu überschreiten, sollten die Studierenden versuchen, Sponsoren zu finden. So haben einige Teams gratis Esswaren von der Migros oder dem Coop erhalten, indem sie im Gegenzug einen Bericht für deren Zeitungen verfassten. Mittlerweile dämmert es beim Bächlihof und der Vorplatz sieht aus wie die riesige Küche eines Open-Air-Festivals. Die zusammenbaubaren Küchen sind längst in Aktion: Undefinierbare Essensdüfte steigen in die Nase – und ein Rundgang enthüllt die abenteuerlichsten Konstruktionen. Und verwegene Menüvorschläge: «Vorspeise Mehlwurmfalafel, Hauptgang Pasta auf Rucola mit gerösteten Mehlwürmern. Dessert Schokoküchlein mit Vanillesauce und Mehlwürmern.» Ein paar Meter weiter kochen Anne und Mario Momos nach tibetischer Art. «Wir wollten etwas Einfaches machen», sagt Anne. «Und unsere Küche sollte möglichst klein und leicht tragbar sein.» Bei der Umsetzung hätten sie sich an den Tragegestellen der Sherpas orientiert. So konnten die beiden ihre gesamte Küche locker auf dem Rücken transportieren. Wohl die aufwendigste Konstruktion ist aber ein Steamer – aus Edelstahlblechen zusammengeschweisst. Dabei erhitzt die Kohle über Rohrleitungen Wasser, welches wiederum für ein Lavabo verwendet werden kann. Selbst Projektleiter von Arb schwärmt: «Unglaublich, was das Team hier kreiert hat.» Dieser Steamer sei übrigens so gut wie verkauft, fügt er bewundernd hinzu.

Bewunderung zeigt von Arb auch bei der benachbarten Küche. Wobei es sich eher um eine Saft-Bar handelt. Um den Fruchtmixer zu betätigen, muss der Barkeeper in Velopedale treten. Von Arb findet die Idee faszinierend. Dass mittlerweile kalter Nieselregen einsetzt, stört die entspannte Stimmung nicht wirklich. Blachen schützen Küchen und Köche. Und zum Essen kann man sich notfalls ins Hofrestaurant zurückziehen.

 

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