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Eingeklemmt zwischen den Grossmächten

Das 97. Jahrbuch des historischen Vereins des Kantons Glarus widmet sich unter dem Titel «Ungebetene Gäste – das Kriegsjahr 1799» verschiedenen Aspekten des Krieges. Das Buch beleuchtet auf sehr ansehnliche Weise einen wenig bekannten Teil der Glarner Geschichte.

Sebastian
Dürst
14.12.17 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Der Umschlag des 97. Jahrbuchs des Historischen Vereins Kanton Glarus.
Der Umschlag des 97. Jahrbuchs des Historischen Vereins Kanton Glarus.
SÜDOSTSCHWEIZ

Heftige Kämpfe im Glarner Holenstein, 20 000 Russen zwischen Netstal und Glarus, Kämpfe auf der Dejenalp: Es macht betroffen, was Fred Heer in seinem Aufsatz über die Kampfgeschehnisse von 1799 im Glarnerland schreibt. So lange schon gab es im Glarnerland keinen Krieg mehr, dass man sich die eigene Heimat nicht als Schauplatz eines Krieges vorstellen kann.

Umso besser, dass der historische Verein des Kantons Glarus sich ein kleines Erbe des kürzlich aufgelösten Vereins der Freunde Suworows zum Anlass genommen hat, das diesjährige Jahrbuch zum Thema «Krieg im Glarnerland» zu verfassen. Die Zeit im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert war eine spezielle Zeit, wie Rolf Kamm, Präsident des historischen Vereins, an der Vernissage des Jahrbuchs betonte. Das ganze Elend, die Not und Sicherheit, die mit dem Krieg im Glarnerland über die Bevölkerung kamen, fällt nämlich auch zusammen mit einem Umbruch, mit Hoffnung und dem Beginn des glarnerischen Wirtschaftswunders, wie Kamm erwähnt.

Kontext, Krieg und Geschichten

Das aktuelle Jahrbuch beschränkt sich in seinen sechs Kapiteln allerdings auf die kriegerischen Ereignisse und ihre direkten Folgen.

Den Anfang macht Rainer J. Schweizer, der den kriegerischen Handlungen im Glarnerland einen nationalen Rahmen gibt. Er schreibt in seinem Aufsatz darüber, wie sich die Eroberung der Schweiz durch die aufklärerischen Franzosen in den verschiedenen Landesteilen, Städten und Dörfern auswirkte.

Im Kapitel von Christoph Brunner wählt dieser einen persönlichen Ansatz: Er stellt den «Distriktstatthalter» von Schwanden, Jesaias Zopfi, vor. Er hatte zur Zeit der Helvetik die schwere Aufgabe, in unsicheren Zeiten für Ordnung zu sorgen. «Brunner stellt uns einen Mann vor, der von den neuen Ideen durchdrungen, sich aber auch bewusst ist, dass er mit seiner Mission, die neue Ordnung der Dinge beliebt zu machen, im Distrikt Schwanden einen schweren Stand hat», schreibt Susanne Peter-Kubli dazu in ihrem Vorwort.

Fred Heer beschreibt im dritten Kapitel eindrücklich die verschiedenen kriegerischen Handlungen von 1799, ihren Kontext und auch die Folgen für die Bevölkerung. Heer analysiert mit einem militärischen Hintergrund, lässt aber auch Raum für Anekdoten und zwischendurch ein Augenzwinkern. Zum Beispiel wenn er einen Augenzeugen zitiert, der die Glarner Truppen im Muotatal beobachtet hat. Dieser schreibt, die Glarner seien nur gekommen «um zu frässen, sonst nutzten sie gar nichts, ausert sie dem Weibervolkh sehr guott zu diensten Waren, dass sie Nirgends sicher waren, wo die Glarner sich aufhielte.»

Weiter zeigt Oscar Wüest, wie einer der grössten Suworow-Bewunderer aus Russland keinen Aufwand scheute, um Memorabilien des Generals zu sammeln und Gedenktafeln aufzustellen. Das lesenswerte Buch wird abgerundet mit Beiträgen von Kaspar Rhyner, der die Geschichte des Suworow-Hauses in Elm – seines Wohnhauses – beleuchtet, und von Susanne Peter-Kubli, die sich mit Sagen und Geschichten aus der Franzosenzeit beschäftigt.

BUCHTIPP
Vom Historischen Verein des Kantons Glarus, «Ungebetene Gäste – das Kriegsjahr 1799». Jahrbuch, Heft 97. 244 Seiten. Erhältlich in der Buchhandlung Baeschlin.

Sebastian Dürst ist Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er ist in Glarus geboren und aufgewachsen. Nach Lehr- und Wanderjahren mit Stationen in Fribourg, Adelboden und Basel arbeitet er seit 2015 wieder in der Heimat. Er hat Religionswissenschaft und Geschichte studiert. Mehr Infos

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