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Nächster Halt: Schlagerparade

Das passiert, wenn man einen Nicht-Schlager-Kenner in den Extrazug an die Schlagerparade setzt. Ein Erlebnisbericht.

30.09.17 - 11:53 Uhr
Leben & Freizeit
CLAUDIO CANDINAS

Hossa! Oder besser gesagt: Hässig!

Was habe ich mir da wieder eingebrockt!? Es ist Samstagmorgen und ich sitze im Zug nach Zürich, um dort gleich wieder in den Zug nach Chur zu steigen. Ja, genau – ich drehe der Zwinglistadt nach einem knapp zehnminütigen Aufenthalt bereits wieder den Rücken. Wieso? Weil heute Schlagerparade ist! Also nicht, dass ich, als bekennender Nicht-Schlager-Experte es mir nicht reiflich überlegt hätte, heute gleich in Zürich zu bleiben, aber ich habe schliesslich eine Mission zu erfüllen: Ich werde heute im Schlagervolk-bevölkerten Schlagerzug von Zürich nach Chur reisen und beobachten, was alles geschieht. Ich bin sozusagen das «Netz Natur» der Musikkultur.

Doch beginnen wir doch – wie es sich gehört – am Anfang...

8.22 Uhr – Mein Wecker ist ein Uhrensohn

Was zum...!? Ah genau, ich muss arbeiten. An und für sich kein Problem, wenn ich nicht erst um 3.30 Uhr im Bett gewesen wäre... Egal, hopp hopp, aufstehen, duschen, anziehen. Los, Candinas!

8.35 Uhr - Das Schwarze Gold 

CLAUDIO CANDINAS

Gelobt seist Du, oh Kaffee-Gott! Ein bis sechs dieser Tassen sollten mich heute durch den Morgen bringen. Angesichts des Wetters bin ich zuversichtlich, dass Schlagerfans heute den Tag ihres Lebens haben werden. Gut so! So, jetzt aber ab zum Bahnhof.

8.55 Uhr – Kaffee Nummer 2 und ein Fleischkääs-Brötli

9.36 Uhr – Die Ruhe vor dem Sturm

Hört Ihr das? Eben, ich auch nicht! Selten habe ich eine Zugfahrt ohne Kopfhörer so geschätzt wie jetzt gerade. Ich schliesse die Augen und ruhe mich noch etwas aus, um für die Rückreise mit hoffentlich ganz, ganz vielen Schlagerfans fit zu sein. Guat Nacht am halb zehni!

10.30 Uhr – auf zum Schlagerzug

CLAUDIO CANDINAS

Rex Gildo scheint über mich und meine Physis zu wachen, denn der Schlagerzug steht direkt am Gleis nebenan. Wie schön ist das denn.

Lecker Bierchen steht auch schon bereit. So verlockend das Angebot auch zu sein scheint – ich werde heute wohl passen müssen. Aus Gründen!

CLAUDIO CANDINAS

10.48 Uhr – Getränkeservice & Musik

Eins muss ich dem Schlagervolk lassen: Es weiss zu geniessen! Nach einer kurzen Ansage seitens Zugpersonal (danke für die Erwähnung, man hätte mich sonst unter all den bunt gekleideten, gutaussehenden Menschen ja kaum erkannt...), gibts auch bereits Musik den ersten Getränkeservice. Das heisst wahlweise Bier, Panaché oder ein Milchserum-haltiges Softgetränk. Aus den Boxen schallt es laut: «Du kannst nicht immer 17 sein». Ja, das habe ich bereits heute morgen um 8.22 Uhr bemerkt...

11.00 Uhr - Bühne frei für Vincent Gross!

Okay, da kam uns in der Live-Übertragung der Tunnel in die Quere! Item, der Auftritt von Vincent Gross war wirklich grosses Kino. Kompliment an den jungen Herrn.

11.23 Uhr - Stimmung!

Da scheint irgendwas im Milchserum-haltigen Softgetränk zu sein, denn während eine Mitarbeiterin der SBB versucht, mit Vincent Gross ein Interview zu führen, übertönt der Gesprächs- respektive Gekicher-Pegel das Interview fast. Immer diese Softgetränke...

11.36 Uhr – Mama, mir gehts gut!

Meine Mutter hat uns Kindern immer gesagt, wir sollen kurz Bescheid geben, wenn wir auswärts unterwegs sind. Und das möchte in Anbetracht dieser Extremsituation ich auch mit 33 Jahren noch tun.

11.40 Uhr – Zielgerade

Die Stimmung ist ausgelassen, das Gelächter gross, die Menschen sind gut gekleidet. Während Bata Illic ein Liebeslied an eine Biene singt (sind solche Beziehungen bei uns nicht strafbar?), bahnt sich der Schlagerzug seinen Weg auf den letzten paar Kilometern nach Chur.

11.52 Uhr – Chur

Pünktlich - aber sowasvon pünktlich - kommen wir in Chur an. Für den Bruchteil einer Sekunde überlege ich mir, ob ich den Johannes Paul machen und beim Aussteigen den Perron-Boden küssen soll. Aber jetzt mal ganz ehrlich: So schlimm war es nicht. Im Gegenteil: Die Schlager-Community gehört definitiv zu den bestgekleideten, höflichsten und fröhlichsten Menschen, die man sich vorstellen kann. Gerade jetzt fühle mich ein bisschen geliebt… So schön! Ich glaube zum Dank adoptiere ich den Vincent Gross.

So, aber jetzt gibts erst mal ein bisschen Koffein im nahgelegenen Café – und ein paar Stunden Schlaf. Im Namen von «suedostschweiz.ch» wünsche ich allen Besuchern der Schlagerparade 2017 ein schönes Fest.

 

P.S.: Über ein paar Liedtexte müssen wir irgendwann aber wirklich mal sprechen, Freunde...

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