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«Ich meditiere beim Tätowieren»

Für Thommy Sunheart Nowak ist Tätowieren nicht bloss ein Handwerk, sondern eine spirituelle Tätigkeit.

Jérôme
Stern
16.09.17 - 06:06 Uhr
Leben & Freizeit
Er bewundert die japanischen Meister: Für Thommy Sunheart Nowak ist Tätowieren nach der Tebori-Methode ein spiritueller Weg.
Er bewundert die japanischen Meister: Für Thommy Sunheart Nowak ist Tätowieren nach der Tebori-Methode ein spiritueller Weg.
JÉRÔME STERN

Bevor Thommy Sunherat Nowak ein Tattoo sticht, meditiert er. Kunden können sich in seinem Studio in Rapperswil-Jona eine Tätowierung nach traditionell japanischer Tebori-Methode in reiner Handarbeit stechen lassen. Seine Tebori-Sticks darf ausser ihm niemand anfassen.

Thommy Nowak, die Tätowier-Instrumente sind Ihre Schmuckstücke. Woher kommen diese Werkzeuge?

Sie kommen aus Japan. Es sind Tebori-Instrumente. Mit ihnen tätowiere ich nach der traditionell japanischen Methode.

Was kosten Tebori-Instrumente?

Ein Set mit drei oder vier Sticks kostet rund 800 Euro. Es gibt aber auch teurere. Die Griffe sind aus Holz oder Horn und schön geschnitzt. Ich bewahre sie auf einem Altar auf. Dort darf sie niemand berühren.

Was gefällt Ihnen an Tebori besonders?

Es ist traditioneller als Tätowieren mit Maschinen. Meine Tattoos sind Kunstwerke, sie haben einen spirituellen Hintergrund.

Wo haben Sie diese Kunst gelernt, reisten Sie dafür nach Japan?

Nein, ich habe Tebori an verschiedenen Tattoo-Conventions in der Schweiz und Deutschland gelernt. Dort unterrichteten japanische Meister in der Tebori-Kunst.

Und wie haben Sie geübt?

An einer künstlichen Haut habe ich probiert und probiert. Mittlerweile tätowiere ich seit 14 Jahren mit Tebori.

Braucht es dafür eine besondere Begabung?

Man muss gut freihändig malen und zeichnen können. Das liegt in unserer Familie: Mein Vater kann gut malen und von ihm habe ich viel gelernt.

Arbeiten Sie ganz ohne Maschine?

Nein, ich habe auch eine Maschine. Weil nur wenige Kunden eine reine Tebori-Tätowierung wählen.

Spiritualität ist Ihnen beim Tätowieren wichtig ...

Ja. Wenn ich arbeite, bin ich einer spiri- tuellen Dimension. Ich habe sehr viel Respekt für die japanischen Tebori-Meister und vor der japanischen Kultur, dem Zen- Buddhismus.

Würden Sie einem Kunden beispielsweise einen Totenschädel stechen?

Nein. Das ist eine persönliche Entscheidung. Im traditionellen japanischen Rahmen gibt es Masken, die mache ich. Aber solche Motive haben eine Bedeutung als Kunstwerk.

Wie finden Sie ihre Sujets?

Viele meiner Kunden kennen die japanische Kunst und bringen ein Motiv. Oder ich mache einen Vorschlag. Manchmal integriere ich ein neues Motiv in ein altes Tattoo.

Mit Tebori tätowieren ist reine Handarbeit – schmerzt es mehr als das Tätowieren mit Maschine?

Es tut mehr weh. Aber jemand, der ein bestimmtes Tebori-Motiv haben will, bereitet sich mental vor. Dann spüren wir beide die Energie und es läuft sehr gut.

Wie lange dauert eine Tebori-Sitzung?

Zwei, drei Stunden. Um einen Rücken mit Tebori zu tätowieren, dauert es bis zu eineinhalb Jahre.

Was muss der Kunde bezahlen?

Eine reine Tebori-Tätowierung kostet ab 4000 Franken. Aber nur ganz wenige wollen so viel ausgeben. Deswegen arbeite ich häufig auch mit der Maschine.

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